Frankfurt (Reuters) - Die Bundesbank sieht die deutsche Wirtschaft in den Startlöchern für einen kräftigen Aufschwung.

Sie geht davon aus, dass die Pandemie durch die Impfkampagne schnell und nachhaltig zurückgedrängt wird und die Eindämmungsmaßnahmen rasch gelockert werden, wie sie am Freitag in ihrer halbjährlichen Vorhersage mitteilte. "Schon in diesem Sommer könnte die Wirtschaftsleistung wieder das Vorkrisenniveau erreichen", äußerte sich Bundesbankpräsident Jens Weidmann optimistisch. Im Zuge des Aufschwungs dürfte allerdings auch die Inflation deutlich anziehen.

"Die deutsche Wirtschaft überwindet die pandemiebedingte Krise", sagte Weidmann. Für das laufende Jahr erwartet die Bundesbank jetzt einen kalenderbereinigten Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 3,7 Prozent. Noch im Dezember hatte sie lediglich ein Plus von 3,0 Prozent vorhergesagt. Vor allem im Dienstleistungssektor, der besonders stark unter den Pandemiefolgen gelitten hat, und beim privaten Konsum sei mit starken Aufholeffekten zu rechnen.

Für 2022 erwartet die Bundesbank jetzt ein Wachstum von 5,2 Prozent (Dezember-Prognose: 4,5) Prozent. Weidmann geht davon aus, dass bereits ab 2022 die gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten überdurchschnittlich ausgelastet werden. Nach den Prognosen der Bundesbank wird sich das Wirtschaftswachstum im Jahr 2023 aber merklich abschwächen. Die Notenbank-Volkswirte erwarten dann nur noch ein Plus von 1,7 (1,8) Prozent.

Das gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) geht davon aus, dass sich die Erholung von Konsum und Exporten sogar etwas schneller vollzieht als von den Bundesbank-Ökonomen angenommen. Für das laufende Jahr rechnet das IMK mit einem noch kräftigeren Wachstum. "Wir halten sogar spürbar mehr als vier Prozent für 2021 für möglich", erklärte IMK-Direktor Sebastian Dullien. Allein 2021 hätten die Deutschen mehr als 100 Milliarden Euro mehr gespart als ohne die Krise zu erwarten gewesen wäre. "Zumindest ein Teil dieses Geldes dürfte über die kommenden 18 Monate ausgegeben werden," so Dullien.

INFLATION ZIEHT SPÜRBAR AN

Im Zuge des Aufschwungs erwartet die Bundesbank allerdings auch einen kräftigen Anstieg der Inflation. Die Bundesbank rechnet jetzt für das laufende Jahr mit einer Inflationsrate von 2,6 Prozent statt wie in ihrer Dezember-Prognose von 1,8 Prozent. 2020 hatte die Teuerung lediglich 0,4 Prozent betragen. "Dabei sind zum Jahresende vorübergehend Inflationsraten um vier Prozent möglich, erklärte Weidmann. Als Preistreiber nannte die Bundesbank unter anderem die wieder höheren Mehrwertsteuern und die stark gestiegenen Rohölpreise. Die Sondereffekte würden aber im kommenden Jahr auslaufen.

Für das Jahr 2022 erwarten die Bundesbank-Ökonomen jetzt einen Anstieg der Lebenshaltungskosten von 1,8 (Dezember-Prognose: 1,3) Prozent und für 2023 von 1,7 (1,6) Prozent. Auch die Prognosen für die Kernrate, in denen die schwankungsreichen Energie- und Lebensmittelpreise ausgeklammert sind, wurden durchgehend angehoben. Dabei hält es die Bundesbank für möglich, dass die Teuerungsraten sogar noch stärker anziehen als vorhergesagt.

Die Preise im Großhandel sind im Mai bereits so stark gestiegen wie seit 13 Jahren nicht mehr. Sie lagen laut dem Statistischen Bundesamt im vergangenen Monat um 9,7 Prozent über dem Niveau vor Jahresfrist. Im April hatte das Plus noch bei 7,2 Prozent gelegen. Damit hat sich der Preisauftrieb im Großhandel nochmals beschleunigt. Vor einem Jahr waren im Zuge der Rezession viele Preise in den Keller gegangen, daher jetzt die im Vorjahresvergleich hohen Zuwächse.