WARSCHAU (dpa-AFX) - Eine vom polnischen Parlament gebilligte Änderung des Rundfunkgesetzes belastet das Verhältnis zwischen Warschau und Washington. US-Außenminister Antony Blinken sagte, sein Land sei "tief beunruhigt" über das Gesetz. Er forderte die Regierung in Warschau auf, ihren Einsatz für demokratische Werte und Pressefreiheit unter Beweis zu stellen. Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki wies die Ermahnung aus Washington am Donnerstag zurück. Kritik kam auch vom Präsidenten des EU-Parlaments sowie von Journalistenverbänden. Das Parlament in Warschau hatte am Mittwochabend mehrheitlich für den umstrittenen Gesetzentwurf der nationalkonservativen Regierungspartei PiS gestimmt.

Die Änderung sieht vor, dass künftig in Polen Rundfunklizenzen nur noch dann an Ausländer vergeben werden dürfen, wenn diese "ihre Zentrale oder ihren Wohnsitz im Bereich des Europäischen Wirtschaftsraums haben". Zusätzlich gilt die Bedingung, dass der Lizenznehmer nicht von jemandem abhängig sein darf, der Zentrale oder Wohnsitz außerhalb dieses Wirtschaftsraums hat. Nach Ansicht von Kritikern zielt das Gesetz auf den Privatsender TVN, der über eine in den Niederlanden registrierte Holding Teil des US-Konzerns Discovery ist. Der Nachrichtensender TVN24 vertritt eine PiS-kritische Linie.

Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki entgegnete auf Blinkens Kritik, die Experten in Washington sollten erstmal genau analysieren, worum es eigentlich gehe. "Es gibt hier keine Absichten in Bezug auf konkrete Fernsehsender." Vielmehr sei in Absicht, die Regelungen so lückenlos zu machen, dass Firmen von außerhalb der EU sich nicht beliebige Medien in Polen kaufen könnten. Das Verhältnis zwischen Polen und den USA ist traditionell gut, hatte sich mit dem Wechsel vom ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump zu Joe Biden zuletzt aber abgekühlt.

Der Präsident des Europaparlaments, David Sassoli, bezeichnete das Gesetz hingegen als ernstzunehmende Gefahr für das unabhängige Fernsehen im Land. "Es kann keine Freiheit ohne freie Medien geben", schrieb er auf Twitter. Die Novelle sei ein "Sargnagel für die Reste der Presse- und Rundfunkfreiheit in Polen", erklärte der Bundesvorsitzenden des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), Frank Überall. Der DJV appellierte an den Senat, die zweite Kammer des polnischen Parlaments, das Gesetz zu stoppen.

Beschlossene Sache ist die Gesetzesänderung nämlich noch nicht. Nachdem die erste Kammer des Parlaments, der Sejm, die Novelle gebilligt hat, geht sie nun an die zweite Kammer, den Senat. Hier hat die Opposition das Sagen. Der Senat kann das Gesetz ablehnen - ein Nein kann der Sejm dann allerdings überstimmen.

Am Konflikt um die Novelle war zuvor Polens nationalkonservatives Regierungsbündnis zerbrochen. Morawiecki entließ am Dienstag seinen Stellvertreter Jaroslaw Gowin. Dessen Gruppierung Porozumenie kündigte daraufhin ihre Zusammenarbeit mit der PiS auf. Diese muss künftig versuchen, eine Minderheitsregierung zu führen./dhe/DP/zb