FRANKFURT (dpa-AFX) - Vor der mit Spannung erwarteten Leitzinsentscheidung der US-Notenbank Fed ist der Dax am Mittwoch auf ein Dreimonatstief abgesackt. Für Unsicherheit sorgte zusätzlich, dass Russland eine Teilmobilmachung der eigenen Streitkräfte angeordnet hat. Der deutsche Leitindex sackte zunächst um mehr als ein Prozent ab. Mit 12 520 Punkten erreichte er ein Tief seit Juli.

Der Dax konnte die Verluste dann aber schnell etwas relativieren, indem er zuletzt noch um 0,47 Prozent auf 12 610,68 Punkte nachgab. Er konnte sich damit wieder knapp über die Marke von 12 600 Punkten vorarbeiten, die ihm zuletzt mehrfach Unterstützung gab. Der EuroStoxx folgte dem ungefähr im Gleichschritt nach unten. Der MDax fiel zwar nur leicht um 0,16 Prozent auf 23 721,41 Zähler, er bewegt sich aber seit Tagen schon auf einem Tief seit 2020.

Laut dem CMC-Markets-Experten Jochen Stanzl geht der Dax auf Tuchfühlung zum Jahrestief, das knapp unter der Marke von 12 400 Punkten liegt. Sollte diese Marke reißen, zeichnet er kein gutes Bild für den Leitindex. "Darunter dürften zahlreiche Verkaufsaufträge von langfristig orientierten Anlegern liegen, die nun endgültig die Reißleine ziehen wollen - und von denen, die kurzfristig eingestiegen, aber noch nicht in die Gewinnzone gekommen sind", so Stanzl.

Von der Fed wird zur Wochenmitte im Kampf gegen die hohe Inflation wieder ein kräftiger Zinsschritt erwartet. Die meisten Experten gehen davon aus, dass die Notenbanker den Leitzins zum dritten Mal in Folge um 0,75 Prozentpunkte erhöhen werden. Einige Marktteilnehmer rechnen aber auch mit mehr. Händler bezifferten den Anteil derer, die einen ganzen Prozentpunkt erwarten, auf ein Fünftel.

Derweil hat Russland knapp sieben Monate nach Beginn des Krieges eine Teilmobilmachung der eigenen Streitkräfte angeordnet. Verteidigungsminister Sergej Schoigu zufolge sollen 300 000 Reservisten für den Kampf gegen die Ukraine mobilisiert werden. Profiteure einer solchen Nachricht waren einmal mehr die Aktien deutscher Rüstungskonzerne: Rheinmetall und Hensoldt bewegten sich mit bis zu 8,2 Prozent im Plus.

Im Fokus der Anleger blieb auch das Thema Energiekrise mit ihrer preissteigernden Wirkung. Deutschlands größter Gasimporteur Uniper wird deshalb nun verstaatlicht: Wie es sich am Vortag schon abzeichnete, will der Bund alle Aktien im Besitz des bisherigen Mehrheitseigentümers Fortum für 1,70 Euro je Stück kaufen. Außerdem ist eine Kapitalerhöhung über 8 Milliarden Euro zu diesem Preis vorgesehen. Anschließend wird der Bund etwa 98,5 Prozent der Anteile an Uniper besitzen.

Mit dem Schritt kommt es zur von Marktteilnehmern bereits befürchteten Verwässerung bei den Altaktionären von Uniper. Die Titel waren am Vortag mit 4,18 Euro deutlich darüber aus dem Handel gegangen - und entsprechend brach der Kurs nun unter größeren Schwankungen ein. Zuletzt pendelten sich die Papiere mit 3,39 Euro bei einem Abschlag von 19 Prozent ein. Bei Fortum dagegen reagieren die Anleger sehr erleichtert, wie ein Kurssprung um 15 Prozent zeigte.

Mit 2,6 Prozent einer der größten Dax-Verlierer waren die Aktien der Deutschen Post. Goldman-Sachs-Analyst Patrick Creuset gab seine bisherige Kaufempfehlung auf in der Erwartung, dass die Profitabilität des Logistiksektors im dritten Quartal den Höhepunkt erreicht. Er rechnet nun mit einem mehrjährigen Abwärtszyklus und einer neuen Normalität, die schlechter sein könnte als 2019 vor der Pandemie./tih/stk