Berlin/Peking (Reuters) - Unmittelbar vor dem Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz in China meldet das Land einen Exporteinbruch: Die Ausfuhren fielen im März um 7,5 Prozent schwächer aus als ein Jahr zuvor, wie die Zollbehörde am Freitag in Peking mitteilte.

Deutsche Regierungskreise hatten angekündigt, dass Scholz bei seinen Gesprächen in Peking auch das Thema von Überkapazitäten ansprechen will, die China nach EU- und US-Angaben derzeit auf den Weltmarkt drückt. Dazu habe man sich auch mit der EU-Kommission abgestimmt, sagte ein Regierungsvertreter in Berlin.

Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und China werden ein wichtiger Schwerpunkt der dreitägigen Reise von Scholz sein. So wolle der Kanzler auch nötige Fortschritte bei Fragen des fairen und gegenseitigen Marktzugangs ansprechen, sagte ein deutscher Regierungsvertreter. Deutschland habe ausdrücklich ein Interesse an einem wachsenden Handel mit China, aber dieser müsse mit dem auch in der China-Strategie festgelegten Abbau von Abhängigkeiten in sensiblen Bereichen einhergehen. "Zudem geht es um Fragen wie bessere Rechtssicherheit, Schutz des geistigen Eigentums, das Cyber Security Law und weitere Themen", fügte der Regierungsvertreter mit Blick auf die Gespräche von Scholz hinzu.

"Ein solches 'business as usual' kann es nach der Zeitenwende doch gar nicht geben", sagte Scholz selbst in einem Interview mit der "tageszeitung". China sei aber ein großes Land mit einer wachsenden wirtschaftlichen und politischen Bedeutung. "Von De-Coupling ist in unserer China-Strategie nirgendwo die Rede", betonte er. Nötig sei aber ein Risikoabbau. Er forderte die Unternehmen erneut auf, zu große Abhängigkeiten bei einigen Komponenten abzubauen.

Der Kanzler wird von einer Wirtschaftsdelegation begleitet. Dazu gehören unter anderem die Chefs von Siemens, Bayer, Mercedes, BMW, Merck, DHL, ThyssenKrupp sowie des schwäbischen Anlagenbauers Voith.

Ob auch die in der Bundesregierung noch umstrittene Nutzung von Bauteilen chinesischer Hersteller wie Huawei im 5G-Mobilfunknetz zur Sprache kommt, blieb unklar. Aber die chinesische Regierung hat laut einem Bericht des "Wall Street Journals" nun ihrerseits die größten Telekommunikationsunternehmen des Landes angewiesen, ausländische Chips, die für ihre Netze von zentraler Bedeutung sind, bis 2027 aus dem Verkehr zu ziehen. Der Schritt würde dem Bericht zufolge die US-Chip-Riesen Intel und Advanced Micro Devices treffen. China reagiert damit auf die Beschränkungen der USA bei Exporten von amerikanischen Hightech-Komponenten, die oft in chinesischen Produkten verbaut sind.

ABGEKÜHLTE KONJUNKTUR IN CHINA

Auch die chinesischen Importe fielen im März überraschend, und zwar um 1,9 Prozent. Das deutet auf eine schwache Binnennachfrage hin. Hier hatten Ökonomen mit einem Wachstum von 1,4 Prozent gerechnet, nachdem die Einfuhren in den ersten beiden Monaten zusammen noch um 3,5 Prozent zugenommen hatten. "Es wird ein langer Weg sein, bis Chinas Außenhandel dem Land wieder einen Wachstumsschub verleiht", sagte der Chefökonom von Jones Lang Lasalle, Bruce Pang.

Der schwache Außenhandel signalisiert dabei eine generell Konjunkturabkühlung. Das Bruttoinlandsprodukt der nach den USA zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt dürfte im ersten Quartal nur noch um 4,6 Prozent zum Vorjahreszeitraum gewachsen sein, sagten die von Reuters befragten Ökonomen voraus. Das wäre das langsamste Wachstum seit einem Jahr.

(Bericht von Andreas Rinke, Laurie Chen, Ellen Zhang; Mitarbeit Rene Wagner, redigiert von Elke Ahlswede. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)