Frankfurt (Reuters) - Schwache Wirtschaftszahlen aus China und Deutschland machen die Anleger an den europäischen Börsen nervös.

Für schlechte Laune sorgten unter anderem der Einbruch bei chinesischen Exporten und die stockende Erholung der deutschen Industrie. Die Ausfuhren der Volksrepublik fielen im Mai im Jahresvergleich um 7,5 Prozent, die Experten hatten mit einem Rückgang um 0,4 Prozent gerechnet. "Die schwachen chinesischen Exporte zeigen einmal mehr, wie sehr die Weltwirtschaft aktuell schwächelt. Die Nachfrage ist im Moment einfach nicht da", sagte Thomas Altmann, Portfoliomanager beim Vermögensverwalter QC Partners. Die deutschen Industriekonzerne stellten im April ebenfalls nur 0,3 Prozent mehr her als im Vormonat, die Experten hatten mit einem Anstieg von 0,6 Prozent gerechnet. Auch die OECD traut der deutschen Wirtschaft in diesem Jahr kein Wachstum zu, sondern erst wieder 2024.

TÜRKISCHE LIRA MIT GRÖSSTEM TAGESVERLUST SEIT 2021

Die Talfahrt der türkischen Lira ging unterdessen trotz der Nominierung von Mehmet Simsek zum türkischen Finanzminister weiter. Dabei verzeichnet sie den größten Tagesverlust seit zwei Jahren. Dollar und Euro steigen im Gegenzug um jeweils gut sieben Prozent auf Rekordhochs von 23,139 beziehungsweise 24,752 Lira. Simsek hatte am Wochenende die Rückkehr seines Landes zu "rationalen Grundlagen" in der Wirtschafts- und Finanzpolitik angekündigt. Die Türkei kämpft mit hoher Inflation, die im vergangenen Jahr zeitweise bei mehr als 85 Prozent lag. Als ein Grund dafür gilt, dass die Zentralbank den Leitzins nicht gemäß der ökonomischen Lehre angehoben, sondern auf Wunsch von Präsident Recep Tayyip Erdogan gesenkt hat.

Analysten zufolge waren die Investoren skeptisch, ob die Einberufung von Simsek die Lira stabilisiert. "Die Amtsvergabe ist eine vielleicht notwendige, aber keinesfalls hinreichende Bedingung für einen tatsächlichen dauerhaften U-Turn in der Geldpolitik", sagte Commerzbank-Experte Ulrich Leuchtmann. So könnten Währungshüter im allerbesten Fall kurzfristige Zinserhöhungen durchsetzen, nicht aber eine dauerhafte Wende zu einer stabilitätsorientierten Geldpolitik.

Auch der Bitcoin weitete seine Verluste aus. Die wichtigste Cyber-Devise verlor knapp ein Prozent auf 26.709 Dollar. Einen Tag nach der Klage gegen die weltgrößte Kryptobörse Binance hatte die US-Börsenaufsicht (SEC) den Rivalen Coinbase am Dienstag vor Gericht gezerrt. "Die kommenden Tage und Wochen dürften für Anleger nervenaufreibend bleiben. Gut möglich, dass weitere Größen ins Visier der Behörden genommen werden", sagte Timo Emden vom Analysehaus Emden Research.

ZARA-MUTTER INDITEX NACH ZAHLEN IM AUFWIND

Bei den Einzelwerten stieg die E.ON-Aktie um gut zwei Prozent. Die Bundesnetzagentur will den Strom- und Gasnetzbetreibern höhere Renditen einräumen. Gefragt waren auch Aurubis, die um mehr als drei Prozent kletterten. Die Experten vom Analysehaus Baader Helvea haben die Titel von Europas größter Kupferhütte auf "Buy" nach zuvor "Add" heraufgestuft.

An der Madrider Börse beflügelten starke Quartalszahlen die Zara-Mutter Inditex. Die Aktien springen um 5,6 Prozent auf ein Sechs-Jahres-Hoch von 33,60 Euro. Der spanische Moderiese konnte mit ihrer Frühjahrsmode trotz Inflation bei den Kunden weiter punkten. Im Zeitraum Februar bis April schnellte der Nettogewinn um 54 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro. Analysten hatten lediglich mit einem Gewinn von 980 Millionen Euro gerechnet.

In London treibt die Aussicht auf eine Fusion die Aktien von Vodafone an. Die Papiere des Mobilfunkanbieters springen um 2,7 Prozent in die Höhe. Der Konzern führt Insidern zufolge Gespräche über die Übernahme der britischen Sparte des Hongkonger Rivalen CK Hutchison.

(Bericht von Zuzanna Szymanska, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)