Von Andreas Kißler

KÖNIGSWINTER (Dow Jones)--Die sieben führenden Industrieländer (G7) wollen laut Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) den hohen Inflationsraten mit entschlossenen Maßnahmen begegnen. "Die G7 ist entschlossen, mit konsequenten Maßnahmen die Inflationsentwicklung zu stoppen und das Wachstum zu stärken", sagte Lindner nach einem Treffen der Finanzminister und Notenbankgouverneure der G7 in Königswinter bei Bonn. "Wir sehen in Inflation eine enorme Gefahr für die weitere wirtschaftliche Entwicklung und insbesondere für den wirtschaftlichen Fortschritt." Die Notenbanken hätten in dieser Zeit eine sehr große Verantwortung.

"Für die staatliche Fiskalpolitik ist klar, wir müssen raus aus immer expansiveren Politikansätzen", betonte Lindner. Es sei nicht die Zeit für staatliche Nachfragestimulierung und Subventionen. "Wir müssen unsere Defizite reduzieren, wir müssen raus aus den breit angelegten Ausgabenprogrammen, die noch zusätzlichen Druck auf die Preise auslösen." Vielmehr müsse in einer Rückkehr zu marktwirtschaftlicher Politik die Angebotsseite gestärkt werden, nötig seien Produktionswachstum und eine Ausdehnung der privaten Produktionskapazität. Lindner berichtete, dieser politische Zugang sei bei dem G7-Treffen "unisono vertreten" worden.

Bundesbankpräsident Joachim Nagel sagte, auch wenn die Fiskalpolitik wegen Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg "zu Recht in die Bresche gesprungen" sei, sollte sie nun die Neuverschuldung baldmöglichst zurückführen. "Jetzt gilt es die Inflation zu bekämpfen", betonte er. Die Zentralbanken seien gefordert und müssten dafür sorgen, dass sich der sehr starke Preisauftrieb nicht verfestige. "Das heißt, wir müssen entschlossen handeln."

Das Eurosystem habe bereits beschlossen, die Zukäufe von Anleihen zurückzuführen. "Wenn dann Nettoanleihekäufe abgeschlossen sind, womöglich kann dies im Juni der Fall sein, sehe ich dann alsbald den Zeitpunkt gekommen für eine erste Zinsanhebung", betonte er. "Das könnte möglicherweise dann schon im Juli passieren, und weitere Zinsschritte könnten dann zeitnah folgen." Für den Euroraum komme es darauf an, dass die "geldpolitische Trendwende eingeleitet" werde. Nagel betonte, die Geldpolitik müsse "wachsam bleiben" und falls nötig weitere Maßnahmen ergreifen, um mittelfristige Preisstabilität zu sichern. Negativzinsen gehörten angesichts der Situation der Vergangenheit an.

Lindner sprach sich zudem dagegen aus, etwa zur Ukraine-Hilfe weitere EU-Fonds nach dem Vorbild des Corona-Aufbaufonds der EU aufzulegen. "Deutschland lehnt weitere zusätzliche Fonds nach Vorbild 'Next Generation EU' für welchen Zweck auch immer ab", sagte er. Davon seien aber Makrofinanzhilfen zu trennen. Kritisch zeigte sich der Bundesfinanzminister auch zu einer möglichen Verlängerung der coronabedingten Ausnahmen beim EU-Stabilitätspakt. "Ich bin für eine datenbasierte Entscheidung, aus unserer Sicht sind die Daten nicht so, dass zwingend eine weitere Aufhebung der regulären Regeln des Stabilitätspaktes notwendig wäre", sagte er. "Deutschland jedenfalls wird davon keinen Gebrauch machen". Vielmehr werde kommendes Jahr die Schuldenregel des Grundgesetzes wieder eingehalten.

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May 20, 2022 10:32 ET (14:32 GMT)