Samstag
18. September
Börsen-Update der Woche
intro Enttäuschende makroökonomische Daten aus China, der stark angeschlagene chinesische Immobiliengigant Evergrande, uneinheitliche US-Konjunkturdaten und anhaltende Befürchtungen im Zusammenhang mit der Coronapandemie lassen die Marktteilnehmer ratlos in die Zukunft blicken. Die zahlreichen Unwägbarkeiten haben in dieser Woche zu Verwerfungen an den Finanzmärkten geführt. Doch zeigt sich für viele Indizes nach der Erholung der letzten Tage insgesamt noch immer eine neutrale Tendenz.
Indizes

In Europa verbuchte der DAX einen Wochenverlust von 0,77 %, während der MDAX um 2,21 % nachgab. Ebenfalls negativ entwickelten sich der französische CAC 40 (-1,40 %) und der FTSE 100 (-1,21 %). In den Peripherieländern des Euroraums legten die Leitindizes in Italien und Spanien um 0,09 % bzw. 0,75 % zu, während in Portugal ein Minus von 0,71 % zu konstatieren war.

Der Nikkei legte in Asien eine Pause ein (+0,4 %), nachdem er in den beiden Vorwochen fast 10 % vorgerückt war. Der Hang Seng verlor erneut 5 % an Terrain und der Shanghai Composite lag mit 2,4 % im Minus.

In den USA verzeichnete der Dow Jones ein Wochenminus von 0,5 %, der S&P 500 und der Nasdaq 100 fielen um 0,6 % bzw. 0.5 % zurück (Stand: Freitagnachmittag).
Rohstoffe

Im Rohstoffbereich verlief die Woche allgemein recht lebhaft. So gewann der Energiemarkt an Dynamik und hob die Preise der Rohölsorten Brent und WTI über die Schwelle von 76 USD bzw. 73 USD. Beide Benchmarks haben sich seither zwar konsolidiert, stehen aber nach der etwas überraschenden Abnahme der US-Ölvorräte weiterhin im Fokus. Auch die Strompreise in Europa sind stark gestiegen, was nicht zuletzt auf die niedrigen Erdgasfördermengen in Russland zurückzuführen ist. Die Anleger beobachten diese Situation mit Argusaugen, seit BASF und andere Industriekonzerne vor möglichen Auswirkungen auf ihre Geschäftszahlen gewarnt haben.

Gold litt unter dem starken US-Dollar und verlor in weniger als einer Woche über 2 % - ein in diesem Markt ganz erheblicher Rückgang. Die Feinunze notiert aktuell bei 1.765 USD, nachdem sie am Dienstag noch etwas mehr als 1.800 USD gekostet hatte. Auch Silber musste Einbußen hinnehmen und fiel von 23,84 auf 22,90 USD je Feinunze.

Bei den Industriemetallen verlief diese Woche auf den ersten Blick eher neutral, doch in einigen Fällen - so bei Eisenerz - gaben die Preise auch nach. Berichten zufolge erwägt Peking eine Verschärfung seiner Umweltvorschriften, denn es kommen wohl ganze Regionen ihren entsprechenden Verpflichtungen nicht nach. Diese Ankündigungen haben energieintensive Sektoren wie die Stahlindustrie belastet und befürchten lassen, dass die Nachfrage unter den Erwartungen liegen könnte. Der Palladiumpreis ist zu Wochenbeginn weiter gefallen, konnte sich dann aber wieder etwas erholen.

Erdgaspreis seit einigen Tagen im Aufwind

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Aktien

Daimler will einen Gang höher schalten

Daten des europäischen Automobilherstellerverbands (ACEA) zufolge sind im August die Fahrzeug-Neuzulassungen in Europa um 19 % eingebrochen. Besonders stark betroffen sind offenbar die führenden europäischen Autobauer. Trotz allem hat die Daimler-Aktie in der letzten Woche rund 3,5 % zugelegt. Grund für den Kursanstieg waren Äußerungen des Finanzchefs Harald Wilhelm, der zu Beginn der Woche bekannt gab, dass Daimler seine Fahrzeugauslieferungen wegen des Chipmangels herunterfahren und gleichzeitig die Preise erhöhen will. Einen solchen Luxus können sich in der Regel nur Premiumhersteller und nicht die Generalisten unter den Autobauern leisten. Dennoch dürfte es sich nicht um einen rein opportunistischen Schritt handeln, denn der CFO erklärte in der Presse, man wolle "einen Gang höher schalten, hin zum Luxussegment" - womit natürlich das High-End-Luxussegment gemeint ist. Diese Strategie sei bereits vor der Pandemie beschlossen worden, erklärte Wilhelm. Außerdem zeichnet sich bei den elektronischen Bauteilen eine Entspannung der schwierigen Beschaffungssituation ab - ein positives Signal für die gesamte Branche.

Mit Blick auf die Automobilbranche ist auf ein weiteres Ereignis hinzuweisen: Die Frankfurter Börse hat in dieser Woche einen Neuzugang begrüßt, nämlich Vitesco. Der Zulieferer ist aus der Abspaltung der Antriebstechniksparte von Continental hervorgegangen, dessen Aktionäre für fünf Conti-Aktien eine Vitesco-Aktie bekommen haben.

Daimler übertrifft 2021 BMW und den Markt

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Makroökonomie

Die ruhige Nachrichtenlage zwischen der Veröffentlichung der Geschäftszahlen des 2. und 3. Quartals hat die Makroökonomie wieder stärker in den Fokus rücken lassen. Doch auch ohne diesen Umstand hätten die neuesten Daten für reichlich Aufmerksamkeit gesorgt. Auf der einen Seite stagniert die chinesische Wirtschaft. Diese Entwicklung ließ sich bereits aus den zuvor veröffentlichten Einkaufsmanagerindizes ablesen und wurde nun durch die im August weit unter den Erwartungen liegenden Einzelhandelsumsätze bestätigt. Indem Peking zunehmend Zwangsmaßnahmen gegen Unternehmen ergreift, die zu weit von der Parteilinie abweichen, schadet es seiner eigenen Wirtschaft. Gleichzeitig beunruhigt das finanzielle Desaster des Immobiliengiganten Evergrande die internationalen Märkte und treibt den lokalen Risikoaufschlag in die Höhe. Auf der anderen Seite haben die USA in dieser Woche robuste Daten vorgelegt, während frühere Indikatoren das Gegenteil befürchten ließen. Die Inflation ist nicht so stark gestiegen wie erwartet, der Konsumgüterbereich entwickelt sich dynamischer und die Aussichten für die Industrie sind solide. Diese widersprüchliche Gemengelage dürfte weniger als eine Woche vor der ersten Sitzung der US-Notenbank Fed nach der Sommerpause die Unsicherheit noch weiter schüren.

Die unerwartet positiven US-Indikatoren kamen in dieser Woche dem Dollar zugute, der gegenüber dem Euro wieder aufwertete: Letzterer ist aktuell unter die Schwelle von 1,18 USD gefallen. Am Markt für Staatsanleihen verzeichneten die Renditen in Europa einen Aufwärtstrend. Am Donnerstag berichtete die Financial Times, dass die internen Modelle der Europäischen Zentralbank auf eine gegenüber den Prognosen beschleunigte Zinsanhebung in der Eurozone hindeuten. Diese Aussage wurde von der EZB umgehend dementiert, führte jedoch bei europäischen Staatsanleihen zu einer leichten Renditeverschiebung. So erreichten deutsche Bundesanleihen mit -0,29 % den höchsten Stand seit Mitte Juli. Französische Papiere notieren aktuell bei +0,04 %. Britische Titel liegen mit 0,82 % weiterhin vor griechischen (0,78 %) und italienischen Staatspapieren (0,73 %).

In der nächsten Woche steht am Mittwoch die mit Spannung erwartete Sitzung der US-Notenbank Fed auf der Agenda, gefolgt von der Veröffentlichung der vorläufigen September-Einkaufsmanagerindizes (Flash-PMIs) für die größeren Länder am Donnerstag und des deutschen ifo-Geschäftsklimaindex am Freitag.
US-Notenbank erneut im Mittelpunkt

Die Indizes zeigen ein gemischtes Bild: Der Nikkei erholt sich, der Hang Seng fällt weiter, und der STOXX folgt der Seitwärtsbewegung seines großen US-Pendants S&P 500. Je näher die nächste Sitzung der US-Notenbank Fed rückt, desto deutlicher wird die Gegensätzlichkeit der Kräfte, die an den globalen Indizes zerren. An diesem ersten richtungweisenden Termin nach der Sommerpause am kommenden Mittwoch steht vor allem das Votum des Offenmarktausschusses (FOMC), des Entscheidungsgremiums der Fed, zur weiteren Ausrichtung und gegebenenfalls Anpassung der konjunkturpolitischen Maßnahmen im Vordergrund. Die Rückkehr zum Wachstum könnte künftig zu einer strafferen Geldpolitik führen, die möglicherweise einschneidende Auswirkungen auf die Marktteilnehmer hat, jedoch als Indikator einer dynamischeren Konjunktur gilt. Somit stellt sich die Frage, in welcher Rolle sich die Fed künftig wiederfinden will.