Letzte Woche sorgte die Verlangsamung der Inflation in der Eurozone für eine angenehme Überraschung, diese Woche waren es die US-Verbraucherpreise. Das wirkte sich positiv auf die Risikofreude der Marktteilnehmer aus, die nach wie vor auf ein langsameres Tempo der Zinserhöhungen und eine weiche Landung der Wirtschaft hoffen. Am US-Markt kam es zu Beginn der Berichtssaison für das abgelaufene Quartal am Freitag allerdings zu Verlusten. Der bevorstehende Zahlenreigen der Unternehmen dürfte daher in nächster Zeit die Richtung bestimmen.
Wochenperformance*
DAX
15086  +3.26%Chart
STOXX EUROPE 600
452.54  +1.83%
Chart STOXX EUROPE 600
S&P 500
3999.09  +2.67%
Chart S&P 500
NIKKEI 225
26119.52  +0.56%
Chart NIKKEI 225
GOLD
1919.40$  +2.68%
Chart GOLD
BRENT OIL
85.36$  +8.26%
Chart BRENT OIL
EURO / US DOLLAR
1.08$  +1.59%
Chart EURO / US DOLLAR
Tops / Flops der Woche

Tops

CinCor Pharma (+145 %): AstraZeneca wird das Biotechnologieunternehmen für mindestens 1,3 Mrd. USD bzw. 26 USD je Aktie übernehmen. Bei Erreichen bestimmter Meilensteine wird ein Aufschlag von 10 USD je Aktie fällig.

Exact Sciences (+45 %): Der Ausblick des Diagnostikspezialisten übertraf die Markterwartungen. Ohne Berücksichtigung der Aktivitäten im Zusammenhang mit der Coronapandemie stieg der Jahresumsatz 2022 um 25 % auf 2,08 Mrd. USD.

Coinbase (+43 %): Die in letzter Zeit am stärksten unter Druck geratenen Titel profitieren von der Rückkehr der Risikobereitschaft. Bei Coinbase kommt noch die spekulative Komponente des Kryptowährungsmarkts hinzu.

Shop Apotheke (+30 %): Die deutsche Online-Apotheke veröffentlichte beruhigende Zahlen und stoppte so ihre Abwärtsspirale. Die spektakuläre Erholung war aber auch der Rückbesinnung der Anleger auf Investments mit hohem Beta zu verdanken.

TAG Immobilien (+20 %): Dass sich die Inflation auf dem alten Kontinent nun in etwas moderateren Bahnen bewegt und auf eine weniger strenge Geldpolitik seitens der EZB hoffen lässt, kommt auch dem deutschen Immobilienkonzern zugute.

Atos (+20 %): Nach einem Horrorjahr profitiert das französische IT-Unternehmen von möglichen günstigen Übernahmen. Die aufkeimenden Spekulationen ließen sogar die Information verblassen, dass Thales nicht an einer Beteiligung an der Tochtergesellschaft Evidian interessiert sei.

Just Eat Takeaway (+18 %): Das Papier des Essenslieferdienstes steht stellvertretend für Aktien, die in Zeiten des wieder zunehmenden Vertrauens gefragt sind. Nach schweren Kurseinbrüchen in den vergangenen zwei Jahren (2022: -59 %; 2021: -47 %) hat der Titel aber noch einen langen Weg vor sich.

Flops

Direct Line Insurance (-23 %): Der britische Versicherer bekam den Unmut des Marktes zu spüren, nachdem er aufgrund der Schadenskosten im letzten Quartal auf die Ausschüttung einer Dividende für 2022 verzichtet hatte.

Kahoot (-23 %): Das norwegische Unternehmen enttäuschte die Anleger mit vorläufigen Ergebnissen für das 4. Quartal, die aufgrund der Konjunkturabschwächung unerwartet schlecht ausfielen. Am 16. Februar wird Kahoot die endgültigen Geschäftszahlen veröffentlichen.

Ubisoft (-19 %): Der französische Spieleentwickler hat erneut eine Gewinnwarnung veröffentlicht. Das Unternehmen befindet sich eindeutig am Tiefpunkt. Mehrere Analysten kappten daraufhin ihre Prognosen.

Logitech (-18 %): Das Unternehmen veröffentlichte für das 3. Quartal schwächere Zahlen. Für das im März endende Geschäftsjahr prognostiziert das Management einen um 13-15 % schrumpfenden Umsatz. Das operative Ergebnis soll nun nur noch zwischen 550 und 600 Mio. USD liegen.

Novocure (-12 %): Die von dem Onkologieunternehmen veröffentlichten schwachen Jahresumsatzzahlen ließen Gewinnmitnahmen geboten erscheinen. Allerdings war der Kurs in der Vorwoche in die Höhe geschnellt, nachdem es bezüglich einer klinischen Phase-III-Studie bei nichtkleinzelligem Lungenkrebs gute Neuigkeiten gegeben hatte.

Fast Retailing (-8 %): Der Inhaber der Marke Uniqlo sieht sich aufgrund der Entwicklung am chinesischen Markt mit schlechteren Ergebnissen konfrontiert. Vom Markt abgestraft wurde das Unternehmen zudem für seine überraschende Ankündigung, die Löhne und Gehälter seiner Mitarbeiter in Japan zu erhöhen.

Chart Rohstoffe
Rohstoffe

Energie: Nach einem verhaltenen Jahresauftakt ging es für die Rohölmärkte diese Woche wieder aufwärts. Der schwache US-Dollar und die wieder wachsende Risikobereitschaft der Anleger sorgten dafür, dass sich die Preise stark erholten. So legten die Sorten Brent und WTI um etwa 7 % auf 84,60 USD bzw. 79 USD pro Barrel zu. In Europa sinken die Erdgaspreise weiter: Am niederländischen Handelsplatz TTF pendelt der europäische Referenzpreis um die Marke von 65 EUR/MWh.

Metalle: Bei Industriemetallen sind die Marktteilnehmer wieder in Risikolaune. Grund dafür ist das günstige Umfeld, das von einem schwächeren Dollar, der Erwartung einer für die Wirtschaft weniger belastenden Geldpolitik und der Wiederöffnung Chinas gekennzeichnet ist. In London übersprang der Kupferpreis dementsprechend die Marke von 9.000 USD pro Tonne. Edelmetalle tendierten in die gleiche Richtung. So profitiert der Goldpreis vom Rückgang der Anleiherenditen. Die Feinunze Gold kostet aktuell etwa 1.900 USD.

Agrarprodukte: Das US-Landwirtschaftsministerium (USDA) senkte in seinem letzten Monatsbericht die Schätzungen zur Maisproduktion in den USA, weil die Maisanbauflächen schrumpfen. Die Einschätzungen zur Weizenproduktion in den USA ließ das USDA dagegen unverändert, lediglich die Jahresendbestände wurden nach unten korrigiert. An der Börse in Chicago notiert der Weizenpreis bei ca. 740 Cent je Scheffel. Mais verteuerte sich unterdessen auf 670 Cent.
Chart Rohstoffe
Makroökonomie

Marktstimmung: Das Glas ist halb voll. Die Anleger halten weiterhin eifrig Ausschau nach Hinweisen für eine Rückkehr der US-Notenbank zu milderen Tönen. Diese Woche kamen zwei weitere Anzeichen hinzu. Zum einen verzichtete US-Notenbankchef Jerome Powell am Dienstag bei seiner Rede darauf, die erneute Risikofreude der Anleger zu dämpfen. Zum anderen entsprachen die US-Inflationszahlen vom Dezember in jeder Hinsicht den Erwartungen und belegen eine Abkühlung der überhitzten Preise. Abzulesen war das am Rückgang des US-Dollars und der Anleiherenditen. Die Wirtschaft in Europa ist immer noch in guter Verfassung, wie die laut Eurostat unerwartet robuste Industrieproduktion im November belegt. Dennoch hält sich eine gewisse vorsichtige Grundhaltung. Denn die Finanzmarktteilnehmer können nicht genau abschätzen, welche Negativauswirkungen die Zinserhöhungen in den kommenden Monaten auf die Wirtschaft haben werden.

Devisen: Der US-Dollar blieb diese Woche weitgehend unter Druck. Das entsprach der Stimmung an den Finanzmärkten, die davon ausgehen, dass die Notenbank Fed in den nächsten Wochen einen nicht ganz so harten Kurs fahren wird wie erwartet. Der Euro erholte sich auf 1,08 USD und erreichte damit den höchsten Stand seit April. Beachtlich war diese Woche die Erholung des russischen Rubels. Dieser war im Dezember um 17 % eingebrochen, nachdem sich führende westliche Länder auf eine Preisobergrenze für russisches Öl geeinigt hatten. So legte der Rubel gegenüber allen wichtigen Währungen zu, insbesondere gegenüber dem US-Dollar auf 68,6040 RUB. Der Euro gewann gegenüber dem Schweizer Franken an Boden und notiert aktuell bei 1,0047 CHF.

Zinsen: Am vergangenen Donnerstag wurde der US-Verbraucherpreisindex veröffentlicht. Die Entwicklung fiel erwartungsgemäß aus und bestätigte die Verlangsamung der Inflation jenseits des Atlantiks. Der Kampf ist zwar noch nicht gewonnen, doch zogen es die Anleger vor, das Glas als halb voll zu betrachten. Die neue, positive Zahl (die natürlich wie immer Interpretationsspielraum bietet) lässt die US-Notenbank Fed aufatmen, denn nun könnte sie sich auf ihrer nächsten geldpolitischen Sitzung am 1. Februar mit einem Zinsschritt von lediglich 25 Basispunkten begnügen. Die Rendite 10-jähriger Staatsanleihen näherte sich dem im vergangenen Dezember verzeichneten Tief von 3,40/3,35 %. Auch in Deutschland zeigen langlaufende Staatspapiere eine Abwärtstendenz: Bundesanleihen nähern sich aktuell ihrem gleitenden 34-Tage-Durchschnitt von ca. 2,16 %. Die nächsten Unterstützungslinien liegen bei 1,93 % und 1,77 %.

Kryptowährungen: Kryptoanleger konnten sich diese Woche endlich wieder ein bisschen freuen. Der Bitcoin verteuerte sich um mehr als 11 % und lag bei Redaktionsschluss wieder über der Marke von 19.000 USD. Der Börsenwert des Markts für Kryptowährungen stieg dank des wiedererwachten Interesses der Anleger für Risikoanlagen um über 70 Mrd. USD. Um das Vertrauen der Anleger nach den katastrophalen Ereignissen 2022 zurückzugewinnen, müssen allerdings kräftige positive Impulse aus dem Ökosystem der Kryptowährungen kommen.

Termine: Am Montag ist in den USA gesetzlicher Feiertag zum Gedenken an Martin Luther King. Im Mittelpunkt stehen in der kommenden Woche am Dienstag die erste Schätzung zum chinesischen BIP im 4. Quartal 2022 sowie am Donnerstag zwei wichtige US-Konjunkturbarometer: die Einzelhandelsumsätze und die Erzeugerpreise im Dezember. Daneben steht am Dienstag die Veröffentlichung des ZEW-Index zur Stimmung der Finanzexperten auf dem Programm, und am Mittwoch wird sich EZB-Chefin Christine Lagarde zu Wort melden. Ein weiteres wichtiges Ereignis ist das Weltwirtschaftsforum in Davos, das in diesem Jahr vom 16. bis 20. Januar stattfindet.

Kurs und Volumen
Silberstreifen am Horizont
Während die europäischen Indizes sich 2023 weiter in Szene setzen, ist der Jahresauftakt für die US-Indizes eher verhalten. Der Luxussektor leistete im Zuge des Wiederhochfahrens der chinesischen Wirtschaft einen erfreulichen Beitrag. Die aktuellen Konjunkturdaten in der westlichen Welt deuten auf eine durch die Zentralbanken kontrollierte Verlangsamung hin. Risikoanlagen sind wieder attraktiv, und die Anleger gehen allmählich dazu über, langfristiger zu denken. Das dürfte die pessimistischen Äußerungen zur Rezession der letzten Monate etwas mildern. Aber Vorsicht: Die heiß ersehnte Aufhellung ist noch nicht gewiss, und 2023 könnte es noch einige Überraschungen geben. Wir wünschen Ihnen allen eine gute Woche!
*Die Wochenperformance der Indizes und Aktien bezieht sich auf den Zeitraum von der Eröffnung der Märkte am Montag bis zur Erstellung dieses Newsletters am Freitag.
Die Wochenperformance von Rohstoffen, Edelmetallen und Währungen bezieht sich auf den 7-Tage-Zeitraum von Freitag bis Freitag (bis zur Erstellung des Newsletters). Diese Vermögenswerte notieren auch an Wochenenden.