Frankfurt (Reuters) - Die Aussicht auf eine rasche Genesung der Weltwirtschaft von den Coronavirus-Folgen hält die Aktienrally in Schwung.

"Der anhaltende Aufwärtstrend schürt Hoffnung unter Anlegern, dass die Weihnachtsrally trotz der immer noch vorhandenen Risikofaktoren nicht ausfallen muss", sagte Marktanalyst Milan Cutkovic vom Brokerhaus Axi. "Es besteht eine realistische Chance, dass der Dax noch vor dem Jahresende ein neues Rekordhoch erreicht."

Am Dienstag gewann der deutsche Leitindex 0,7 Prozent auf 13.382,30 Punkte und lag damit rund 400 Zähler unter seiner Bestmarke vom Februar. Der EuroStoxx50 legte 1,1 Prozent auf 3529,56 Stellen zu. Der US-Standardwerteindex Dow Jones rückte ähnlich stark vor.

Mut machte Investoren der Antrag von BioNTech und Pfizer auf Zulassung ihres Corona-Impfstoffs in Europa. Die europäische Arzneimittel-Agentur EMA will bis zum 29. Dezember darüber entscheiden. Am Montag hatte Konkurrent Moderna in den USA eine Notfall-Zulassung für seinen Wirkstoff beantragt. Die in Frankfurt notierten Titel der Mainzer Firma BioNTech stiegen zeitweise um fast elf Prozent auf ein Rekordhoch von 108,90 Euro. Die Papiere ihres US-Partners Pfizer legten an der Wall Street knapp sechs Prozent und erreichten mit 40,50 Dollar den höchsten Stand seit eineinhalb Jahren zu. Moderna-Titel setzten ihren Höhenflug fort und stiegen um 17 Prozent auf ein Rekordhoch von 178,50 Dollar.

Dank der Aussicht auf die baldige Verfügbarkeit von Impfstoffen könne die Rally weitergehen, sagte Mark Haefele, Chef-Anleger der Vermögensverwaltung der Bank UBS. Sein Kollege Jonathan Bell vom Vermögensverwalter Stanhope warnte dagegen vor überzogenen Erwartungen. Nach den rekordverdächtigen Kursgewinnen im November werde der Schwung sicher nachlassen, zumal die aktuellen Pandemie-Beschränkungen die Wirtschaft beeinträchtigten.

GOLD IM AUFWIND - ÖLPREIS AUF RICHTUNGSSUCHE

Dies sei der Hauptgrund für den steigenden Goldpreis, sagte Analyst Lukman Otunuga vom Online-Broker FXTM. Dazu passe die Warnung von US-Notenbankchef Jerome Powell vor "herausfordernden" Wintermonaten. Die "Antikrisen-Währung" Gold verteuerte sich um fast zwei Prozent auf 1810 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm).

Ratlos reagierten Börsianer auf die Verschiebung des Opec-Treffens. "Es ist unklar, ob das eine gute Nachricht ist und sie sich einigen werden, oder eine schlechte Nachricht und die Gespräche zu platzen drohen", schrieben die Analysten des Brokerhauses PVM. Der Preis für die Ölsorte Brent aus der Nordsee fiel um 0,6 Prozent auf 47,58 Dollar je Barrel (159 Liter).

Parallel dazu stieg die Kryptowährung Bitcoin zunächst um drei Prozent auf ein Rekordhoch von 19.929,75 Dollar. Anschließende Gewinnmitnahmen brockten ihr dann jedoch einen Verlust von zweitweise mehr als sechs Prozent auf 18.112 Dollar ein. "Dass Kryptowährungen nichts für schwache Nerven sind, sollte bekannt sein", sagte Analyst Timo Emden von Emden Research. Einige Investoren könnten den aktuellen Rücksetzer aber zum Wiedereinstieg nutzen.

VW ENTSCHEIDET ÜBER ZUKUNFT VON FIRMENCHEF DIESS

Bei den Unternehmen stand Volkswagen im Rampenlicht, wo die Spitze des Aufsichtsrats über den Streit um die Vertragsverlängerung für Firmenchef Herbert Diess beriet. Einem Insider zufolge versucht Chef-Aufseher Hans Dieter Pötsch, den Konflikt beizulegen. Daher könne sich eine Entscheidung verzögern. VW-Aktien gehörten mit einem Plus von 4,3 Prozent auf 147,36 Euro zu den Favoriten im Dax.

In den USA brachen die Titel von Zoom dagegen um gut 13 Prozent ein, obwohl der Anbieter von Videokonferenzen seine Quartalsumsatz erneut vervielfachen konnte. Die Bruttomargen hätten enttäuscht, kommentierte Analyst Rishi Jaluria vom Research-Haus D.A. Davidson. Er sei aber überzeugt, dass Zoom auch nach der Überwindung der Corona-Pandemie unverzichtbar sein werde, da Arbeitnehmer auf Dauer zumindest tageweise im Homeoffice arbeiten würden. "Viele der Veränderungen in der Arbeitswelt sind irreversibel."