Von Hans-Joachim Koch

FRANKFURT (Dow Jones)--Einfluss, Vergütung und Corona-Verzicht, Frauenanteil und Altersstruktur - aus vielen verschiedenen Richtungen beleuchtet die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) alljährlich die Aufsichtsräte der führenden börsennotierten Unternehmen in Deutschland, mit Fokus auf die 2020 noch 30 DAX-Unternehmen. Das sind die bedeutsamsten Erkenntnisse:


1. Wer ist der einflussreichste Aufsichtsrat? 

Mit Michael Diekmann, dem Aufsichtsratschef des Versicherungskonzerns Allianz, steht die Nummer zwei des Vorjahres nun an der Spitze. Er hat den Platz mit Nikolaus von Bomhard getauscht, der den Aufsichtsräten von Deutscher Post und Münchener Rück vorsitzt. Ebenfalls einen Wechsel hat es auf den Folgerängen gegeben. Dritter im DSW-Ranking ist Norbert Winkeljohann von Bayer, der Paul Achleitner von der Deutschen Bank verdrängte. Insgesamt sind die Top-Vier in den Kontrollgremien von sieben DAX-Gesellschaften vertreten, stellen fünf Mal den Vorsitz und leiten insgesamt 18 Ausschüsse, so Jella Benner-Heinacher, die stellvertretende DSW-Hauptgeschäftsführerin.


2. Wer ist der Top-Verdiener? 

Hier hat weiterhin Deutsch-Banker Achleitner die Nase vorn. Er erhielt für dieses Mandat gut 802.000 Euro. Seine Vergütung ist aufgrund eines teilweisen Vergütungsverzichts und einer Veränderung in den Ausschussmitgliedschaften gegenüber 2019 um 10,9 Prozent zurückgegangen. Mit 632.000 Euro liegt Jim Hagemann Snabe, Vorsitzender bei Siemens, auf Platz zwei. Platz drei belegt mit 610.000 Euro BMW-Aufsichtsratschef Norbert Reithofer, dessen Vergütung infolge der Umstellung auf eine reine Festvergütung um 4,7 Prozent sank. Inklusive der sonstigen Vergütung, die zumeist aus Mandaten bei Tochtergesellschaften stammt, läge der AR-Chef von Volkswagen, Hans Dieter Pötsch, mit 900.000 Euro ganz vorne.


3. Wieviel erhielten die Kontrolleure insgesamt? 

Im Durchschnitt erhielten die DAX-AR-Vorsitzenden 2020 ohne sonstige Vergütung rund 376.000 Euro und damit 1,4 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Insgesamt überwiesen die analysierten Unternehmen für das Geschäftsjahr 2020 rund 83,1 Millionen Euro an ihre Aufsichtsräte. Das sind 0,4 Prozent weniger gegenüber 2019, was vor allem in der geänderten Indexzusammensetzung seine Gründe hat. Auf Basis der Indexzusammensetzung zum Stichtag der Studie ist die Vergütung dagegen um 1,6 Prozent gestiegen. Wird Siemens Energy, für die keine Vorjahreszahlen vorliegen, unberücksichtigt gelassen, liegt das Plus bei 1,4 Prozent. Die höchste Gesamtvergütung zahlte wie im vergangenen Jahr die Deutsche Bank mit gut 6,1 Millionen Euro (minus 0,6 Prozent) für das 20-köpfige Kontrollgremium. BMW, der Höchstzahler 2018 und 2017, liegt wie schon im Vorjahr erneut auf Platz zwei, diesmal mit rund 5,6 Millionen Euro (minus 1,3 Prozent).


4. Gab es Vergütungsrückgänge durch Corona? 

Die Pandemie hatte auf die Vergütung der Aufsichtsräte einen eher geringen Einfluss. Der Grund ist nach Angaben der DSW, dass fast alle Gesellschaften inzwischen auf eine reine Festvergütung umgestellt haben. Eine variable Vergütung kam für das Geschäftsjahr 2020 noch bei drei Unternehmen zur Anwendung (Deutsche Bank, Fresenius und Fresenius Medical Care). Bei den beiden letzten fiel der variable Teil aus. Nach der HV-Saison 2021 erhält im erweiterten DAX-40 nur noch das Kontrollgremium der Deutschen Bank eine variable Vergütung in Form von virtuellen Aktien, da auch die zusätzlich aufgenommenen Unternehmen (Brenntag, Hellofresh, Porsche Automobil Holding, Puma, Sartorius, Siemens Healthineers, Symrise und Zalando) keine variable Vergütung zahlen. Airbus, Linde und Qiagen bleiben aufgrund der nicht vergleichbaren Strukturen unberücksichtigt.


5. Wie wertet die DSW variable Vergütungen für Aufsichtsräte? 

Für die DSW ist eine variable Vergütung nicht wünschenswert. Sie begrüßt den sich bereits länger abzeichnenden Trend zu einer reinen Festvergütung. Denn Aufsichtsräte seien gerade in der Krise besonders gefordert und ihr Arbeitsaufwand steige in diesen Zeiten enorm an. Ein signifikanter variabler Anteil führe zudem gegebenenfalls dazu, dass die Vergütung falsche Anreize setze und die Unabhängigkeit des Aufsichtsrats gefährde. Möglicherweise als Kompensation für die nicht vorhandene Variabilität der Festvergütung sei es bei acht der untersuchten DAX-30-Unternehmen zu freiwilligen Verzichtserklärungen seitens der Aufsichtsräte gekommen. Diese bezogen sich zumeist auf einzelne Vergütungskomponenten oder bestimmte Zeiträume des Geschäftsjahres.


6. Wie sind Frauen in den Aufsichtsräten vertreten? 

Die frühere BASF-Vorständin Margret Suckale, die im Ranking von Platz neun auf Rang acht aufgestiegen ist, ist die einzige Frau unter den zehn mächtigsten Kontrolleuren. Sie sitzt in den Aufsichtsräten von Deutsche Telekom, Heidelbergcement und Infineon. Insgesamt finden sich unter den Top-50-Aufsichtsräten des Rankings 9 (12) Frauen. Insgesamt gibt es laut DSW bei der Entwicklung des Frauenanteils mittlerweile Stagnation mit 36,5 (36,6) Prozent, zugleich der erste, wenngleich geringe, Rückgang, seit 2016 die gesetzlich vorgegebene Marke von 30 Prozent übersprungen wurde. Das leichte Minus ist dabei auf die Arbeitnehmerseite zurückzuführen mit einem Frauenanteil von 39,4 (40,2) Prozent. Auf der Anteilseignerseite gab es ein leichtes Plus von 33,3 auf 33,9 Prozent.


7. Wie alt sind Aufsichtsratsmitglieder? 

Das Alter der Aufsichtsräte im DAX 30 beträgt durchschnittlich 58 Jahre, wobei Frauen mit 56 Jahren im Durchschnitt etwas jünger als ihre männlichen Kollegen mit 59 Jahren sind. Einen deutlicheren Unterschied gibt es laut DSW beim Durchschnittsalter der Bänke im Aufsichtsrat: Anteilseignervertreter mit 61 Jahren und Arbeitnehmervertreter mit 55 Jahren.

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September 21, 2021 08:46 ET (12:46 GMT)