Von Herbert Rude

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Talfahrt an den europäischen Aktienmärkten beschleunigt sich: Der DAX verliert am Donnerstagmittag 2,0 Prozent auf 13.726 Punkte und der Euro-Stoxx-50 büßt 2,4 Prozent auf 3.602 Punkte ein. An der Wall Street hatten Dow Jones und S&P-500 am Mittwoch bereits die stärksten Tagesverluste seit etwa zwei Jahren erlitten. Auf die Stimmung drückt die Sorge, die Zentralbanken könnten die Zinsen wegen der Inflation so stark erhöhen, dass die Weltwirtschaft in eine Rezession oder Stagflation rutscht. "Und aus Angst vor Bremsspuren beim Wirtschaftswachstum und den Unternehmensgewinnen werden Aktien verkauft", sagt Marktstratege Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners.

Bei den US-Konjunkturdaten am Nachmittag dürften somit die Preis- und Lohnkosten-Komponenten der diversen Indikatoren im Blick stehen. Das gilt vor allem für den Philly-Fed-Index, den Konjunkturindex der Notenbankfiliale in Philadelphia, und für die Frühindikatoren.


   Alle großen Sektorenindizes im Minus 

Bei den europäischen Branchen liegen alle Stoxx-Sektoren-Indizes mehr oder weniger deutlich im Minus. Am besten hält sich noch der Index der Versorgertitel, der sich mit einem Abschlag von lediglich 0,2 Prozent knapp behauptet. Er gilt als vergleichsweise konjunkturunabhängig, genau wie die Pharma-Aktien, deren Index 1,3 Prozent verliert und damit zumindest etwas glimpflicher davon kommt als der Gesamtmarkt. Am stärksten nach unten geht es mit den Indizes der Nahrungsmittel- und Getränke-Aktien sowie mit den Finanzdienstleistern, wobei die Indexveränderungen allerdings von zahlreichen Dividendenabschlägen verzerrt werden. Im Unterschied zum deutschen Leitindex DAX werden die Stoxx-Indizes nicht um die Dividenden bereinigt. Im DAX werden am Donnerstag Deutsche Börse und SAP ex Dividende gehandelt.

Größte Verlierer im DAX sind somit Deutsche Post mit einem Minus von 3,5 Prozent. Grund ist unter anderem ein Minus von 13 Prozent im Kurs von Royal Mail in London. Das Paketgeschäft sei von der Coronakrise getrieben worden und habe den Aktienkurs nach oben geschoben, heißt es von AJ Bell. Jedoch bedrohten inflationäre Entwicklungen nun diesen Fortschritt und auch Arbeitsfrieden sei in Gefahr. Die Lohnerhöhungen könnten nicht mit dem allgemeinen Preisanstieg mithalten und auch die Aufforderung zu mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit, inklusive Sonntagsarbeit, kämen bei den Beschäftigten nicht gut an, heißt es weiter.

Auch Adidas und Covestro geben jeweils mehr als 3 Prozent ab. Auf der anderen Seite steigen Zalando um 2,1 Prozent. RWE ziehen um 1 Prozent an auf 42,96 Euro, nachdem die Deutsche Bank das Kursziel auf 52 von 48 Euro erhöht hat.

Im SDAX fallen Ceconomy um 7,1 Prozent. Dem Handelsunternehmen machten die sich eintrübende Verbraucherstimmung, höhere Kosten und weltweite Lieferkettenprobleme bei Unterhaltungselektronik zu schaffen, heißt es von Seiten der Baader-Bank. Sie rät weiterhin zum "Reduzieren" der Ceconomy-Aktien.


   Dufry profitiert von Wiederbelebung des Reisegeschäfts 

Ordentliche Geschäftszahlen und optimistische Prognosen hat Duty-Free-Shop-Betreiber Dufry (-1,2%) vorgelegt. "Die Nach-Corona-Erholung zeigt sich auch hier deutlich", sagt ein Händler. Per Ende März seien 85 Prozent der Ladengeschäfte wieder geöffnet gewesen, was rund 90 Prozent des Umsatzpotenzials aus 2019 darstelle. Im Ausblick spricht Dufry von einer Fortsetzung des positiven Trends.

Gut kommt der Ausblick von Clariant an, die Aktien können sich allerdings dem Abwärtsdruck nicht entziehen und geben 2,8 Prozent ab. Für das Gesamtjahr 2022 strebt Clariant ein starkes LC-Wachstum bei gleichzeitiger Steigerung der EBITDA-Margen an.


   DWS wird Interesse an AGI nachgesagt 

Die Deutsche-Bank-Tochter DWS sei an einer Übernahme der Allianz-Fondstochter Allianz Global Investors (AGI) interessiert, sollte sich die Allianz offen für einen Verkauf zeigen, berichtet das Handelsblatt aus Kreisen. Denn nach dem Ende der Ermittlungen in den USA wegen fehlgeschlagener Hedgefonds-Strategien stelle sich bei der Allianz die Frage nach der Zukunft von AGI. Der seit zwei Jahren laufende Umstrukturierungsprozess könnte durch die Krise beschleunigt werden und vielleicht sogar in einer Übernahme durch einen Konkurrenten münden. Ein anderes Szenario sei eine Verschmelzung der AGI mit dem zweiten hauseigenen Vermögensverwalter der Allianz, dem amerikanischen Anleihehaus Pimco. Sowohl DWS als auch Allianz fallen um 2,8 Prozent.

Gegen den schwachen Markt legen Schoeller-Bleckmann in Wien um 6 Prozent zu. Der Ölfeld-Ausrüster hat starke Geschäftszahlen für das erste Quartal vorgelegt. Der Auftragseingang wurde mehr als verdoppelt, der Umsatz legte um 70 Prozent zu. Im Ausblick spricht Schoeller von einer weiter steigenden Dynamik im ersten Quartal. Durch den Ukraine-Krieg würden weltweit wieder stärkere Investitionen in den Ölsektor vorgenommen.


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Aktienindex              zuletzt      +/- %       absolut      +/- % YTD 
Euro-Stoxx-50           3.602,28      -2,4%        -88,46         -16,2% 
Stoxx-50                3.519,51      -2,2%        -80,51          -7,8% 
DAX                    13.725,71      -2,0%       -282,05         -13,6% 
MDAX                   28.613,15      -1,7%       -488,33         -18,5% 
TecDAX                  2.987,25      -1,8%        -54,43         -23,8% 
SDAX                   12.958,20      -1,8%       -233,44         -21,1% 
FTSE                    7.252,94      -2,5%       -185,15          +0,7% 
CAC                     6.213,38      -2,2%       -139,56         -13,1% 
 
Rentenmarkt              zuletzt                  absolut        +/- YTD 
Dt. Zehnjahresrendite       0,94                    -0,09          +1,12 
US-Zehnjahresrendite        2,83                    -0,06          +1,32 
 
DEVISEN                  zuletzt      +/- %  Do, 9:27 Uhr  Mi, 17:20 Uhr   % YTD 
EUR/USD                   1,0504      +0,4%        1,0473         1,0500   -7,6% 
EUR/JPY                   134,12      -0,1%        134,38         134,79   +2,5% 
EUR/CHF                   1,0268      -0,7%        1,0289         1,0377   -1,0% 
EUR/GBP                   0,8467      -0,1%        0,8480         0,8464   +0,8% 
USD/JPY                   127,68      -0,5%        128,37         128,36  +10,9% 
GBP/USD                   1,2404      +0,5%        1,2350         1,2404   -8,3% 
USD/CNH (Offshore)        6,7766      -0,0%        6,7832         6,7681   +6,6% 
Bitcoin 
BTC/USD                28.967,63      -0,6%     29.211,40      28.941,58  -37,3% 
 
ROHÖL                    zuletzt  VT-Settl.         +/- %        +/- USD   % YTD 
WTI/Nymex                 107,70     109,59         -1,7%          -1,89  +46,8% 
Brent/ICE                 108,12     109,11         -0,9%          -0,99  +42,3% 
 
METALLE                  zuletzt     Vortag         +/- %        +/- USD   % YTD 
Gold (Spot)             1.827,52   1.816,61         +0,6%         +10,91   -0,1% 
Silber (Spot)              21,46      21,42         +0,2%          +0,04   -8,0% 
Platin (Spot)             939,32     938,90         +0,0%          +0,42   -3,2% 
Kupfer-Future               4,19       4,18         +0,2%          +0,01   -6,0% 
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Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

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May 19, 2022 06:33 ET (10:33 GMT)