Bereits im Oktober verlor die Konjunktur überraschend deutlich an Schwung und marschiert offenbar Richtung Stagnation, wie das Institut IHS Markit am Freitag zu seiner monatlichen Umfrage unter Hunderten Unternehmen aus Industrie und Dienstleistungssektor mitteilte. Demnach fiel der Einkaufsmanagerindex für die Privatwirtschaft um 3,5 Punkte auf 52,0 Zähler und damit auf den tiefsten Stand seit acht Monaten. Auch der Aufschwung in der Euro-Zone büßte im Oktober unerwartet kräftig an Tempo ein. "Die Wirtschaft wird im vierten Quartal weiter an Fahrt verlieren und wohl kaum noch zulegen", sagte Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen.

Das an den Finanzmärkten stark beachtete Barometer für den Währungsraum sackte um 1,9 auf 54,3 Punkte. Es hielt sich aber noch über der Wachstumsschwelle von 50 Zählern. "Verschärfte Lieferengpässe und die anhaltende Besorgnis hinsichtlich der Coronavirus-Pandemie sorgten dafür, dass sich das Wirtschaftswachstum der Euro-Zone im Oktober auf ein Sechs-Monatstief abschwächte", erklärte das Institut.

KOSTEN STEIGEN - FIRMEN ERHÖHEN PREISE

Firmen reichten die höheren Kosten an ihre Kunden weiter. "Aufgrund der Rekord-Verteuerung der Einkaufspreise erreichte auch der Anstieg der Verkaufspreise ein neues Rekordhoch." Die Risiken für die Konjunktur im Währungsraum dürften demnächst eher noch zunehmen, sagte Markit-Chefvolkswirt Chris Williamson. "Nach starken Zuwächsen im zweiten und dritten Quartal 2021 scheint das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts im vierten Quartal deutlich schwächer auszufallen." Im Frühjahr hatte die Euro-Wirtschaft um 2,2 Prozent zugelegt, von Reuters befragte Experten rechnen für den Sommer mit 1,9 Prozent Wachstum.

In Deutschland waren Materialengpässe und die daraus resultierende Nachfrageabschwächung im Automobilsektor laut IHS Markit auch im Oktober ein Hemmschuh für die Produktion. "Die Unternehmen im Industrie- und Dienstleistungsbereich leiden mehr und mehr unter dem Mangel an Vorprodukten und können ihre Produktion nicht wie gewünscht steigern", erläuterte DZ Bank-Chefökonom Michael Holstein. "Die hohen Energiepreise setzen die Unternehmen zusätzlich unter Druck und zwingen sie dazu, ihre Verkaufspreise ebenfalls anzuheben." Die Probleme dürften noch einige Monate andauern. Die Daten vom Oktober deuten laut IHS-Experte Phil Smith darauf hin, "dass das Wirtschaftswachstum in Deutschland zu Beginn des vierten Quartals zu stagnieren beginnt".

Am Montag legt das Münchner Ifo-Institut seine monatliche Umfrage unter rund 9000 Führungskräften vor. Diese gilt als wichtigster Gradmesser für die Entwicklung der deutschen Konjunktur. Zuletzt war das Barometer drei Mal in Folge gesunken und signalisierte damit eine Trendwende. Für Oktober rechnen Experten beim Ifo-Geschäftsklimaindex erneut mit einem Rückgang.