(Reuters) - Vor dem Hintergrund der Rubel-Talfahrt und steigender Inflationsgefahr verdichten sich in Russland die Hinweise auf eine Zinserhöhung.

Die Nachrichtenagentur Interfax meldete am Montag unter Berufung auf die Zentralbank, eine Anhebung auf der nächsten regulären Sitzung im September sei möglich. Zudem sehe die Notenbank keine Gefahr für die Finanzstabilität in Russland durch den Verfall des Rubel. Die Landeswährung verlor zu Wochenbeginn 1,4 Prozent auf 100,84 gegenüber dem Dollar und war damit so schwach wie seit März 2022 nicht mehr.

Damals war die Devise nach Russlands Angriff auf die Ukraine wegen der gestiegenen Energiepreise für einige Wochen in die Höhe gesprungen. Der Rubel hat dieses Jahr bereits rund 30 Prozent an Außenwert gegenüber dem Dollar eingebüßt.

Maxim Oreschkin, der Wirtschaftsberater von Präsident Wladimir Putin, betonte in einem Kommentar, der Kreml wolle einen starken Rubel sehen und erwarte eine baldige Normalisierung. Dies gilt als möglicher Fingerzeig, dass die Zentralbank bereits vor ihrer nächsten geplanten Zinssitzung Mitte September aktiv werden sollte. "Die Hauptursache für die Schwächung des Rubel und die Beschleunigung der Inflation ist die lockere Geldpolitik", schrieb Oreschkin.

Die Wahrscheinlichkeit einer Zins-Anhebung im September sei hoch, hatte der Vizechef der Zentralbank, Alexej Sabotkin, am Freitag gesagt. Die Währungshüter in Moskau hatten den Leitzins im Juli erstmals seit den Anfängen der Invasion der Ukraine wieder erhöht - und dies überraschend kräftig um einen vollen Punkt auf 8,5 Prozent. Die Teuerungsrate ist im Juli mit 4,3 Prozent über die von der Zentralbank angestrebte Marke von 4,0 Prozent hinausgeschossen. Die Notenbank rechnet damit, dass sie dieses Jahr bei 5,0 bis 6,5 Prozent landen wird und erst 2024 zum Stabilitätsziel zurückkehren wird.

Mit den steigenden Inflationsgefahren geht die Schwäche des Rubel einher, gegen die die Notenbank mit dem Verkauf von Devisenbeständen ankämpft. Die Währungshüter haben mit einer flexiblen Zinsreaktion maßgeblich dazu beigetragen, die wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Konflikts und der westlichen Sanktionen gegen Russland abzupuffern.

"Die Zentralbank hat nicht die volle Kontrolle", sagte der Moskauer Ökonom Ian Melkumow. Sie verfüge zwar über kraftvolle Instrumente, nutze diese derzeit aber nur ungern. Die Zentralbank könne die Zinsen zwar drastisch anheben, so wie sie es nach Beginn der vom Kreml als 'spezielle Militäroperation' bezeichneten Invasion der Ukraine bereits getan habe. Bereits eine Erhöhung auf 15 Prozent würde aus Sicht des Experten den Rückgang des Rubel stoppen. Aber die Zentralbank wolle die Wirtschaft nicht mit einem solch großen Schritt abwürgen.

(Bericht von Reuters, bearbeitet von Reinhard Becker, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)