London (Reuters) - Nach einem jahrelangen Höhenflug der Inflation in Großbritannien lässt der Preisauftrieb auf der Insel spürbar nach.

Die Verbraucherpreise erhöhten sich im April zum Vorjahresmonat nur noch um 2,3 Prozent, nach 3,2 Prozent im März, wie das Statistikamt ONS am Mittwoch in London mitteilte. Dies ist die niedrigste Rate seit Juli 2021. Von Reuters befragte Experten hatten allerdings mit einem noch stärkeren Rückgang auf 2,1 Prozent gerechnet. Mit dem abebbenden Preisdruck nähert sich die Bank of England (BoE) ihrem Ziel einer Inflationsrate von zwei Prozent und könnte im Sommer eine Zinssenkung ins Auge fassen.

An den Finanzmärkten wurde die Wahrscheinlichkeit für einen solchen Schritt nach unten im Juni nach den Daten nur noch auf 18 Prozent taxiert. Der spürbare Rückgang der Inflationsrate im April war größtenteils auf niedrigere Energiepreise für Privathaushalte zurückzuführen. Dienstleistungen verteuerten sich jedoch stärker als erwartet, was laut Experten die Wahrscheinlichkeit verringern könnte, dass die BoE die Zinsen bereits im Juni senken wird: Die Währungshüter in London dürften nach Ansicht des Ökonomen Michael Brown vom Online-Broker Pepperstone "auf Nummer sichergehen" und eine solche Senkung bis August verschieben.

Die BoE hatte die geldpolitischen Zügel zwischen Dezember 2021 und August 2023 insgesamt 14 Mal angezogen, womit der Leitzins auf das 15-Jahres-Hoch von 5,25 Prozent stieg. Der straffe Kurs hat mit dazu beigetragen, dass die Lebenshaltungskosten auf ein für die Briten erträglicheres Niveau gesunken sind. Noch Ende 2022 lag die Teuerungsrate auf einem 41-Jahres-Hoch von 11,1 Prozent. Der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht Spielraum für mehrere Zinssenkungen im laufenden Jahr.

Der konservative Premierminister Rishi Sunak, dem voraussichtlich im Herbst Wahlen ins Haus stehen, sprach mit Blick auf die zurückgehende Inflation von einer Normalisierung und einem "großen Moment" für die britische Wirtschaft. Das britische Pfund legte nach den Inflationsdaten zum Dollar und zum Euro zu.

(Bericht von Andy Bruce and Suban Abdulla, Muvija M, Amanda Cooper, geschrieben von Reinhard Becker, redigiert von Christian Rüttger. - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)