PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Die europäischen Börsen haben sich am Dienstag deutlich von dem Kursrutsch zu Wochenbeginn erholt. Der EuroStoxx 50 als Leitindex der Eurozone schloss 1,33 Prozent im Plus bei 4097,51 Punkten. Er war zum Wochenstart auf den tiefsten Stand seit rund zwei Monaten gefallen. Auch an den Länderbörsen ging es am Dienstag wieder nach oben. In Paris gewann der Cac 40 1,50 Prozent auf 6552,73 Zähler. Der FTSE 100 in London zog um 1,12 Prozent auf 6980,98 Punkte an.

Die Beruhigung könnte sich indes als trügerisch erweisen. Denn mit der Erholung an den europäischen Börsen sind die Sorgen um den chinesischen Immobilienkonzern Evergrande, die die Turbulenzen am Montag verursacht hatten, noch nicht ausgeräumt. "Noch immer ist nicht klar, wie es mit dem Immobilienentwickler weitergeht", warnte Fondsmanager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partner. "Die chinesische Führung hat sich noch immer nicht dazu geäußert, wie sie mit der Krise umgehen wird. Und das kostet zur Zeit viel Vertrauen."

Neben Evergrande beschäftigte die anstehende Sitzung der US-Notenbank (Fed) den Markt. Den am Mittwochabend erwarteten Aussagen der Währungshüter kommt große Bedeutung zu. Sie könnte Hinweise enthalten, wann die Fed den Fuß vom geldpolitischen Gaspedal nimmt (Tapering).

Ob es schon dieses Mal so weit ist, bleibt jedoch offen. "Möglich, dass die Botschaft der Fed einen dringlicheren Ton bekommt, aber mit der Ankündigung eines formellen Beginns des Tapering wird sie sich wohl noch gedulden", so Jon Day, Portfoliomanager im Bereich Anleihen bei BNY Mellon Investment Management. "Die nächste Sitzung im November dürfte ein besserer Zeitpunkt sein, um dafür den Startschuss zu geben."

Unter den Einzelwerten sorgte vor allem der weltgrößte Musikkonzern Universal Music Group (UMG) für Gesprächsstoff, der mit einem kräftigen Kurssprung an der Börse gestartet war. Die Aktien des von Vivendi abgespaltenen Unternehmens waren beim Debüt an der Euronext-Börse um mehr als 36 Prozent über den Referenzpreis geschnellt. Es ist der größte europäische Börsengang in diesem Jahr.

Auch Vivendi-Papiere liefen für die Anleger gut. Sie schlossen bei 10,50 Euro. Zum um die Effekte der Transaktion bereinigten Schlusskurs vom Montag ergibt sich ein Aufschlag von rund 14 Prozent. Damit waren die Anteilsscheine der klare Favorit im EuroStoxx 50, dem Leitindex der Eurozone.

Analyst Jerry Dellis von der Investmentbank Jefferies sprach von einer starken Entwicklung, betrachte man etwa den Preis, zu dem der französische Medienkonzern einen Anteil an den US-Fondsmanager Bill Ackman verkauft habe. Die angesetzte Unternehmensbewertung habe bei der Ackman-Transaktion nur bei rund 33 Milliarden Euro gelegen, UMG ist aber nunmehr an der Börse etwas mehr als 45 Milliarden Euro wert.

Unter den Anbietern von Glücksspielen und Sportwetten bahnt sich derweil eine transatlantische Übernahme mit einem zweistelligen Milliardenvolumen an. Der US-Konzern Draftkings will den britischen Konkurrenten Entain (früher GVC) kaufen. Der umworbene Konzern, zu dem auch der in Deutschland bekannte Sportwettenbieter bwin gehört, bestätigte den Eingang eines entsprechenden Angebots.

An der Londoner Börse schnellten die Papiere von Entain um rund 18 Prozent nach oben. Im Kielwasser dessen legten auch andere Glücksspiel-Aktien zu. So zogen die im EuroStoxx 50 gelisteten Anteilsscheine des irischen Unternehmens Flutter um 3,5 Prozent an. In London legten die Aktien von 888 mehr als 6 Prozent zu./la/zb