Die Sorgen um den Bankensektor konnten nur kurzzeitig besänftigt werden und die Börsen begaben sich am Freitag wieder auf eine rasante Talfahrt. Bankaktien verbuchten erneut die stärksten Verluste auf Sektorebene, aber die wieder zunehmende Risikoscheu brachte auch andere Sektoren ins Rutschen. Ungeachtet der Hoffnung auf ein baldiges Ende des Zinserhöhungszyklus dürften die heftigen Kursschwankungen an den kommenden Handelstagen anhalten, zumal Angst vor einem Ansteckungseffekt herrscht und die Befürchtungen einer Rezession wieder zunehmen.
Wochenperformance*
STOXX EUROPE 600
440.11  +0.87%
Chart STOXX EUROPE 600
S&P 500
3970.99  +1.39%
Chart S&P 500
NIKKEI 225
27385.25  +0.19%
Chart NIKKEI 225
GOLD
1977.10$  +0.03%
Chart GOLD
BRENT OIL
74.49$  +1.76%
Chart BRENT OIL
EURO / US DOLLAR
1.08$  +0.74%
Chart EURO / US DOLLAR
Tops / Flops der Woche

Tops 

On Holding (+42 %): Das in der Schweiz ansässige und in den USA notierte Unternehmen, das insbesondere unter der Marke On Running Sportausrüstung verkauft, veröffentlichte herausragende Ergebnisse und knackte die Umsatzmarke von einer Milliarde Schweizer Franken. Besonders gut liefen die Geschäfte in der Region Asien-Pazifik, sodass unter dem Strich ein Gewinn von 57,7 Mio. CHF stand. Im Jahr 2021 hatte man noch einen Verlust von 170,2 Mio. CHF eingefahren.

GameStop (+36 %): Das als Meme-Aktie bekannte Unternehmen überraschte im 4. Quartal mit einem Gewinn. Die Kostensenkungsmaßnahmen des Managements scheinen Früchte zu tragen. Die Aktie legte am Mittwoch kräftig um +35,2 % zu. 

New York Community Bancorp (+32 %): Die Holdinggesellschaft der Flagstar Bank holte fast alle Kursverluste wieder auf, die sie in den letzten zwei Wochen im Zuge der Börsentalfahrt des Bankensektors erlitten hatte. Am vergangenen Montag wurde mit den US-Aufsichtsbehörden vereinbart, dass die Gesellschaft Aktiva in Höhe von 38 Mrd. USD und Passiva in Höhe von 36 Mrd. USD der Signature Bank übernimmt. Letztere ist eine der drei US-Banken, die in die Pleite gerutscht waren.

Nemetschek (+12 %): Der Anbieter von Software für die Baubranche, der unlängst auf ein Abomodell umgestellt hat, senkte seinen Wachstumsausblick für das laufende Geschäftsjahr leicht, erwartet aber ab dem Geschäftsjahr 2024 wieder eine zweistellige Wachstumsdynamik. Der nach SAP zweitwertvollste deutsche Softwarehersteller hatte vergangenes Jahr 60 % seines Wertes eingebüßt und damit seiner zehnjährigen ununterbrochenen Aufwärtsdynamik ein Ende gesetzt.

Sanofi (+7 %): Der Pharmakonzern verkündete, dass sein Kassenschlager Dupixent in einer Phase-III-Studie zur Behandlung der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD), allgemein bekannt als Raucherbronchitis, alle Bewertungskriterien erfüllt hat. Dupixent ist bereits zur Behandlung von Asthma und Neurodermitis zugelassen und macht 19 % des Gesamtumsatzes (8,3 Mrd. EUR) aus. 

Flops 

Credit Suisse (-59 %): Vor dem Hintergrund der ohnehin schon recht angespannten Situation, in denen sich Bankwerte aufgrund der aggressiven Zinserhöhungen befinden, geriet die Credit Suisse in Schieflage. Die ehemals zweitgrößte Schweizer Bank wurde schließlich für einen Spottpreis von ihrer Lokalrivalin UBS übernommen, wofür der Staat Kredite und Garantien im Umfang von 160 Mrd. CHF beisteuerte. Schlussendlich zahlte die UBS einen beinahe symbolischen Betrag von 3 Mrd. CHF in eigenen Aktien.

Varta (-22 %): Die Aktie drehte am Montagmorgen ins Minus, als das Unternehmen eine Kapitalerhöhung zum Preis von 22,85 EUR bekannt gab. Im Rahmen der Kapitalerhöhung wurden 50,72 Mio. EUR von der VGG Beteiligungen SE (Tochtergesellschaft des Hauptaktionärs) eingesammelt. Das Bezugsrecht der übrigen Aktionäre war ausgeschlossen.

Casino (-20 %): Der französische Einzelhandelskonzern leidet erneut unter den Schwierigkeiten seiner Muttergesellschaft Rallye, deren Rettungsplan auf der Kippe steht. Erschwerend kommt hinzu, dass die operative Entwicklung von Casino zu wünschen übrig lässt. Außerdem hat Moody's das Rating von B3 auf Caa1 herabgestuft, weil sich die Liquiditätssituation des Unternehmens verschlechtert hat.

Block (-17 %): Nachdem Hindenburg Research in einem Bericht offengelegt hatte, dass das Unternehmen die Zahl der Nutzer seiner Cash App geschönt und die Kosten für die Kundenakquise kleingerechnet hatte, verlor die Aktie an Wert. Nach Angaben des Researchunternehmens (in diesem Fall ein Leerverkäufer) könnten die Compliance-Praktiken des Unternehmens Betrug begünstigen.

Pinduoduo (-16%): Das von PDD Holdings veröffentlichte Ergebnis verfehlte die Analystenschätzungen. Im 4. Quartal 2022 stieg der Warenumsatz des chinesischen Unternehmens stark an. Gleiches galt allerdings auch für die Kosten. Die dynamische Entwicklung ist vor allem dem Abschied von der Null-Covid-Politik Chinas Ende vergangenen Jahres zu verdanken. Der Markt hatte für das in den USA börsennotierte Unternehmen jedoch noch bessere Zahlen erwartet.

Deutsche Bank (-12 %): Im europäischen Bankensektor zeigt sich der Teilmarkt für sogenannte Additional-Tier-1-Anleihen ("CoCo-Bonds") zunehmend angespannt. Die Deutsche Bank konnte sich dem Aderlass an den Märkten nicht entziehen, was auf die steigenden Kosten der Risikovorsorge für die von ihr gehaltenen Anleihen zurückzuführen war. Allgemein leiden die Banken weiterhin unter der Panik der Anleger, die sich vor allem für die First Republic Bank in den USA zu einer Bedrohung auswächst. Die entscheidende Frage: Lässt sich der Dominoeffekt durch ein Ende des Drehens an der Zinsschraube stoppen?

Chart Rohstoffe
Rohstoffe

Energie: Nach dem drastischen Einbruch der Vorwoche, als der Preis für ein Barrel der Sorte Brent um fast 12 % gefallen war, begaben sich die Ölpreise zunächst auf Aufholjagd. Die Stimmung der Marktteilnehmer ist nach wie vor getrübt, da die Banken auf beiden Seiten des Atlantiks weiterhin wanken. Bei Risikoanlagen geht es also noch immer turbulent zu, was den neuerlichen Rückgang des Ölpreises zum Wochenschluss erklärt. Auf der Angebotsseite dürfte Russland seine Produktion bis Ende Juni weiter um 500.000 Barrel pro Tag drosseln. In den USA kletterten die wöchentlichen Ölvorräte weiter um 1,1 Mio. Barrel, während der Konsens mit einem Rückgang um 1,7 Mio. Barrel gerechnet hatte. Die Preise für die Nordseesorte Brent und die US-Referenzsorte WTI stiegen gegenüber der Vorwoche wieder geringfügig auf 73 USD bzw. 68 USD pro Barrel. Beim Erdgas verharrt der Preis am europäischen Handelsplatz TTF in Rotterdam aktuell bei etwa 42 EUR/MWh.

Metalle: Im Goldrausch: Das Edelmetall kratzt erneut an der Marke von 2.000 USD. Angesichts der wiedererwachten Risikoaversion und der sinkenden Anleiherenditen ist Gold bei Anlegern wieder gefragt. Im Segment Basismetalle machten die Preise für Industriemetalle diese Woche trotz der allgemein gedrückten Stimmung Boden gut, außer Nickel, dessen Preis auf 21.850 USD fiel. Kupfer nähert sich an der Londoner Metallbörse erneut der Linie bei 9.000 USD.

Agrarprodukte: Anders als die Energie- und Metallpreise gaben die Weizenpreise diese Woche nach. In Chicago kostet ein Scheffel Weizen ca. 670 Cent, während der Maispreis bei 630 Cent verharrte.
Chart Rohstoffe
Makroökonomie

Marktstimmung: Ambivalent. In der vergangenen Woche war an den Märkten erneut einiges geboten. Am Sonntag kündigten die führenden Notenbanken eine konzertierte Aktion an, um die Dollar-Liquidität nach dem Fall der Credit Suisse, die von der Rivalin UBS übernommen wurde, zu erhöhen. Anschließend hob die US-Notenbank Fed die Zinsen wie erwartet um einen Viertelprozentpunkt an. Ihre Haltung könnte man als "hart, aber mit guten Absichten" bezeichnen. So wird sie im Kampf gegen die Inflation zwar nicht die Flagge streichen, ihre Geldpolitik jedoch an die allgemeine Lage anpassen, falls diese sich verschlechtern sollte. An den Märkten wurde dies etwa so übersetzt: "Die restriktive Geldpolitik wird enden, sobald sich die wirtschaftliche oder Finanzlage auch nur geringfügig verändert." Die anderen Zentralbanken, die sich diese Woche zu Wort melden wollten, verhielten sich wie erwartet: Die Schweizerische Nationalbank, die etwas hinterherhinkt, erhöhte ihren Leitzins um 50 Basispunkte. Die Bank of England kämpft immer noch gegen eine besorgniserregende Inflation und begnügte sich mit einer Anhebung um 25 Basispunkte. Die restlichen Zahlen spielten bis Freitag, als die Einkaufsmanagerindizes für März veröffentlicht wurden, keine große Rolle. Sie belegen, dass sich der Dienstleistungssektor in den großen Volkswirtschaften noch dynamisch entwickelt, während die Industrie lahmt. Die Auftragseingänge für langlebige Wirtschaftsgüter in den USA waren im Februar mittelmäßig.

Devisen: Zu Wochenbeginn sackte der US-Dollar gegenüber dem Euro ab. Nach der geldpolitischen Entscheidung der US-Notenbank Fed, die Leitzinsen wie erwartet um 25 Basispunkte anzuheben, stieg er aber wieder kurzzeitig über die Marke von 1,09. Nach einem erneuten Zwischentief erhielt der Greenback am Freitag durch die zunehmende Risikoaversion, die sich in den Kurseinbrüchen europäischer Bankentitel zum Wochenschluss manifestierte, gegenüber dem Euro erneut Auftrieb (1 EUR = 1,072 USD). Auch das Pfund Sterling musste zwischenzeitlich Einbußen hinnehmen und sank auf 1,2196 USD. Dagegen gilt der Yen wohl als sicherer Hafen, denn er wertete an drei aufeinanderfolgenden Tagen auf und bewegt sich nun wieder auf die Marke von 130 JPY für 1 USD zu. Der Euro fiel nach dem zu Wochenbeginn gegenüber dem Schweizer Franken verzeichneten Zugewinn wieder zurück: 1 Euro kostete zuletzt 0,9871 CHF. Hier wirkten sich wohl vor allem die Rettung der Credit Suisse und die Leitzinsanhebung durch die Schweizerische Nationalbank aus.

Anleihen: Wie erwartet fokussierten sich die Währungshüter trotz des Drucks auf den Bankensektor weiterhin auf die Eindämmung der Inflation. So erhöhten die US-Notenbank Fed und die Bank of England ihre Leitzinsen um 25 Basispunkte auf 5 % bzw. 4,25 %. Auf US-Seite zeigte man sich im Hinblick auf künftige Zinsschritte unnachgiebig. Dennoch sind die Anleger weiter davon überzeugt, dass die Fed bald einlenken muss, denn der Konsens rechnet noch immer mit einer Zinssenkung in diesem Sommer. Aus historischer Sicht ist einzuräumen, dass jede geldpolitische Straffung letztlich in eine Krise mündete. Zu nennen sind hier die Schuldenexplosion in Lateinamerika 1982, der Börsencrash von 1987, die LTCM-Pleite 1998, das Platzen der Dotcom-Blase 2000, die Subprime-Krise 2007 und die Krise des Fonds BKLN im Jahr 2018. Es wäre also nur logisch anzunehmen, dass auch die Pleite der Silicon Valley Bank eine systemische Krise einläuten könnte. Derweil testet die Rendite 10-jähriger US-Treasuries intensiv die Unterstützungslinie bei 3,35 % und nimmt bereits 2,73 % ins Visier. Für deutsche Bundesanleihen ist hingegen die Schwelle von 2 % von Interesse, die einen Rückgang auf 1,50 % implizieren könnte.

Kryptowährungen: Nachdem der Bitcoin letzte Woche um mehr als 25 % in die Höhe geschnellt war, hält sich der Kurs seit Montag stabil bei etwa 28.000 USD. Die Digitalwährung profitierte von einer Rückkehr der Risikobereitschaft in der Hoffnung, dass die Fed bei ihren Zinsschritten nun eine langsamere Gangart anschlägt. Der Bitcoin scheint noch immer sehr sensibel auf das makroökonomische Umfeld zu reagieren. Deshalb dürfte ein weiterer Kursanstieg vor allem von einer Lockerung der Geldpolitik jenseits des Atlantiks abhängen, zu der es vor dem Hintergrund einer Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen Lage kommen dürfte. Zwar konnte die Kryptowährung angesichts der angespannten Situation im Bankensektor stark zulegen, doch ist die Zeit wohl noch lange nicht gekommen, um den Bitcoin - wie einige Fans - bereits als sicheren Hafen zu betrachten.

Termine: In Europa werden die Uhren dieses Wochenende auf Sommerzeit umgestellt, sodass der Zeitunterschied zu den USA wächst. Für die neue Woche stehen einige wichtige Termine im Kalender: Am Dienstag veröffentlicht das Conference Board den aktuellen US-Verbrauchervertrauensindex, am Donnerstag folgen die vorläufigen deutschen Inflationszahlen für März und die letzte US-BIP-Schätzung für das 4. Quartal. Am Freitag stehen dann die Inflationszahlen für die Eurozone im März und die Entwicklung der privaten Konsumausgaben in den USA (PCE-Inflation) auf dem Programm. Daneben wird es zwei Reden geben, die durchaus Gewicht haben könnten. Am Donnerstagabend wird sich US-Finanzministerin Janet Yellen zu Wort melden und am Freitag EZB-Präsidentin Christine Lagarde. 

Kurs und Volumen
Banken sehen rot
Eine Bankpleite, eine Rede von Jerome Powell und eine Zinserhöhung. Noch eine turbulente Woche für die Märkte! Nach dem Fall der Credit Suisse und ihrer Rettung durch die UBS und die Schweizerische Notenbank bringt nun die Deutsche Bank die Märkte ins Trudeln. Die Aktie der größten deutschen Bank stürzte zum Wochenschluss ab. Gleichzeitig nährt die deutliche Verteuerung von Kreditausfallversicherungen Sorgen über die Stabilität des gesamten europäischen Bankenökosystems. Die Angst vor einem Dominoeffekt wächst. Die Anleger scheinen es recht gelassen zu nehmen, wie die solide Entwicklung der Märkte in dieser Woche zeigt. Dennoch scheint die Lage im Bankensektor nicht besonders stabil. Wir werden sehen, ob es bei einem kurzen Beben bleibt oder sich eine größere Krise anbahnt.
*Die Wochenperformance der Indizes und Aktien bezieht sich auf den Zeitraum von der Eröffnung der Märkte am Montag bis zur Erstellung dieses Newsletters am Freitag.
Die Wochenperformance von Rohstoffen, Edelmetallen und Währungen bezieht sich auf den 7-Tage-Zeitraum von Freitag bis Freitag (bis zur Erstellung des Newsletters). Diese Vermögenswerte notieren auch an Wochenenden.