Samstag
17. Juli
Börsen-Update der Woche
intro Die Märkte wurden diese Woche mit einer hohen Nachrichtendichte konfrontiert, denn abgesehen von den makroökonomischen Indikatoren standen die ersten Halbjahresergebnisse an. Das leidige Thema der Inflation rückte erneut in den Vordergrund, doch die Bedenken wurden schnell zerstreut, als Fed-Chef Jerome Powell bekräftigte, dass die Teuerung nur vorübergehend sein dürfte. Daher ist die US-Notenbank auch noch nicht bereit, ihre Stützungsmaßnahmen zurückzufahren. Die Aktienmärkte gehen damit offenbar völlig konform, zeigen aber nun erste Zeichen einer Abflachung.
Indizes

Die Aktienindizes entwickeln sich insgesamt nach wie vor positiv. Allerdings fehlt es derzeit wohl an Impulsen für eine weitere deutliche Aufwärtsbewegung. Infolgedessen blieben die wöchentlichen Ausschläge rund um den Globus gering - mit Ausnahme des Hang Seng, der im Wochenverlauf um 2,7 % zulegte. Der Nikkei tendierte in dieser Woche weitgehend seitwärts und der japanische Leitindex kletterte nur um 0,22 % auf 28.000 Punkte.
In Europa steht nun eine Konsolidierung an. Der DAX beendete die Woche knapp unter 15.600 Punkten, während der MDAX und SDAX erneut etwas an Boden verloren. Der Schweizer Leitindex SMI konnte sich gut behaupten, doch sein französisches Pendant, der CAC 40, büßte einen weiteren Teil des in der ersten Jahreshälfte gewonnenen Terrains ein. Jenseits des Atlantiks verlief die Entwicklung dynamischer, denn die US-Indizes erreichten neue Höchststände.

DAX und CAC 40 halten Vorsprung gegenüber dem IBEX

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Rohstoffe

Die aktuell angespannte Situation an den Ölmärkten ist maßgeblich der OPEC+ geschuldet, sodass es in dieser Woche zu einem neuerlichen Rücksetzer kam. Für Preisdruck sorgt die Ungewissheit über den Ausgang der Verhandlungen oder vielmehr die Unfähigkeit der Mitgliedsländer, sich auf eine gemeinsame Position zu den künftigen Fördermengen zu einigen. Das Risiko eines "Förderkriegs" weckt ungute Erinnerungen an die Situation im März 2020, als Saudi-Arabien nach dem Scheitern der Gespräche mit Russland einseitig beschlossen hatte, seine Produktion zu erhöhen. Die US-Rohölsorte WTI notiert aktuell bei ca. 71,5 USD, die Nordseesorte Brent über 73 USD je Barrel.
Der Goldpreis erholt sich dank der fallenden Anleiherenditen und insbesondere aufgrund der Realzinsen, die Tag für Tag weiter in den Negativbereich abgleiten. Die Realverzinsung von US-Staatsanleihen beläuft sich aktuell auf ca. -0,4 %. Im April hatte sie noch bei 0,0 % gelegen. Die Feinunze Gold kostet derzeit 1.820 USD, der Silberpreis tendiert nach wie vor bei 26 USD je Feinunze.
Industriemetalle entwickeln sich weiterhin positiv, was auch einer soliden Konjunkturentwicklung in China zu verdanken ist. Dabei ragt Zinn deutlich heraus, denn das für die neuen Technologien so wichtige Metall erreichte mit 34.000 USD je Tonne sein Allzeithoch des Jahres 2011.
Auch Agrarrohstoffe legten in dieser Woche kräftig zu und sorgten an den Märkten für Feierstimmung. So verteuerte sich Weizen um fast 5 % auf 645 Cent je Scheffel und der Maispreis stieg um 3,2 % auf 680 Cent je Scheffel. Andererseits sank der Bauholzpreis deutlich auf 490 USD je 1.000 Board Feet (ca. 2,36 Kubikmeter).

Entwicklung des Zinnpreises im Jahr 2021

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Aktien

SGL Carbon überrascht positiv

Analysten betrachten SGL Carbon als eines der Unternehmen der chemischen Industrie, die von der Umstellung auf die Elektromobilität profitieren. Die Aktie des in Wiesbaden ansässigen Spezialisten für Graphit und Faserverbundwerkstoffe gewann im Wochenverlauf über 17 %, nachdem das Unternehmen die Analysten mit über den Schätzungen liegenden Halbjahreszahlen positiv überrascht hatte. Entgegen aller Erwartungen hat SGL Carbon nach einer starken Verbesserung der Rentabilität im 1. Halbjahr die Gesamtjahresprognose angehoben. Von den Research-Häusern, die das Unternehmen beobachten, wirft Baader Helvea die Frage auf, wie es SGL Carbon gelingen konnte, die Geschäftsentwicklung so deutlich von dem im Hinblick auf Rohstoffpreise und Transportkosten schwierigen Umfeld abzukoppeln. Das Unternehmen ist nach wie vor großzügig bewertet, und der Transformationsprozess dürfte auch noch nicht abgeschlossen sein. Die Geschäftszahlen des 1. Halbjahres belegen, dass sich die Anstrengungen nach einigen schwierigen Jahren nun wohl auszuzahlen beginnen.

SGL Carbon: Kurszuwachs von 160 % seit Jahresbeginn

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Makroökonomie

Die Finanzmärkte haben eine ereignisreiche Woche hinter sich. So wurde unter anderem die US-Inflationsrate für Juni veröffentlicht, die mit 0,9 % gegenüber dem Vormonat und 5,4 % im Vorjahresvergleich die Befürchtungen der Marktteilnehmer bestätigt. In einigen Branchen wie etwa Energie und Automobilbau sind überhitzte Preise festzustellen. Schon seit einigen Wochen scheiden sich die Geister darüber, ob die Inflationsbeschleunigung anhalten wird, oder ob sie lediglich vorübergehend ist, wovon beispielsweise die US-Notenbank ausgeht. Fed-Chef Powell rief am Mittwoch erneut dazu auf, Ruhe zu bewahren. Seiner Ansicht nach müssen wegen der aktuellen Preisentwicklung keine drastischen Maßnahmen ergriffen werden, um die Liquiditätsmenge zu steuern. Eine Einschätzung, die viele Anleger trotz der Anzeichen einer Überhitzung offenbar teilen, was beispielsweise an den Realzinsen in den USA oder an der Rendite für 10-jährige Treasuries deutlich wird, die trotz des erneuten Inflationsschubs im Bereich von 1,3 % bis 1,4 % verharrte.
China veröffentlichte am Donnerstag als erste große Volkswirtschaft die BIP-Daten für das 2. Quartal. Mit einem leicht unter den Erwartungen von 8 % liegenden Plus von 7,9 % gegenüber dem Vorjahr entwickelte sich die chinesische Wirtschaft weiterhin dynamisch und ohne nennenswerte negative Überraschungen. Einen Dämpfer erlitt allerdings der Automobilsektor, dem die Knappheit bei Halbleitern zu schaffen macht - und zwar weltweit.
Ebenfalls am Donnerstag gab die Europäische Kommission ihre ambitionierten Pläne für die Bekämpfung des Klimawandels bekannt. Diese sehen einschneidende Maßnahmen vor, darunter ein Verbot von Neufahrzeugen mit Verbrennungsmotor ab 2035 und die Einführung einer Steuer auf importierte Produkte aus Ländern mit weniger strengen Umweltkriterien. Vor allem bei den Akteuren im Verkehrssektor dürften die Pläne auf Widerstand stoßen, sodass die Maßnahmen möglicherweise noch aufgeweicht werden. Dennoch hat die Kommission mit ihrem Vorstoß deutlich gemacht, dass sie Europa bei der Bekämpfung des Klimawandels in einer Vorreiterrolle sieht.
Am Devisenmarkt versuchte der Euro, sich über der Marke von 1,18 USD zu halten, fiel dann jedoch wieder auf 1,1796 USD zurück. Selbst die unbeirrte Geldpolitik von Notenbankchef Powell konnte den Greenback nicht von seinem Mitte Juni eingeschlagenen Erholungskurs abbringen. Verstärkt wurde der Aufwertungstrend durch die erneut steigende Risikoaversion der Anleger. Grund dafür war die zunehmende Sorge um die Ausbreitung der Delta-Variante des Coronavirus. Die robuste Nachfrage nach der US-Währung lässt sich auch an ihrem Kurs gegenüber dem britischen Pfund ablesen, das in der letzten Woche im Bereich von 1,38 USD verharrte, obwohl sich einige britische Währungshüter dafür aussprachen, das Konjunkturprogramm zurückzufahren. Der Neuseeland-Dollar (NZD) konnte am Dienstag deutlich zulegen, nachdem die Zentralbank des Landes beschlossen hatte, ihr Stützungsprogramm noch in diesem Monat zu beenden. Zum Wochenschluss tendierte die Währung dann aber doch wieder etwas schwächer bei 0,7006 USD.
An den Anleihemärkten rutschten die Renditen für französische Staatsanleihen wieder in negatives Terrain (-0,01 %). Deutsche Bundesanleihen und 10-jährige Staatspapiere aus der Schweiz rentierten im Bereich von -0,35 %. 10-jährige US-Staatsanleihen warfen zum Wochenschluss eine Rendite von rund 1,33 % ab, was einem Realzins von -0,4 % entspricht.
Indizes erreichen Plateau

Die Indizes hatten in dieser Woche mit fehlenden Impulsen für eine weitere deutliche Aufwärtsbewegung zu kämpfen. In der kommenden Woche dürften die ersten globalen Large-Cap-Unternehmen die Geschäftszahlen des 2. Quartals veröffentlichen, die von den Märkten schon mit Spannung erwartet werden. Am Donnerstag wird sich die EZB erneut zum Leitzins und zur Geldpolitik positionieren. Am Freitag stehen dann für die wichtigsten Volkswirtschaften der Welt die vorläufigen Einkaufsmanagerindizes (Flash-PMIs) des verarbeitenden Gewerbes für den Juli an.