An den Finanzmärkten rund um den Globus ist die Risikobereitschaft zurückgekehrt. Die veröffentlichten monatlichen US-Arbeitsmarktzahlen lösten indes Enttäuschung aus und schürten die Angst vor einer weiteren kräftigen Zinserhöhung der US-Notenbank Fed im September. Der Besuch der US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi in Taiwan erregte Chinas Zorn, scheint das Vertrauen der Anleger allerdings nicht zu belasten. Die Unternehmensergebnisse waren überraschend solide, was darauf hindeutet, dass die Verbraucher den Preisschock im Moment noch gut verkraften.
Wochenperformance*
DAX
13573  +0.67%Chart
STOXX EUROPE 600
435.72  -0.59%
Chart STOXX EUROPE 600
S&P 500
4145.19  +0.36%
Chart S&P 500
NIKKEI 225
28175.87  +1.35%
Chart NIKKEI 225
GOLD
1774.99$  +0.73%
Chart GOLD
LONDON BRENT OIL
94.35  -8.73%
Chart LONDON BRENT OIL
EURO / US DOLLAR
1.02$  -0.32%
Chart EURO / US DOLLAR
Tops / Flops der Woche

Tops

  • Avast (+48 %): Die britische Kartellbehörde hat die Übernahme des Unternehmens durch NortonLifeLock für 6 Mrd. GBP letztlich genehmigt. Zusammen genommen bilden die beiden Konzerne ein Schwergewicht im Bereich der Cybersicherheit.
  • Coinbase (+46 %): Die Handelsplattform für Kryptowährungen wird das Aladdin-Netzwerk von BlackRock in ihre Struktur integrieren - ein weiterer Schritt zur Legitimierung des Sektors für Kryptoassets innerhalb der Finanzbranche.
  • Uber (+36 %): Der Konzern generiert nach wie vor Verluste, doch entwickelt sich das Geschäft weiterhin solide. Offenbar reicht das schon aus, um die Anleger positiv zu stimmen. Das Management freut sich jedenfalls über die weitere Uberisierung der Wirtschaft.
  • Moderna (+18 %): Das Pharmaunternehmen bestätigte, dass es in diesem Jahr mit seinem Covid-19-Impfstoff einen Umsatz von ca. 21 Mrd. USD erwirtschaften will. Neben den Quartalszahlen kündigte Moderna ein Aktienrückkaufprogramm im Volumen von 3 Mrd. USD an. Genau diese Art von Meldungen begeistert den Markt.
  • Zalando (+13 %): Die Halbjahreszahlen sind stark rückläufig, doch hatte der deutsche Konzern den Markt genau davor gewarnt. Allerdings profitierte die Aktie von der erneut aufkommenden Risikobereitschaft der Anleger sowie von den Kaufempfehlungen einflussreicher Analysten, die den Kursrückgang der letzten Monate nutzen wollen.
  • Ubisoft (+12 %): Die Gerüchte um Tencent werden wieder laut, nun aber mit etwas mehr Substanz, denn einer Reuters-Meldung zufolge soll die Familie Guillemot von dem chinesischen Giganten angesprochen worden sein. Dieser will offenbar seine Kapitalbeteiligung aufstocken. Das chinesische Unternehmen war im Jahr 2018 mit 5 % eingestiegen.
  • JDE Peet's (+10 %): Der in Europa durch seine Marken L'Or, Jacobs oder Senseo bekannte Kaffeespezialist veröffentlichte beruhigende Halbjahreszahlen, die sogar etwas besser als erwartet ausfielen. Diese Performance ist angesichts des ungünstigen Rohstoffpreisgefüges gar nicht hoch genug zu bewerten.

Flops

  • Rolls-Royce (-7 %): Der Flugzeugtriebwerkshersteller verzeichnete im 1. Halbjahr einen Nettoverlust von 1,6 Mrd. GBP. Besonders negativ schlugen Wechselkurs- und Inflationseffekte sowie Lieferengpässe zu Buche. Die Erholung der Umsatzerlöse aus dem Luftfahrtgeschäft lässt auf sich warten.
  • Eli Lilly (-8 %): Das Quartalsergebnis des Pharmaunternehmens fiel um 32 % und verfehlte die Konsensschätzung. Der Konzern senkte seinen Geschäftsjahresausblick und verbuchte einen negativen Währungseffekt von 400 Mio. USD.
  • Novo Nordisk (-11,5 %): Der dänische Arzneimittelhersteller enttäuschte. Der Umsatz mit dem Adipositasmedikament Wegovy leidet unter Lieferkettenproblemen. Zudem kann das Unternehmen bislang keinen Nachweis erbringen, dass das Präparat auch gegen Herz-Kreislauf-Risiken wirksam ist.
  • Fortinet (-14 %): Das US-amerikanische Cybersicherheitsunternehmen senkte seine Gewinnprognose für das Geschäftsjahr 2022.
  • Synthomer (-19 %): Das Chemieunternehmen wurde nicht etwa wegen der Halbierung seines Gewinns aufgrund steigender Rohstoffkosten, sondern wegen eines enttäuschenden Ausblicks abgestraft. "Aus unserer Sicht könnte die Konsensschätzung für das bereinigte EBITDA leicht nach unten korrigiert werden," so ein Analyst.
Chart Rohstoffe
Rohstoffe
Energie
Russland machte seine Drohung wahr, die Gaslieferungen nach Europa zu drosseln, was den Preis am virtuellen Handelspunkt TTF in den Niederlanden bei etwa 200 EUR/MWh verharren ließ. Das Risiko einer Gasknappheit im Winter lastet immer stärker auf Europa. Zum Rohöl: Hier gaben sowohl die Nordseesorte Brent als auch die US-Referenzsorte WTI in dieser Woche ca. 10 % ab und notierten bei 94 USD bzw. 88 USD pro Barrel. Die OPEC hielt an ihrem optimistischen Ausblick für die Ölnachfrage in der zweiten Jahreshälfte fest, doch könnten die eher düsteren Aussichten laut den Analysten der Commerzbank zu einer Anpassung der Prognosen führen.

Metalle
Gold legte die dritte Woche in Folge zu und stieg erneut auf 1.775 USD je Feinunze, denn die Renditen von US-Staatsanleihen und der abwertende US-Dollar kurbelten die Nachfrage nach dem traditionellen sicheren Hafen an. Silber, Palladium und Platin folgten auf dem Fuße und verzeichneten ebenfalls ein leichtes Plus. AngloGold Ashanti, der neuntgrößte Goldproduzent der Welt, musste trotz einer Steigerung des Produktionsvolumens um 10 % einen Gewinnrückgang von 18 % hinnehmen, was auf die Kosteninflation zurückzuführen ist. Im August werden zahlreiche andere Goldunternehmen ihre Geschäftszahlen veröffentlichen.

Agrarrohstoffe
Das Handelsvolumen mit Weizen ist die dritte Woche in Folge gesunken, denn globale spekulative Fonds kehrten dem Vermögenswert den Rücken, nachdem er sie in den ersten Monaten des Jahres absolut überzeugt hatte (+50 % im Februar). Der Weizenpreis gab um knapp 5 % auf 780 USD je Scheffel nach. Dem ukrainischen Landwirtschaftsministerium zufolge ist die Getreideernte gegenüber dem Vorjahr um 45 % eingebrochen (durchschnittlich 3,64 Tonnen je Hektar). Drei Schiffe mit knapp 60.000 Tonnen Mais an Bord sind aus dem Hafen Odessa ausgelaufen, um die Getreidenachfrage etwas zu entspannen. Der Maispreis fiel um 2,80 % auf 602 USD, und Soja notierte 2,4 % tiefer bei 1.456 USD.
Chart Rohstoffe
Makroökonomie
Marktstimmung: Geschlossenheit. Die Zentralbanken setzten diese Woche ihren Zinsstraffungszyklus fort und schreckten auch vor einer Anhebung der Leitzinsen um 50 Basispunkte nicht zurück. Die RBA in Australien, die BCB in Brasilien, die RBI in Indien und die BOE in Großbritannien verdoppelten diese Woche ihre Zinsschritte, um die Inflation einzudämmen. Das verspricht mehr Erfolg als Strategien, die auf der naiven Hoffnung beruhen, dass die Teuerungsrate von allein wieder sinkt. Dennoch bleibt abzuwarten, wie sich dieser restriktive Kurs auswirken wird, da die Lohn-Preis-Spirale vor allem den angelsächsischen Volkswirtschaften nach wie vor schadet. Die US-Arbeitsmarktdaten für Juli haben am Freitag gezeigt, dass kein Ende des Arbeitskräftemangels in Sicht ist und dass die Löhne weiter steigen. Gleichzeitig haben sich die chinesisch-amerikanischen Beziehungen durch den Besuch von Nancy Pelosi in Taiwan verschlechtert. Die Aussicht auf einen Abbau der von Washington gegen Peking verhängten Strafzölle ist damit in weite Ferne rückte. Dies hätte möglicherweise geholfen, die Preissteigerungen in den Griff zu bekommen.

Anleihen: Die US-Anleiherenditen sind über weite Teile der Woche trotz der vorsichtigen Äußerungen der Fed-Mitglieder gesunken. Sie bekräftigten erneut, dass sie so lange an der Zinsschraube drehen werden, bis die Inflation eingedämmt ist. Die Anleger waren währenddessen mit ihrer wieder erwachten Risikobereitschaft beschäftigt, jedenfalls bis zur Veröffentlichung der Arbeitsmarktdaten am Freitag. Diese belegen, dass die US-Wirtschaft immer noch überhitzt ist. Das könnte unter anderem zusätzliche Zinsschritte zur Folge haben. Die Rendite zehnjähriger US-Treasuries schnellte binnen weniger Minuten von 2,68 % auf 2,82 %. Die Zinsstruktur ist weiterhin invers. So sind die Renditen von Schuldtiteln mit Laufzeiten von 6 Monaten, 2 Jahren und 5 Jahren höher als bei 10-jährigen Anleihen. Auch in Europa stiegen die Renditen zum Wochenschluss. Wenn die USA die Inflation nicht unter Kontrolle bekommen, wie könnte es dann auf dem alten Kontinent anders sein? Deutsche Bundesanleihen rentierten bei 0,9 %, französische Staatsanleihen bei 1,44 % und italienische bei 2,99 %.

Devisen: In der abgelaufenen Woche erreichten Euro und US-Dollar fast Parität: 1 EUR kostete 1,02 USD. Gegenüber dem britischen Pfund und dem australischen Dollar machte der Greenback dagegen wieder etwas Boden gut - trotz der geldpolitischen Straffungen der Bank of Australia und der Bank of England, die an den Märkten bereits gut eingepreist waren. Die Gemeinschaftswährung legte gegenüber dem Schweizer Franken um 0,5 % auf 0,977 CHF für 1 EUR zu.

Kryptowährungen: Der Bitcoin tendierte in dieser ersten Augustwoche weiter seitwärts und notierte bei Redaktionsschluss im Bereich von 23.000 USD. Die Kryptobörse Coinbase hat gestern eine Partnerschaft mit BlackRock bekannt gegeben. So können Kunden des weltweit größten Vermögensverwalters über dessen Investmentplattform Aladdin zukünftig direkt mit Kryptowährungen handeln und diese verwahren. Dennoch bewegte sich der Kurs der digitalen Währung nicht von der Stelle. Offensichtlich dämpfen die Spannungen im Verhältnis zwischen China und den USA sowie die galoppierende Inflation die Anlegernachfrage nach Risikoanlagen und damit den Kapitalzufluss in Kryptowährungen.

Termine: Alles dreht sich um die Preise. Am Mittwoch, dem 10. August, werden die US-Inflationszahlen für Juli erwartet. Einen Tag später stehen die Erzeugerpreise für denselben Zeitraum an. Am Freitag wird die Universität Michigan den Index für das Verbrauchervertrauen im August veröffentlichen. China gibt seine Inflationsrate für Juli in der Nacht vom 9. auf den 10. August bekannt.
Kurs und Volumen
Die Verbraucher halten (noch) stand
Nach einem fulminanten Juli hatten die Aktienmärkte im August einen durchwachsenen Start. Die Marktteilnehmer haben zwar nichts von der Anfang des Sommers zurückgewonnenen Risikolust eingebüßt. Sie fragen sich jedoch weiterhin, wie weit die Zentralbanken die Zinsen anheben müssen, um den Preisauftrieb zu stoppen. In diesem unsicheren Umfeld haben Unternehmen und Verbraucher den Preissteigerungen gut standgehalten. Und die mit gewisser Sorge erwartete Berichtssaison hat letztendlich erfreuliche Halbjahreszahlen hervorgebracht. Wir wünschen allen Anlegern eine gute Woche.
*Die Wochenperformance der Indizes und Aktien bezieht sich auf den Zeitraum von der Eröffnung der Märkte am Montag bis zur Erstellung dieses Newsletters am Freitag.
Die Wochenperformance von Rohstoffen, Edelmetallen und Währungen bezieht sich auf den 7-Tage-Zeitraum von Freitag bis Freitag (bis zur Erstellung des Newsletters). Diese Vermögenswerte notieren auch an Wochenenden.