Frankfurt (Reuters) - Die Lufthansa will nach massiven Streiks und unter erneuerter Führung mit mehr Teamgeist ihre oft genervten Kunden künftig besser bedienen.

Chaos in Service und Abläufen waren ein wichtiges Thema auf der Hauptversammlung des MDax-Konzerns am Dienstag. So mahnten etwa die beiden großen deutschen Fondsgesellschaften DWS und Deka Investment, das "Service-Chaos" schade der Marke mit dem Kranich. "Die Lufthansa braucht Kunden, und zwar zufriedene Kunden", betonte Hendrik Schmidt, Experte für gute Unternehmensführung bei der Deutsche-Bank-Tochter DWS, mit knapp 1,5 Prozent drittgrößte Aktionärin.

Lufthansa-Boss Carsten Spohr und Aufsichtsratschef Karl-Ludwig Kley zeigten sich problembewusst. "Wir wissen sehr gut, dass wir die Geduld der Kundinnen und Kunden manchmal strapaziert haben", sagte Spohr und versprach, "mit voller Kraft" den Kunden wieder ein Premiumangebot liefern zu wollen. Eine Taskforce sei gegründet worden, um die Prozesse zu verbessern. Auch die größte Modernisierung von Flotte und Ausstattung der Firmengeschichte, mit der 250 neue Flugzeuge und 31.000 neue bequeme Sitze in allen Klassen in den kommenden Jahren eingebaut werden, zielen auf ein besseres Flugprodukt ab. Hausgemachte Schwächen gebe es noch immer bei der Service-App und der Kommunikation im Betrieb, räumte Kley ein.

"MASS UND MITTE VERLOREN"

Der Aufsichtsratschef machte auch die Gewerkschaften für Störungen und Verdruss der Passagiere verantwortlich. Vor allem Verdi hatte einen harten Tarifkampf bei der Airline und an Flughäfen geführt, was der Lufthansa Kosten von 450 Millionen Euro durch Flugausfälle oder Abwandern von Kunden einbrockte. Die Höhe der Zahl habe für einen Schock im Unternehmen gesorgt, der alle Seiten zur Besinnung bringen sollte, erklärte Spohr. Verdi setzte kräftige Tariferhöhungen durch - ein Argument dafür war, die Arbeit attraktiv zu machen für genügend hochmotivierte Beschäftigte. "Bei diesen Arbeitskämpfen ist für mich Maß und Mitte verloren gegangen", kritisierte Kley. Die Tonlage sei so rau und von Halbwahrheiten oder Lügen geprägt gewesen wie in sozialen Netzwerken. Die Sozialpartnerschaft sei in Gefahr. "Das Unternehmen sind wir alle", appellierte der Chefkontrolleur. "Man sollte um Lösungen ringen, nicht gegeneinander kämpfen."

Katharina Berndt von der Flugbegleitergewerkschaft UFO mahnte, es müsse in die Mitarbeitenden investiert werden, um den Kunden Qualität zu bieten. "Es gehören immer zwei zu einem Streit", sagte Arne von Schneidemesser, Vizechef der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit. Der Arbeitgeber habe mit einer harten Linie Arbeitskämpfe provoziert. "Wir müssen jetzt gemeinsam den zukünftigen Erfolg gestalten", forderte er. Die VC sehe die Zäsur im Vorstand als Chance, Weichen neu zu stellen.

VORSTANDSBEBEN

Dass bei der Lufthansa gleich vier von sechs Vorständen gehen, hatte Anleger irritiert. "Die Dauerkrise war auch im Vorstand gegeben", sagte Ingo Speich, Nachhaltigkeitschef von Deka Investment. Das "Beben" im Management habe den ohnehin schwachen Aktienkurs erschüttert. Spohrs Aufgabe sei es jetzt, ein schlagkräftiges Team zu formen, das die Lufthansa bei gewaltigen Herausforderungen wieder durchstarten lasse, mahnte Speich. Die Nachfolge von drei Ausscheidenden ist mit der jüngsten Berufung des externen Neuzugangs Till Streichert zum Finanzchef geregelt, ein Posten fällt weg. Kley schrieb Spohr für die Neuaufstellung seines Teams ins Stammbuch, für die Kunden sei nicht nur ein Vorstand verantwortlich, sondern die gesamte Konzernführung.

Auf Unmut der Investoren stieß außerdem das Hü und Hott bei Lufthansa Technik, die entgegen ursprünglicher Pläne doch keinen neuen Investor mit einem Minderheitsanteil bekommt oder einen Teil an die Börse bringt. "Die Technik ist und bleibt eine Perle im Portfolio der Lufthansa AG", sagte Spohr. An der Einschätzung werde sich "auf absehbare Zeit" nichts ändern.

Dass die Lufthansa noch kein grünes Licht der EU-Kommission zur vor fast einem Jahr vereinbarten Übernahme der italienischen Staatsairline ITA Airways bekommen hat, sorgt für Stirnrunzeln. Die Lufthansa machte am Montag weitere Vorschläge, um Bedenken der Wettbewerbshüter auszuräumen, die jetzt geprüft werden. Eine Entscheidung soll jetzt bis 4. Juli fallen.

(Redigiert von Ralf Banser; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)

- von Ilona Wissenbach