Zürich (awp) - Der Schweizer Aktienmarkt hat am Freitag seine Talfahrt fortgesetzt und damit auch die gesamte Handelswoche tief im Minus beendet. Der Leitindex SMI sank kurzzeitig gar unter die Marke 10'100 Punkten und damit auf den tiefsten Stand seit dem November 2020. Die restriktive Zinspolitik der Notenbanken und die Furcht vor dem Abgleiten in eine Rezession zerrten an den Nerven der Anleger, hiess es im Handel.

Angesichts einer "Zinswende in noch nie dagewesenem Tempo" blieben viele Investoren dem Aktienmarkt derzeit lieber fern, kommentierte ein Marktanalyst. Die stark steigenden Zinsen machten Aktien zudem gegenüber Anleihen immer unattraktiver. Die Rendite für US-Staatsanleihen kletterte am Freitag auf den höchsten Stand seit 12 Jahren. Dazu komme die Eskalation im Krieg in der Ukraine mit der Teilmobilmachung in Russland und den Scheinreferenden in den besetzten Gebieten, hiess es weiter. Dies zeige, dass der Initiator des Krieges mit dem Rücken zur Wand stehe und damit noch unberechenbarer werde.

Der SMI schloss um 1,55 Prozent tiefer bei 10'137,78 Punkten, nachdem er am Mittag ein neues Jahrestief bei 10'091,87 Punkten markiert hatte. Im Wochenvergleich verlor der Leitindex 4,5 Prozent. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, verlor 2,04 Prozent auf 1525,87 und der breite SPI gab 1,50 Prozent auf 13'014,96 Zähler nach. Von den 30 SLI-Werten schlossen 29 im Minus und nur einer im Plus.

Im Fokus standen die Aktien der kriselnden Grossbank Credit Suisse, die bis Handelsschluss um 12,4 Prozent auf 4,07 Franken absackten und sich damit der Marke von 4 Franken annäherten. Begonnen hatte die Abwärtsbewegung schon am Donnerstag im späten Handel, nachdem Reuters über Gespräche des CS-Managements mit Grossinvestoren über eine mögliche Kapitalerhöhung berichtet hatte. Derweil brodelt die Gerüchteküche zu den Restrukturierungsmassnahmen weiter, welche die CS Ende Oktober vorlegen will. Belastend wirkte auch ein "Financial Times"-Bericht über Schwierigkeiten der federführenden Banken - darunter der CS - bei der Buyout-Finanzierung eines US-Softwareunternehmens.

Auch die weiteren Finanzwerte präsentierten sich sehr schwach, darunter die Titel der Konkurrentin UBS (-4,9%) und des Vermögensverwalters Julius Bär (-3,6%). Deutlich abwärts ging es auch mit den Versicherungstiteln Swiss Life (-4,9%), Zurich (-3,4%) sowie Swiss Re (-2,8%). Der Leiter der Swiss Re-Sparte Rückversicherungen bekräftigte im AWP-Interview das steigende Risiko aus Naturkatastrophen. Er rechnete allerdings auch für 2023 mit weiter steigenden Preisen im Rückversicherungsgeschäft.

Grosse Abgaben erlitten auch einige typische Zykliker, darunter die gebeutelten Technologie-Titel von AMS-Osram (-7,7%), die Aktien des Personalvermittlers Adecco (-4,0%) und jene des Zementkonzerns Holcim (-3,5%). Weniger stark erwischte es die Luxusgüterwerte Swatch (-2,1%) und Richemont (-1,4%). In einer Branchenstudie empfahlen die Analysten von Goldman Sachs beide Titel weiterhin zum Kauf.

Besser hielten sich vor allem die defensiven SMI-Schwergewichte. So gaben die Titel der Basler Pharmakonzerne Novartis (-0,9%) und Roche (-0,7%) weniger stark nach als der Markt und Nestlé (-0,3%) schlossen nur knapp im Minus - die Aktien des Nahrungsmittelkonzerns blieben ein "Fels in der Brandung", lobte ein Handelshaus.

Mit Gewinnen schlossen im SMI/SLI einzig die Aktien des Aromen- und Duftstoffspezialisten Givaudan (+2,5%). Die Vontobel-Analysten hatten am Freitag ihre Kaufempfehlung für die Titel bekräftigt.

Am breiten Markt gingen Huber+Suhner (-2,2%) nach ihrem Kapitalmarkttag ebenfalls im Minus aus dem Handel, obwohl der Verbindungstechnikspezialist seine Ziele trotz der konjunkturellen Unsicherheiten bestätigte. Derweil setzten die Zur Rose-Aktien (-7,3%) ihre Talfahrt der vergangenen Tage fort.

tp/tv