BERLIN (Dow Jones)--Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat angesichts der anhaltenden Corona-Beschränkungen vor einer drastischen Verschärfung der wirtschaftlichen Lage bei vielen Unternehmen gewarnt. Der lange Lockdown habe "erhebliche Auswirkungen" auf sie, heißt es einem Dokument, in das Dow Jones Newswires Einblick hatte. "Dies führt in vielen Fällen zu einer Bedrohung ihrer wirtschaftlichen Existenz und zu der Gefahr eines längerfristigen Substanzverlustes der deutschen Volkswirtschaft: Arbeitsplatzverluste, Insolvenzen, weniger Ausbildungsplätze, rückläufige Zahl von Neugründungen, Attraktivitätsverlust vieler Innenstädte wären die Folge."

Das Papier hatte Altmaier im Vorfeld einer heutigen Sonderwirtschaftsministerkonferenz an die Wirtschaftsminister der Länder übermittelt. Es soll in den Bund-Länder-Gipfel mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am kommenden Mittwoch (3. März) einfließen. Das Dokument enthält dabei keine eigenen Vorschläge Altmaiers für eine Öffnungsperspektive, sondern fasst vor allem die zahlreichen Ideen zusammen, die die Verbände beim Wirtschaftsgipfel in der vergangenen Woche unterbreitet hatten.

So heißt es darin, dass alle beteiligten Wirtschaftsvertreter "eine klare und planbare Perspektive für die Öffnung der geschlossenen Unternehmen für notwendig" halten. Gleichzeitig dürften Lockerungen nicht zu weiteren gesundheitlichen Belastungen führen: Eine dritte Pandemiewelle würde "der Wirtschaft insgesamt und vielen Unternehmen bedeutend schaden".


   Öffnungen sollten auch ohne Erreichen der 35er-Inzidenz möglich sein 

Die Verbände seien sich daher einig, dass deutlich oberhalb einer Sieben-Tage-Inzidenz von 50 Infektionen je 100.000 Einwohner keine zusätzlichen Lockerungen möglich seien. "Umgekehrt wird das Erreichen einer (bundesweiten oder regionalen) Inzidenz von 35 oder darunter dann nicht für unbedingt erforderlich gehalten, wenn ausreichende Sicherheitsvorkehrungen gegen eine unkontrollierte Ausbreitung des Virus getroffen sind." Bislang hatten Bund und Länder stets die 35er-Inzidenz als Voraussetzung für weitere Öffnungsschritte genannt. Zuletzt war der Wert wieder etwas angestiegen auf 62,6 Fälle je 100.000 Einwohner.

Um die schnelleren Öffnungen abzusichern, verweisen die Verbände auf etablierte Hygienekonzepte und die bereits vorhandenen Antigen-Schnell- oder Selbsttests. Sie beklagen auch, dass digitale Möglichkeiten etwa bei der Kontaktnachverfolgung "nach wie vor unzureichend genutzt werden". Die Wirtschaft fordert nun, dass Bund und Länder gemeinsam bundesweite Kriterien festlegen. "Nur so kann die Entstehung eines Flickenteppichs unterschiedlicher Strategien und Vorgehensweisen verhindert werden."

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February 26, 2021 08:21 ET (13:21 GMT)