Samstag
15. Mai
Börsen-Update der Woche
intro Die Finanzmärkte haben eine sehr ereignisreiche Woche hinter sich. Grund hierfür sind die US-Inflationsdaten, die befürchten lassen, dass die Fed ihre Geldpolitik schneller als erwartet straffen könnte. Die US-Notenbank versuchte indessen, die Wogen etwas zu glätten: Der Preisdruck sei nur vorübergehend und man wäre bereit, die geldpolitische Unterstützung in den kommenden Monaten aufrechtzuerhalten.
Indizes

In der vergangenen Woche haben sich die wichtigsten Indizes nach einer Erholung in den letzten beiden Handelstagen uneinheitlich entwickelt.

In Asien schloss der Nikkei mit einem Wochenminus von 4,3 %. Der Hang Seng büßte 2 % ein, während der Shanghai Composite um 2,1 % zulegte.

In Europa hat der CAC 40 in den letzten fünf Tagen um 0,3 % nachgegeben, ebenso wie der DAX (Stand: Freitag Nachmittag). Der Footsie schloss 1,4 % schwächer. Bei den Peripherieländern der Eurozone verbuchten Spanien, Portugal und Italien ein Plus von 0,5 %, 0,7 % bzw. 0,3 %.

In den USA verloren der Dow Jones 1,4 %, der S&P 500 1,7 % und der Nasdaq 100 3 %, womit sich zunächst ein langfristiger Trend fortsetzt (siehe Grafik).

Nasdaq 100 fällt auf Unterstützungslinie zurück

image
Rohstoffe

An den Ölmärkten wurden die Schlagzeilen von dem Cyberangriff beherrscht, der die Colonial Pipeline im Osten der USA vorübergehend lahmlegte. Dieses Ereignis ließ die Benzinpreise ansteigen, der Rohölpreis gab hingegen nach (infolge eines Rückgangs der US-Raffinerieaktivität). Gleichzeitig äußerte sich die OPEC optimistischer zur Nachfragesituation in der zweiten Jahreshälfte, was den Ölpreisen zum Ende der Woche wieder etwas Auftrieb verlieh. Rohöl der Sorte Brent kostet derzeit rund 68 USD je Barrel; WTI notiert bei 64,5 USD je Fass.

Obwohl die Anleiherenditen gestiegen sind, dürfte Gold die Woche auf einem Hoch von etwa 1.840 USD beenden. Tatsächlich könnte das Edelmetall bei Anlegern sehr gefragt sein, wenn die Inflation schneller steigt als die Nominalzinsen und so jeglicher Druck auf die Realzinsen verpufft.
Die Industriemetalle haben eine Atempause eingelegt. Der Kupferpreis sank auf 10.200 USD je metrische Tonne, Aluminium hat wieder das Niveau von Anfang Mai bei 2.420 USD erreicht und Zinn notierte zuletzt bei 31.200 USD.
Aktien

Diese Woche geht es nach Ozeanien ins Land der Kängurus, wo der ASX die bislang beste Wertentwicklung in diesem Jahr erzielt hat. Galaxy Resources ist ein australisches Bergbauunternehmen, das auf die Erschließung von Mineralien und den Abbau von Lithium spezialisiert ist. Der Aktienkurs des Unternehmens ist seit dem 1. Januar um 70 % gestiegen. Zu verdanken ist dies dem Anstieg der Rohstoffpreise, der bereits seit einigen Wochen andauert. Hinter diesem Kursanstieg steckt jedoch vor allem die rasant steigende Nachfrage nach dem weißen Metall, die auf das Absatzwachstum bei Elektroautos zurückzuführen ist. So wurden im Jahr 2020 in Deutschland dreimal mehr Elektroautos verkauft als im Jahr zuvor. Die bisherigen Zahlen des Jahres 2021 deuten eine weitere Steigerung an.

Um mit der wachsenden Nachfrage Schritt zu halten, haben Galaxy Resources und Orocobre Ende April beschlossen zu fusionieren und so ihre Marktposition zu stärken. Beide Unternehmen sind in Lateinamerika stark vertreten.

Analysten erwarten zukünftige Synergien und prognostizieren für die kommenden Jahre steigende Umsätze sowie positive und wachsende Nettogewinne.

Kursplus bei Galaxy Resources

image
Anleihen

Die Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen steigen wieder. In Europa nähert sich die deutsche Bundesanleihe der symbolischen Null-Marke an (-0,11 %), während die französische Staatsanleihe (OAT) mit einer Rendite von 0,278 % in positives Terrain zurückkehrt.

Die US-Verbraucherpreise sind im April gestiegen und befeuern die ohnehin schon hitzige Debatte über die Dauer des Inflationsdrucks. Als Reaktion setzten Anleihehändler vermehrt darauf, dass die Fed nächstes Jahr gezwungen sein könnte, die Zinsen zu erhöhen. Der stellvertretende Vorsitzende der US-Notenbank Richard Clarida versuchte dennoch, die Gemüter zu beruhigen, und verwies darauf, dass der Inflationsanstieg wahrscheinlich weitgehend temporär sein wird. Damit hat er für reichlich Diskussionsstoff gesorgt.

Zurück zu den europäischen Benchmark-Anleihen: Die Zinskosten für zehnjährige italienische und spanische Anleihen sind mit 1,07 % bzw. 0,60 % auf Niveaus gestiegen, die seit mehreren Monaten nicht mehr erreicht wurden. Gleiches gilt für die Schweizer Staatsanleihe, deren Rendite mit -0,16 % nun fast wieder positiv ist.
Devisen

Der US-Dollar zeigte sich nach den überraschend hohen US-Inflationszahlen volatiler. Infolgedessen revidierten die Devisenhändler ihre Erwartungen an anstehende Zinserhöhungen jenseits des Atlantiks. Nach dem erlittenen Dämpfer näherte sich das Währungspaar EUR/USD wieder seinen zuletzt erreichten Höchstständen bei etwa 1,213 USD.
Jenseits des Ärmelkanals setzte das Pfund Sterling seine dynamische Erholung fort. Dieser Trend zeigt sich auch gegenüber dem Euro: Das Währungspaar GBP/EUR erreichte mit einem Kurs von 1,1 wieder seine Jahreshochs. Der GBP/USD-Kurs lag zuletzt bei 1,4 (siehe Grafik unten).

Begünstigt wurde diese Hausse durch die Ergebnisse der Lokalwahlen, bei denen die Konservativen in einer Labour-Hochburg einen historischen Sieg errangen, sowie durch eine deutliche Entspannung der Pandemielage in Großbritannien. Gegenüber dem Yen legte die britische Währung sogar über 400 Punkte auf 154,2 JPY zu und erklomm damit ein Dreijahreshoch.
Trotz der Nervosität an den Aktienmärkten ist der Yen als sicherer Hafen bei den Devisenhändlern nach wie vor wenig gefragt. Dem Währungspaar EUR/JPY kam dies zugute. Der Wechselkurs markierte ein neues Zweijahreshoch bei 132,4.

Auf der Südhalbkugel gab der dortige Dollar im Laufe der Woche trotz des anhaltenden Drucks auf die Rohstoffpreise nach. Tatsächlich korreliert der Aussie relativ stark mit der Entwicklung der Rohstoffpreise. Die Währungspaare AUD/EUR (0,64) und AUD/USD (0,77) sanken jeweils um ca. 150 Basispunkte.
Demgegenüber profitierte der kanadische Loonie von der aktuellen Konjunkturlage und legte gegenüber dem Greenback wieder auf 0,82 USD zu.

Kursentwicklung GBP/USD

image
Konjunkturdaten

In der vergangenen Woche richtete sich die Aufmerksamkeit der Anleger in erster Linie auf die Inflationsdaten.
In China stieg der Verbraucherpreisindex um 0,9 % (Konsens: 1 %), doch der Erzeugerpreisindex schnellte im April um 6,8 % auf ein seit fast 4 Jahren nicht mehr erreichtes Rekordhoch.

In Europa übertraf der deutsche ZEW-Index mit 84,4 Zählern die Erwartungen (Prognose: 72). Die Industrieproduktion im Euroraum legte dagegen lediglich um 0,1 % zu. Der Verbraucherpreisindex in Frankreich stieg marginal um 0,1 %.

In den USA zeigte sich ein sehr gemischtes Bild. Der Verbraucherpreisindex verzeichnete im April einen Anstieg um +0,8 % (+4,2 % auf annualisierter Basis), der Erzeugerpreisindex erhöhte sich um 0,6 % (+6,2 % im Vorjahresvergleich) und der Importpreisindex lag mit 0,7 % im Plus. Die Einzelhandelsumsätze waren dagegen stabil, die Industrieproduktion stieg lediglich um 0,7 % und die wöchentliche Statistik der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe fiel mit 473.000 besser aus als erwartet.
Schwankende Tendenz

Die Aktienmärkte blicken auf eine ereignisreiche Woche mit wieder zunehmender Volatilität zurück. In diesem turbulenten Umfeld entbrennen heftige Debatten über die zu erwartende Dauer der ungewöhnlich hohen Inflation.
Handelt es sich nur um einen vorübergehenden kurzfristigen Anstieg der Preise, der auf eine gewisse krisenbedingte Angebotsverknappung und die dynamische Konjunkturerholung zurückzuführen ist? Oder bricht nun eine Ära des beschleunigten Preiswachstums an? Dieses Thema dürfte hitzig diskutiert werden und die strategischen Entscheidungen der Anleger auch weiterhin maßgeblich bestimmen.

Dieses Umfeld beeinflusst die derzeitigen Aktivitäten auf den Märkten. Die Kapitalströme tendieren weiterhin vorwiegend in zwei Richtungen: So gab es im Jahr 2020 Umschichtungen in Wachstumswerte und 2021 in Value-Aktien. Diese Bewegungen werden durch passives Management sowohl nach oben als auch nach unten verstärkt. Die Stars der letzten Wochen waren, entsprechend der Preiswachstums-Diskussion, Finanztitel und inflationsindexierte Anleihen.