London (Reuters) - Die Bank von England (BoE) treibt den Leitzins im Kampf gegen die hartnäckig hohe Inflation immer weiter in die Höhe.

Die Londoner Notenbank erhöhte den geldpolitischen Schlüsselsatz am Donnerstag um einen Viertel Prozentpunkt auf 4,25 Prozent. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten damit gerechnet. Es war bereits die elfte Anhebung in Folge. Die Entscheidung, die Serie nun fortzusetzen, war jedoch vor dem Hintergrund der jüngsten Turbulenzen im globalen Finanzsektor intern umstritten: Die Befürworter setzten sich mit sieben zu zwei Stimmen im geldpolitischen Ausschuss (MPC) durch. Die beiden Währungshüterinnen Swati Dhingra and Silvana Tenreyro plädierten für eine Zinspause.

Die Notenbank hält sich mit Blick auf den Preisauftrieb die Tür für weitere Zinsschritte offen. Der MPC will dabei insbesondere auch die von Personalmangel geprägte Lage auf dem Arbeitsmarkt und die Entwicklung des Lohnwachstums im Auge halten. Wenn sich dabei Anzeichen für einen Inflationsdruck hartnäckiger Natur ergeben sollten, sei eine weitere Straffung der Geldpolitik erforderlich.

Die Londoner Währungshüter um BoE-Chef Andrew Bailey standen unter Zugzwang, da die Teuerungsrate zuletzt überraschend stieg: Mit 10,4 Prozent liegt sie weit über dem Ziel der Währungshüter von 2,0 Prozent. Auch die Konjunkturaussichten sind nicht rosig. Viele Fachleute gehen davon aus, dass Großbritannien nicht um eine Rezession herumkommt.

"AUF SICHT FAHREN"

Die jüngsten Turbulenzen im Bankensektor stellten zwar einen zusätzlichen Unsicherheitsfaktor für die Konjunktur dar und könnten den Inflationsdruck mittelfristig mildern, meint LBBW-Ökonom Elmar Völker. Die hartnäckig hohe Teuerung zeige jedoch, dass es fahrlässig wäre, davon auszugehen, dass das Inflationsproblem von selbst verschwinde. Die BoE behalte daher ihre Neigung zu weiteren Zinsanhebungen bei: "In der Gesamtschau dürfte sie nunmehr weitgehend auf Sicht fahren."

Helaba-Experte Ralf Umlauf verweist darauf, dass die Turbulenzen im Finanzsektor das Vereinigte Königreich bislang zwar nicht direkt betroffen haben. "Dennoch wird die Bank von England wie auch andere internationale Notenbanken das Thema genauestens im Blick behalten." Finanzminister Jeremy Hunt kündigte jüngst an, im Herbst Pläne zur Stärkung des Finanzsektors vorstellen zu wollen, der in London eine tragende Rolle spielt. Es gehe um Maßnahmen, um Investitionen zu fördern und die Londoner Börse LSE attraktiver zu machen. Die Pleite der US-Bank SVB hatte auch Auswirkungen auf Großbritannien. Um Verwerfungen einzugrenzen, wurde die britische SVB-Tochter eilig von der Großbank HSBC gekauft.

(William Schomberg, David Milliken, geschrieben von Reinhard Becker, redigiert von Hans Seidenstücker; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)