Von Catherine Stupp

STUTTGART (Dow Jones)--Der deutsche Automobilhersteller Porsche entwickelt feinmaschige Datenschutzeinstellungen für seine Luxusautos. Das ist Teil einer neuen Strategie, um das Vertrauen der Kunden zu stärken. Porsche ermöglicht es den Fahrern, ihre persönlichen Daten nicht mehr mit dem Unternehmen zu teilen. Dadurch will der Vorstand weg von der verbreiteten Art und Weise, wie die Konkurrenten in der Automobilbranche mit Fahrerdaten umgehen.

Der globale Datenschutzplan von Porsche legt den Schwerpunkt auf die Kontrolle durch den Fahrer sowie auf die Transparenz darüber, warum das Unternehmen bestimmte Daten abfragt, wie lange sie gespeichert werden und welche Geschäftspartner darauf zugreifen dürfen. Die Sportwagenmarke, die zum Volkswagen-Konzern gehört, möchte die Dienste für die Fahrer individuell anpassen, so Christian Völkel, oberster Datenschutzbeauftragter von Porsche.

Fahrer können Details wie den Ladezustand ihres Fahrzeugs und Statistiken über frühere Fahrten in einer mobilen App einsehen, wenn sie der Erfassung ihrer Fahrzeugdaten zustimmen. "Es ist nicht unser Geschäft, Daten zu verkaufen und mit den Daten unserer Kunden Geld zu verdienen. Unser Geschäftsziel ist es, aus den Daten bessere Dienstleistungen und Produkte zu machen."


   Fahrerdaten sind bare Münze wert 

Über ein "Datenschutzmodus"-Menü auf dem Dashboard können Kunden ihre Zustimmung zur Verarbeitung ihrer persönlichen Daten durch Porsche oder zur Weitergabe an Drittanbieter so oft sie wollen erteilen oder widerrufen. Diese Funktion unterscheidet sich von den Einstellungen vieler anderer Unternehmen, die ihre Kunden nur bei der Einrichtung ihres Profils fragen, ob sie ihre Daten weitergeben wollen, und kein Menü anbieten, in dem sie ihre Entscheidungen jederzeit überprüfen können.

"Sie werden nicht so viele Dienste großer Anbieter finden, bei denen Sie sehen können, wie lange die Daten verarbeitet und gespeichert werden", erläutert Völkel weiter. Mit einer einzigen Einstellung werde die Sammlung persönlicher Daten gestoppt. Kunden könnten ihre Einstellungen mit ihrer Porsche-ID speichern, um Präferenzen in Fahrzeugen und mobilen Apps zu registrieren. Die Benutzer seien in der Lage, die gleichen Datenschutzeinstellungen automatisch anzuwenden, wenn sie einen Porsche auf Reisen mieteten.

Moderne Autos sammeln erhebliche Mengen an persönlichen Daten über die Vorlieben der Fahrer. Laut dem Marktforschungsunternehmen Gartner wird der weltweite Marktwert für vernetzte Fahrzeugdaten im Jahr 2021 auf etwa 17 Millionen US-Dollar geschätzt. Davon gingen 2 Millionen Dollar auf das Konto persönlicher Daten und 15 Millionen Dollar für aggregierte, anonymisierte Daten. Diese Zahl werde bis 2030 weltweit auf etwa 11 Milliarden Dollar anwachsen, wobei 9 Milliarden Dollar auf personenbezogene Daten entfallen, so Gartner.

Automobilhersteller und andere Unternehmen, darunter auch Telekommunikationsfirmen, sind Partnerschaften eingegangen, um von den Daten zu profitieren. Das erfolgt, indem sie ihren Kunden Dienste wie detaillierte Verkehrs-, Wetter- oder Unterhaltungssysteme anbieten. Einige Unternehmen verkaufen anonymisierte Daten über digitale Marktplätze an andere Unternehmen, um mit Fahrerdaten Geld zu verdienen, nachdem sie persönliche Details entfernt haben, mit denen Einzelpersonen identifiziert werden könnten.


   Datenschutzregeln in Europa haben Biss 

In Europa ist die Umwandlung von Fahrzeugdaten in einen Dienst mit rechtlichen Risiken verbunden. Mehrere Datenschutzgesetze, darunter die strenge Datenschutzgrundverordnung (DSGV), schreiben vor, dass Unternehmen die Zustimmung der Kunden einholen müssen, wenn ihre Daten für einen bestimmten Dienst verwendet werden sollen.

Privatsphärenbewusste Autofahrer könnten sich gegen Dienste entscheiden, die beispielsweise verraten, wo sie fahren oder parken, und Datenschützer haben die GPS-Ortung in internetvernetzten Autos kritisiert. Im Jahr 2020 empfahl der Europäische Datenschutzausschuss, die Dachorganisation der Regulierungsbehörden der EU-Länder, den Autoherstellern verstärkte Datenschutzmaßnahmen, einschließlich einer erweiterten Verschlüsselung biometrischer Daten.

Eine ordnungsgemäße Zustimmung zu erhalten, sei schwierig, erläutert Stefan Brink, der Datenschutzbeauftragte in Baden-Württemberg. Autofirmen müssten in der Lage sein, zwischen den verschiedenen Fahrern, die dasselbe Fahrzeug benutzen, zu unterscheiden. Und ein und derselbe Fahrer könne unterschiedliche Präferenzen haben, je nach Art der Daten und wohin diese Daten gingen. Die Weitergabe von Informationen an einen Infotainment-Anbieter mag in Ordnung sein, die Aufzeichnung von Details über Fahrstil und Geschwindigkeit hingegen nicht, sagt Brink. Ein Auto könne es Unternehmen ermöglichen, "sehr tief in ihr Privatleben einzudringen".


   Porsche-Fahrer sollen maßgeschneidertes Datenschutzpaket erhalten 

Bei Porsche hat Völkels Team von Datenschutzexperten mit Brinks Büro zusammengearbeitet, um ein neues Datenschutzgesetz zu verstehen, das im Dezember in der Region in Kraft trat. Unternehmen, die Websites und Telekommunikationsdienste wie intelligente Geräte und vernetzte Autos betreiben, müssen für jeden von ihnen angebotenen Dienst, der personenbezogene Daten verwendet, eine Einwilligung einholen.

Völkel zeigte der Aufsichtsbehörde die Datenschutzmenüs in den Autos und Apps von Porsche und bat um Rat, wie das Unternehmen die Zustimmungsregeln einhalten kann, ohne die Fahrer vor jeder Fahrt mit Fragen zum Datenschutz zu überfordern. Der Vorstand des Unternehmens genehmigte 2021 18 datenschutzbezogene Ziele, die sich auf die Grundsätze, Ziele und die Datenschutzorganisation von Porsche konzentrieren, so ein Sprecher.

Ein Ziel ist, dass der Datenschutz Teil des Kundenerlebnisses ist, und Porsche wird "bequeme datenschutzbezogene Dienste für den Kunden anbieten, die eine individuelle Konfiguration seiner Privatsphäre ermöglichen", sagt er weiter. Die globale Datenschutzstrategie des Unternehmens basiert unter anderem auf einer 2019 in Deutschland gestarteten Kundenbefragung. Porsche bereitet jetzt auch die Befragung von Kunden in den USA und China vor.

Porsches detaillierter Ansatz für den Umgang mit Einwilligungen und sein Versprechen, sein Geschäft nicht darauf auszurichten, direkt von Fahrerdaten zu profitieren, hebt das Unternehmen von seinen Konkurrenten ab, meint Stefan Hessel von der Reusch Rechtsanwaltsgesellschaft. "Für viele Hersteller gewinnen die Fahrzeugdaten an Bedeutung und werden Teil des Business Case."

Dennoch braucht das Unternehmen Daten, insbesondere bei der Entwicklung autonomer Fahrzeuge. Porsche arbeitet mit der Volkswagen-Tochter Cariad zusammen, die gemeinsam mit dem Automobilzulieferer Bosch an der Entwicklung einer serientauglichen Selbstfahrtechnologie tüftelt. Solche Systeme mit künstlicher Intelligenz benötigen große Datenmengen, um Algorithmen zu trainieren.

Deshalb ist die Initiative von Porsche wichtig, das Vertrauen der Fahrer zu gewinnen und sie davon zu überzeugen, Informationen mit Sicherheitsvorkehrungen zu teilen, so Völkel. "Es gibt keine Innovationen ohne Daten."

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May 20, 2022 10:07 ET (14:07 GMT)