FRANKFURT (awp international) - In der Europäischen Zentralbank (EZB) mehren sich Stimmen gegen eine Wiederaufnahme des Anleihekaufprogramms. "Ich sehe derzeit keine Notwendigkeit für einen Neustart des Anleihekaufprogramms", sagte EZB-Direktoriumsmitglied Sabine Lautenschläger am Freitag der Nachrichtenagentur Market News. Dies wäre nur im Falle einer drohenden Deflation gerechtfertigt. Diese sei aber nirgendwo in Sicht.

Zinssenkungen seien hingegen Teil der herkömmlichen Geldpolitik, sagte Lautenschläger. Darüber könnte man nachdenken, bevor man zu aussergewöhnlichen Massnahmen greift. So wird an den Finanzmärkten erwartet, dass der Einlagensatz bereits auf der nächsten Sitzung am 12. September weiter gesenkt wird. Derzeit liegt der Satz bei minus 0,4 Prozent. Banken müssen also eine Art Gebühr bei der EZB zahlen, wenn sie Geld dort parken.

Bereits am Donnerstag hatte sich der Chef der niederländischen Notenbank Klaas Knot ähnlich geäussert. Anleihekäufe seinen nur gerechtfertigt, falls sich die wirtschaftliche Lage weiter verschlechtere. Derzeit sei die Wirtschaft der Eurozone nicht so schwach.

Lautenschläger und Knot gehören eher zu den geldpolitischen Falken. Darunter versteht man Geldpolitiker, die sich im Zweifel für eine restriktivere Geldpolitik aussprechen. Die Erwartungen an eine merkliche Lockerung der Geldpolitik wurden zuletzt von anderen EZB-Vertretern geschürt. So hat Notenbankchef Mario Draghi zuletzt von einer immer schlechter werden Konjunktur gesprochen. Der finnische Notenbankchef Olli Rehn sprach unlängst davon, dass die Notenbank die Markterwartungen übertreffen solle.

Die designierte Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, hatte sich am Vortag offen für eine Fortsetzung der extrem lockeren Geldpolitik gezeigt. Lagarde soll Anfang November dem jetzigen EZB-Präsidenten Mario Draghi folgen. Dessen achtjährige Amtszeit läuft Ende Oktober aus./jsl/jkr/jha/