BONN (dpa-AFX) - Die Deutsche Post gehört bislang zu den großen Gewinnern der Pandemie. Analysten wollen deshalb Ergebnisse sehen. Das Management hält sich aber mit überschwänglichen Prognosen noch zurück. Was bei dem Unternehmen los ist, was die Analysten sagen und was die Aktie macht.

DAS IST LOS BEIM UNTERNEHMEN:

Wenn Frank Appel Ende September für einige Tage in die USA fliegt, ist es für ihn die erste große Reise seit dem Beginn der Corona-Krise. Nicht nur das dürfte den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Post fröhlich stimmen. Auch die Nachrichten in seinem Gepäck sind alles andere als schlecht. Schließlich befindet sich die Deutsche Post auf einem guten Weg zu einem äußerst erfolgreichen Jahr.

Und doch war Appel in seiner Kommunikation zuletzt vermehrt damit beschäftigt, die Erwartungen von Anlegern und Analysten nicht weiter in die Höhe zu treiben. Die Wachstumsraten im Online-Handel seien schon deutlich höher gewesen, sagte er Anfang August. Auf einigen Märkten pendelten sich die Zahlen auf dem Vorjahresniveau ein.

Bereits vier Mal hat das Management des Dax-Konzerns dieses Jahr seine Gewinnprognose angehoben. Der letzte Stand von Anfang Juli sieht für das Gesamtjahr einen operativen Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) in Höhe von mehr als sieben Milliarden Euro vor. Rund vier Milliarden Euro davon wurden in den Monaten Januar bis Juni bereits erwirtschaftet.

Für die Analysten ist das allerdings noch zu konservativ gerechnet. Sie erwarten laut einer Erhebung der Post von Ende August im Mittel ein Ergebnis von gut 7,5 Milliarden Euro. Eine ähnliche Größenordnung sehen die dort erfassten 22 Experten auch für das nächste Jahr als realistisch an. Für 2023 erwarten sie an die 7,8 Milliarden Euro - während die Deutsche Post selbst lediglich mehr als 7,4 Milliarden Euro in Aussicht gestellt hat.

Den nächsten Hinweis darauf, wie gut es denn nun tatsächlich dieses Jahr insgesamt laufen wird, dürfte der Bericht zum dritten Quartal geben, den die Deutsche Post am 4. November veröffentlichen will.

Nun fallen die Monate Juli bis September bei dem gelben Konzern üblicherweise etwas schwächer aus. Sein Geschäft boomt am stärksten rund um Weihnachten. Doch dieses Jahr ist das anders. Die Post hat ihre Kapazitäten bereits hochgefahren, denn im Sommer lagen die Sendungsmengen schon auf dem Niveau des vom Weihnachtsgeschäft getriebenen Spitzenmonats Dezember 2019. Diese Kapazitäten im dritten Quartal nun wieder zu kürzen ergebe keinen Sinn, wenn klar sei, dass sie wenig später wieder gebraucht würden, erläuterte Finanzchefin Melanie Kreis Anfang August.

Und auch nachrichtlich war das dritte Quartal bislang alles andere als mau für die Deutsche Post. Mitte August gab der Dax-Konzern die Übernahme des Mainzer Seefrachtspezialisten J.F. Hillebrand bekannt. Die Post will damit ihr Geschäft mit dem Verschiffen von Getränken ausbauen. Den Kaufpreis von 1,5 Milliarden Euro will der Konzern aus der eigenen Kasse bezahlen. Die Zustimmung der Kartellbehörden fehlt allerdings noch.

DAS MACHT DIE AKTIE:

In den vergangenen Tagen durfte die Deutsche Post die Aufnahme in den Stoxx Europe 50 feiern. In dem Index werden 50 große europäische Unternehmen in- und außerhalb der Eurozone berücksichtigt. Im Eurozonen-Auswahlindex EuroStoxx 50 sind sie schon länger vertreten. Wichtig sind Index-Änderungen vor allem für Fonds, die Indizes real nachbilden. Dort muss dann entsprechend umgeschichtet werden, was Einfluss auf die Aktienkurse haben kann.

Post-Chef Appel wertet den Aufstieg in den Stoxx Europe 50 als Bestätigung: "In den zurückliegenden Monaten haben wir erfolgreich steigende Sendungsmengen im Onlinehandel bewältigt, die Bevölkerung mit Impfstoffen versorgt und durch die Stärkung des Welthandels zur Erholung der Weltwirtschaft beigetragen", sagte er nach dem Bekanntwerden der Aufnahme in den Index. Es sei eine bemerkenswerte Anerkennung für die Leistung des Konzerns und seiner Beschäftigten.

Zudem hat sich der Aktienkurs in den vergangenen Monaten gut entwickelt. Insgesamt wird das Unternehmen inzwischen mit knapp 72 Milliarden Euro bewertet. Vor allem die Pandemie und der mit ihr zunehmende Online-Handel hat den Kurs der Deutschen Post beflügelt. Seit dem Tief im März 2020 bei knapp über 19 Euro hat er sich verdreifacht. Allein von März bis Oktober 2020 hat er sich verdoppelt und in den vergangenen zwölf Monaten kamen noch mal 50 Prozent an Wertzuwachs dazu.

Der größte Teil davon entwickelte sich seit Beginn dieses Jahres - die Post gehört mit etwas mehr als 40 Prozent zu den größten Gewinnern im Dax. Nur die Aktie des Pharmakonzerns Sartorius, die seit Anfang der Woche (20. September) im Dax gelistet ist, verzeichnete einen stärkeren Zuwachs. Besonders steil kletterte der Kurs der Deutschen Post Aktie dieses Jahr von Anfang März bis Anfang Juni. Seitdem bewegt er sich mehr oder weniger knapp unter der 60 Euro Marke.

Die Bundesrepublik hält über die KfW immer noch rund ein Fünftel der Anteile an dem früheren Staatsmonopolisten, der seit 2000 an der Börse notiert ist. Das Paket ist derzeit knapp 15 Milliarden Euro wert und damit eine der wertvollsten Beteiligungen des Staates an einem Unternehmen. Noch mehr sind allerdings die rund 32 Prozent an der Deutschen Telekom wert - die Anteile an dem Bonner Konzern kommen derzeit auf einen Wert von rund 26 Milliarden Euro.

Beide Beteiligungen könnten nach der Wahl in den Blickpunkt geraten, wenn die neue Bundesregierung mit einem Teilverkauf zum Beispiel die Kosten für Corona-Hilfsmaßnahmen finanzieren will - vor allem dann, wenn die FDP mit an der Regierung ist. FDP-Chef Christian Lindner hatte immer wieder gefordert, dass die Bundesrepublik sich von den Aktien trennen soll.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

So stark sich die Aktie entwickelt hat, so positiv sehen die Studien der Analysten aus. Im Schnitt peilen die 16 von dpa-AFX erfassten Experten ein Kursziel von etwas mehr als 66 Euro an. Das sind rund 14 Prozent mehr als der Schlusskurs vom Montag und über fünf Euro mehr als das Rekordhoch von Ende August bei 61,38 Euro.

Am optimistischen zeigt sich Andy Chu von der Deutschen Bank. Nach seiner Einschätzung dürfte die Ergebnisentwicklung im sogenannten Superzyklus der Logistikbranche erst 2022 ihren Höhepunkt erreichen.

Der pessimistischste Gegenpart ist mit Abstand Andre Mulder von der Investmentbank Kepler Cheuvreux. Sein Kursziel von 38,00 Euro stammt einerseits schon von Anfang Juli, andererseits hatte er es damals im Anschluss an die Halbjahreszahlen bekräftigt. Er zeigte sich allerdings vor allem angesichts des Unternehmensbereichs Post & Paket enttäuscht.

Alle weiteren Analysten bewegen sich mit ihren Kurszielen in einer Spanne von 58 bis 72 Euro. Wobei von den 16 Experten gleich 14 zum Kauf der Post-Aktie raten. Keiner rät zum Verkauf, nur zwei Analysten zum Halten./lew/ngu/stw/zb