London/Paris/Berlin (Reuters) - Großbritannien pocht auf Ausnahmen für seine Banken bei der geplanten weltweiten Steuerreform.

Finanzminister Rishi Sunak befürchte sonst Nachteile für global agierende Institute mit Sitz in London, berichtete die Zeitung "Financial Times" (FT) mit Verweis auf Informationen aus dem Umfeld der Verhandlungen. Ein Insider sagte der Nachrichtenagentur Reuters, die Industriestaaten-Organisation OECD, die die Pläne für die Steuerreform koordiniert, habe schon 2020 vorgeschlagen, dass es Ausnahmen für Banken geben könnte.

Die sieben führenden Industrienationen (G7), zu denen auch Großbritannien zählt, hatten sich am Wochenende auf ein Grundgerüst für die Steuerreform verständigt. Herzstück ist eine Mindeststeuer für Großkonzerne in Höhe von mindestens 15 Prozent. Außerdem sollen bei den 100 größten und profitabelsten Konzernen der Welt die Besteuerungsrechte zwischen den Ländern neu verteilt werden - zugunsten von Staaten mit großen Verbrauchermärkten. Sunak hatte nach den Verhandlungen von einem historischen Steuerdeal gesprochen. Laut "FT" hat er seine Bedenken bei dem Treffen der G7-Finanzminister angesprochen.

Großbritannien will seine Banken nach dem Brexit, der den Instituten den Marktzugang zur EU abgeschnitten hat, offenbar vor weiterem Ungemach schützen. London ist das größte Finanzzentrum in Europa. Der Branchenverband UK Finance betonte, der Standort müsse auch bei einer Steuerreform attraktiv und wettbewerbsfähig bleiben.

Frankreich rechnet unterdessen durch die Mindeststeuer mit zusätzlichen Einnahmen von mehreren Milliarden Euro pro Jahr. Das sagte Finanzminister Bruno Le Maire am Mittwoch dem TV-Sender BFM. Es gebe aber noch keine genaue Zahl. Nach Berechnungen der EU-Steuerbeobachtungsstelle, einem unabhängigen Analysehaus, kann Frankreich mit 4,3 Milliarden Euro rechnen. Le Maire ergänzte, aus der anderen Säule - der Neuverteilung der Besteuerungsrechte bei besonders großen Konzernen - seien zusätzliche Einnahmen von 500 Millionen bis zu einer Milliarde Euro zu erwarten.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte bei einer Veranstaltung, er könne für den deutschen Fiskus noch keine konkrete Größenordnung nennen. Die Mindeststeuer werde für Europa und Deutschland aber substanziell mehr Einnahmen bedeuten. Bei der Neuverteilung der Besteuerungsrechte - also der Frage, welches Land bekommt von den Weltkonzernen welchen Teil des Steuerkuchens ab - dürften die neuen Regeln für Deutschland unter dem Strich ein kleines Plus bringen.