KÖLN/PRAG (dpa-AFX) - Beim Neustart des europäischen Flugverkehrs nach Corona setzt die Lufthansa-Tochter Eurowings auf Niedriglöhne in Osteuropa. An der neuen Basis Prag sollen Flugbegleiter in einem verpflichtenden Teilzeitmodell mit 92 Prozent Arbeitszeit ein monatliches Grundgehalt von 857 Euro erhalten. Bei 14 Gehältern ergibt sich daraus ein Jahresgrundgehalt von 12 000 Euro brutto. Entsprechende Hinweise in sozialen Medien bestätigte das Unternehmen am Mittwoch in Köln.

In Prag will Eurowings zunächst zwei und ab dem kommenden Sommer drei Jets stationieren und die Crews nach regionalen Konditionen bezahlen. Zu den Grundgehältern kommen noch variable Bestandteile und Spesen, so dass laut Eurowings Jahresgehälter von 20 000 bis 23 000 Euro brutto zu erwarten seien. Das entspreche "lokal marktüblichen Konditionen" und sei in Tschechien auf große Resonanz gestoßen. Im September hatte Eurowings von mehr als 6000 Bewerbungen auf zunächst rund 100 Jobs berichtet. Der Erstflug ab Prag soll am 31. Oktober ins britische Bristol gehen.

Die Gewerkschaft Verdi kritisierte den Billigkurs des Unternehmens. Die von Eurowings Europe angebotenen Gehälter lägen noch weit unter den nur temporär abgesenkten Tarifen bei der Ryanair-Tochter Malta Air (1350 Euro Grundgehalt) und erst recht unter denen bei der deutschen Eurowings-Teilgesellschaft mit mindestens 1805 Euro, erklärte ein Sprecher in Berlin.

Der Lufthansa-Ferienflieger will sein Geschäft auch ins zahlungskräftige Nordeuropa ausdehnen. Zu Ende März kommenden Jahres soll eine neue Basis mit zunächst fünf Flugzeugen in Stockholm eröffnen. Zum Start suche man dort 150 neue Crew-Mitglieder, wobei zu den Tarifdetails zunächst noch nichts bekannt ist. Stockholm wird damit ab dem Sommerflugplan 2022 zum elften Eurowings-Standort in Europa. Neben sechs deutschen Flughäfen gibt es dann Basen in Palma de Mallorca, Prag, Pristina, Salzburg und Stockholm.

Verdi-Experte Emilio Rezzonico befürchtet eine verschärfte Kosten-Konkurrenz innerhalb des Lufthansa-Konzerns zwischen den einzelnen Gesellschaften und Flugbetrieben (AOC). Er erklärte: "Wir beobachten seit geraumer Zeit mit Sorge die Verschiebung von Flugaufkommen zwischen den verschiedenen Unternehmen innerhalb der LH-Gruppe. Das passiert auf nationaler und internationaler Ebene. Lufthansa schafft damit eine künstliche Konkurrenz zwischen den Beschäftigten der einzelnen Gesellschaften und Standorte und übt Druck auf Sozialstandards aus."

Gemeinsam mit Partnerorganisationen in der Schweiz, in Österreich und Tschechien fordere man die verbindliche Definition von Mindeststandards in der Lufthansa Gruppe, sagte der Verdi-Vertreter. Eurowings will hingegen lokale Tarifverträge in den verschiedenen europäischen Märkten, wie eine Sprecherin erklärte./ceb/DP/jha