Enttäuschende Zahlen aus China und Unsicherheiten über die US-Schuldenobergrenze trübten zu Beginn der Woche die Stimmung an den Finanzmärkten. Diese erholten sich jedoch rasch, weil die Gefahr eines Zahlungsausfalls der USA weitgehend gebannt zu sein scheint und die Hoffnung wächst, dass die US-Notenbank Fed im Juni eine Pause bei ihrem geldpolitischen Straffungszyklus einlegen wird. In den letzten Handelstagen waren daher einige Schnäppchen möglich, wobei vor allem US-Technologiewerte nach wie vor stark gefragt sind.
Wochenperformance*
STOXX EUROPE 600
462.15  +0.16%
Chart STOXX EUROPE 600
S&P 500
4282.37  +1.83%
Chart S&P 500
NIKKEI 225
31524.22  +1.97%
Chart NIKKEI 225
GOLD
1947.50$  +0.22%
Chart GOLD
BRENT OIL
76.20$  -1.63%
Chart BRENT OIL
EURO / US DOLLAR
1.07$  -0.13%
Chart EURO / US DOLLAR
Tops / Flops der Woche

Tops

Uniper (+70%):
Nachdem die Aktie des deutschen Energieriesen dieses Jahr ihre Tiefstände getestet hatte, geht es nun stetig aufwärts. Letzte Woche gab das Unternehmen bekannt, dass man mit bedeutenden Gewinnen aus den Gaskäufen rechnet, die zur Ersetzung russischer Lieferungen getätigt wurden. Außerdem hält Uniper es aufgrund seiner besseren Finanzlage nicht für notwendig, die Bundesregierung erneut um Hilfe zu bitten. Dadurch könnten die Spekulationen rund um eine Reprivatisierung des Unternehmens wieder lauter werden.

Veeva (+20%): Der in den USA ansässige Anbieter von Cloud-Lösungen für die Pharmaindustrie übertraf mit seinen Quartalsergebnissen die Erwartungen. Obendrein überraschte das Unternehmen mit einem vielversprechenden Ausblick auf das 2. Quartal und einer Anhebung der Umsatz- und Gewinnprognose für den Rest des Jahres. Im Übrigen wird Veeva von sämtlichen Analysten positiv eingestuft und hat kürzlich eine Partnerschaft mit dem belgischen Biopharmaunternehmen UCB im Bereich klinischer Studien angekündigt.

Chewy (+19%): Auch der Onlinehändler für Haustierprodukte veröffentlichte unerwartet gute Gewinn- und Umsatzzahlen für das abgelaufene Quartal. Das Unternehmen, das dieses Jahr in den kanadischen Markt einsteigen will, hob seine Umsatzprognose für das Geschäftsjahr an und stellte auch damit die Analystenschätzungen in den Schatten. Und schließlich gewann Chewy diese Woche einen Rechtsstreit gegen die US-Behörde für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz.

Dechra (+15%): Mit Dechra Pharmaceuticals bleiben wir beim Thema Tiergesundheit. Der britische Hersteller von Tierarzneimitteln nahm das Übernahmeangebot in Höhe von 4,46 Mrd. GBP von Freya Bidco an, einem Unternehmen, hinter dem die schwedische Private-Equity-Gesellschaft EQT und der Staatsfonds Abu Dhabi Investment Authority stehen. Das Pharmaunternehmen soll nach dem für Ende 2023 bis Anfang 2024 anvisierten Abschluss der Transaktion von der Londoner Börse genommen werden. 

Softbank (+15%): Die Aktie der japanischen Holdinggesellschaft hat im Zuge der jüngsten KI-Euphorie zum Höhenflug angesetzt. Der Tech-Investor, der demnächst den Chipdesigner Arm an die Börse bringen will, profitiert vom aktuellen Halbleiterhype und der Aussicht auf eine Zusammenarbeit mit Nvidia bei seinen neuen Rechenzentren. 

Flops

Dr. Martens (-11%): Weniger rund läuft es dagegen beim britischen Schuhhersteller Dr. Martens, der mit einem Rückgang des Vorsteuergewinns um 26% enttäuschende Jahresergebnisse vorlegte. Schuld daran war nach Angaben des Unternehmens ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren, darunter ein Lieferengpass im Vertriebszentrum in Los Angeles, erhöhte Abschreibungen auf Systeminvestitionen und ein Negativeffekt von 10,7 Mio. GBP durch die Währungsumrechnung auf Bankschulden in Euro. Ungeachtet dessen berichtete der Schuhhersteller von einem Umsatzanstieg um 10% und kündigte an, dass er eine Dividende ausschütten und einen Aktienrückkauf im Umfang von mindestens 50 Mio. GBP durchführen wird.

Nexity (-12%): Dem französischen Immobilienkonzern, der bereits durch die steigenden Zinsen und den derzeit flauen Immobilienmarkt geschwächt ist, machen darüber hinaus die negativen Analystenkommentare zu schaffen. So erwartet AlphaValue einen Rückgang des Gewinns je Aktie und hält eine Dividendenausschüttung für wenig wahrscheinlich. Der Immobilienentwickler hatte angekündigt, seine weltweite Expansion stoppen und den Schuldenabbau weiter vorantreiben zu wollen. Zudem soll das Entwicklungsgeschäft in Polen für 100 Mio. EUR an das lokale Unternehmen Develia veräußert werden.

Lucid (-17%): Der US-amerikanische Elektroautobauer gab diese Woche bekannt, dass er von seinem Hauptaktionär, dem saudischen Staatsfonds, eine Finanzspritze von rund 3 Mrd. USD erhalten hat. Diese Meldung kam am Markt gar nicht gut an, denn Lucid hatte erst kürzlich erklärt, den Betrieb mit der vorhandenen Liquidität bis mindestens zum 2. Quartal 2024 finanzieren zu können. Auch die steigenden Zinsen und das schwache Konjunkturumfeld belasten das Unternehmen.

Casino (-20%): Für die französische Einzelhandelskette, deren Kurs am Donnerstag ein historisches Tief erreichte, reißen die schlechten Nachrichten nicht ab. Die Aktie des Konzerns, der bereits mit erheblichen finanziellen Problemen zu kämpfen hat und sich derzeit in einem Schlichtungsverfahren mit seinen Gläubigern befindet, stürzte diese Woche ab, nachdem Unternehmenschef Jean-Charles Naouri im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen Kursmanipulation, Korruption und Insiderhandels zwischen 2018 und 2019 in Polizeigewahrsam genommen wurde.

Dollar General (-20%): Der US-Discounter verfehlte mit seinen aktuellen Quartalsergebnissen die Erwartungen und verzeichnete einen Rückgang des Gewinns je Aktie und des Betriebsergebnisses. Das ungewisse makroökonomische Umfeld und rückläufige Kundenbesuche belasten das Unternehmen, das dementsprechend seine Jahresprognosen nach unten korrigiert hat. Außerdem schraubte die Gruppe ihre Schätzungen zur Zahl der Neueröffnungen von Filialen in diesem Jahr zurück.

Borussia Dortmund (-28%): Schock für den Fußballverein aus Dortmund, der dem Rivalen Bayern München die Meisterschale überlassen musste. Die Hoffnungen auf den Gewinn des Meistertitels hatten die Aktie letzte Woche auf Höchststände getrieben, aber die sportliche Leistung der Mannschaft enttäuschte sogar die Anleger.

Chart Rohstoffe
Rohstoffe

Energie: Die Zeit läuft... Dieses Wochenende findet das Treffen der OPEC+ statt. Trotz der sinkenden Ölpreise werden die Mitglieder der erweiterten Organisation erdölexportierender Länder voraussichtlich keine weitere Absenkung der Angebotsmenge beschließen, wie Reuters unter Berufung auf zwei Insiderquellen berichtete. Die endgültige Entscheidung steht heute an. Ergänzend ist anzumerken, dass die OPEC-Fördermenge laut Bloomberg-Daten um 0,5 Mio. Barrel pro Tag (mbpd) zurückgegangen ist, was im Mai einem Angebot von 28,26 mbpd entsprach. Aktuell wird die Nordseesorte Brent mit ca. 75 USD je Barrel gehandelt und die US-Referenzsorte WTI notiert im Bereich von 70,50 USD.

Metalle: Basismetalle erholten sich vergangene Woche dank des Zusammenspiels günstiger Bedingungen: Die Risikoscheu ist nach Lösung des US-Schuldenproblem wieder gestiegen, der Dollar wertete ab und die Bestände an der LME sanken. All diese Faktoren bescherten Kupfer, Aluminium und auch Zinn eine Erholung. So kletterte der Kupferpreis an der LME über die Marke von 8.000 USD und zuletzt sogar auf ca. 8.200 USD. Gold verteuerte sich ebenfalls etwas und profitierte vom Rückgang der Anleiherenditen. Derzeit kostet eine Feinunze rund 1.980 USD.

Agrarprodukte: Die Spannungen im Schwarzen Meer halten an. So erklärte die Ukraine, dass Moskau das Getreideabkommen nicht einhält. Die aktuellen Zahlen des ukrainischen Agrarministeriums zeigen, dass die Weizen- und Maissaat aufgrund des Krieges gegenüber dem Vorjahr um 38% bzw. 16% geschrumpft ist. Ganz anders in den Vereinigten Staaten, wo die Anbauflächen sich gut entwickeln und das USDA (US-Landwirtschaftsministerium) daher mit Rekordernten rechnet. Die Getreidepreise sind zum Ende des Monats Mai gegenüber dem Vormonat deutlich gesunken. In Chicago kostet Weizen 610 Cent und Mais 585 Cent je Scheffel.
Chart Rohstoffe
Makroökonomie

Marktstimmung: Unverbesserlicher Optimismus. Diese Woche war mit Konjunkturindikatoren gespickt. Die Anleger erfuhren, dass der Aufschwung in China weiterhin schleppend verläuft, die Inflationszahlen in Europa nicht ganz so dramatisch wie erwartet ausgefallen sind und der US-Arbeitsmarkt unverändert solide ist, wenngleich die Arbeitslosenquote letzten Monat erneut leicht nach oben tendierte. Die Marktteilnehmer picken sich weiterhin Daten heraus, die ihre Auffassung bestätigen, dass die Fed ihren Zinserhöhungszyklus beendet hat. Und das funktioniert recht gut. Am 14. Juni wird die US-Notenbank die Zinszügel nicht anziehen. Einige Fed-Mitglieder halten danach weitere Straffungen für wahrscheinlich, doch die Anleger blicken gebannt auf die Meldungen aus dem Bereich künstliche Intelligenz und das Comeback von Technologietiteln. Der Nasdaq 100 ist im bisherigen Jahresverlauf um 32% gestiegen. Die Performance des Dow Jones liegt dagegen bei 0%.

Devisen: Eine etwas seltsame Woche für den US-Dollar, der am Mittwoch einen Höchststand erreichte, nachdem die Anleger quasi aus dem Nichts (und nur für kurze Zeit) erneut das Gespenst eines am 14. Juni anstehenden weiteren Zinsschritts der US-Notenbank Fed heraufbeschworen hatten. Als die Wahrscheinlichkeit einer unveränderten Geldpolitik wieder zunahm, gab der Greenback jedoch wieder nach. Dass der Euro von 1,067 auf 1,077 USD aufwertete, wurde durch die weiterhin harte Haltung von Christine Lagarde in Bezug auf die Inflationsbekämpfung begünstigt, wenngleich die Teuerung im Mai in mehreren europäischen Ländern - darunter Deutschland und Frankreich - hinter den Erwartungen zurückblieb. Auch gegenüber dem australischen Dollar rutschte der US-Dollar auf 0,6620 USD für 1 AUD ab, nachdem die Reserve Bank of Australia erklärt hatte, dass der Kampf gegen die Inflation noch nicht gewonnen sei und sich die Australier daher auf eine weitere Leidenszeit einstellen müssten. Die RBA wird sich in der nächsten Woche erneut zu ihrer Geldpolitik äußern.

Anleihen: Resilienz: Mit diesem Attribut ließe sich der US-Arbeitsmarkt aktuell treffend beschreiben. Im Mai wurden dort 339.000 neue Arbeitsplätze geschaffen, gerechnet hatte man dagegen nur mit 195.000. Diese Entwicklung konterkariert die Position der US-Notenbank Fed, der wegfallende Jobs eher zupasskämen, um die Inflation eindämmen und den Zinserhöhungszyklus stoppen zu können. Dennoch - und auch angesichts der jüngsten Informationen von Mitgliedern der US-Notenbank - setzen die Anleger für die nächste Sitzung des geldpolitischen Ausschusses weiterhin auf ein unverändertes Vorgehen. Laut dem von der CME Group entwickelten FedWatch Tool ist die Wahrscheinlichkeit einer Zinsanhebung auf 29% gefallen. Indes testet die Rendite 10-jähriger US-Treasuries aktuell die frühere Widerstandslinie von 3,64%, die nun zu einer Unterstützungslinie geworden ist. Nur ein Durchbrechen dieses Niveaus würde den Markt auf die wichtige mittelfristige Unterstützungslinie bei 3,34/3,31% zurückführen.

Kryptowährungen: Nachdem der Bitcoin seit Jahresbeginn vier Monate in Folge zugelegt hatte, schloss er im Mai erstmals wieder im Minus. Diese Woche setzte sich der Trend des Vormonats fort: Die Kryptowährung fiel um fast 4% und lag zum Redaktionsschluss bei etwa 27.000 USD. Nach einem starken Jahresauftakt rutscht die führende Digitalwährung also ab und kann die in den letzten Wochen aufgekommene Begeisterung der Anleger für Technologiewerte nicht für sich nutzen.

Kurs und Volumen
Comeback des Technologiesektors?
Die letzte Maiwoche endete mit einem Paukenschlag, vor allem im US-Technologiesegment, das um knapp 8% zulegte. Das Sprichwort "Sell in may and go away" passte dieses Mal nicht. Auf die Anleger wartet nun eine relativ ruhige neue Woche. Am Montag wird der ISM-Einkaufsmanagerindex für den US-Dienstleistungssektor im Mittelpunkt stehen. Gegen Ende der Woche dürften am Donnerstag die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in den USA und am Freitag die Zahlen zur Vergabe neuer Kredite in China für Interesse sorgen. Der Wochenanfang könnte etwas volatil verlaufen, vor allem da heute das Treffen der Ölallianz OPEC+ stattfindet und letzte Woche ein Anstieg der US-Rohöllagerbestände zu beobachten war. Zudem stehen zwei geldpolitische Entscheidungen auf dem Programm: in Australien (Dienstag) und in Kanada (Mittwoch). Wir wünschen Ihnen allen einen schönen Sonntag!
*Die Wochenperformance der Indizes und Aktien bezieht sich auf den Zeitraum von der Eröffnung der Märkte am Montag bis zur Erstellung dieses Newsletters am Freitag.
Die Wochenperformance von Rohstoffen, Edelmetallen und Währungen bezieht sich auf den 7-Tage-Zeitraum von Freitag bis Freitag (bis zur Erstellung des Newsletters). Diese Vermögenswerte notieren auch an Wochenenden.