- von Tom Käckenhoff und Christian Kraemer

Düsseldorf/Berlin (Reuters) - Nach den Restrukturierungsplänen der Stahltochter von Thyssenkrupp bringen sich die IG Metall und die Betriebsräte für Verhandlungen mit dem Management in Stellung.

Bislang liege kein industrielles Konzept vor, sagte am Freitag der IG Metall-Vertreter und Vize-Chef des Aufsichtsrats von Thyssenkrupp Steel Europe, Detlef Wetzel. Voraussetzung für Verhandlungen über eine Neuaufstellung sei ein harter Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen über die bis März 2026 geltende Tarif-Vereinbarung hinaus. Am Abend zuvor hatte das Unternehmen angekündigt, Produktionskapazitäten zurückfahren und einen Jobabbau einzuleiten. Die von den Grünen geführten Wirtschaftsministerien im Bund und Land zeigten sich besorgt und verwiesen auf die milliardenschweren Subventionen für den ökologischen Umbau des größten deutschen Stahlkonzerns.

Kern der Neuaufstellung sei eine Reduzierung der im Verbund installierten Kapazitäten auf etwa 9 bis 9,5 Millionen Tonnen Stahl pro Jahr, teilte der Konzern mit. Derzeit seien die Kapazitäten auf rund 11,5 Millionen Tonnen ausgelegt. "Mit diesen Maßnahmen wird auch ein noch nicht bezifferter Abbau von Arbeitsplätzen verbunden sein, der auch die nachgelagerten Weiterverarbeitungsstufen sowie die Verwaltungs- und Dienstleistungsbereiche betreffen wird." Es sei das Ziel, betriebsbedingte Kündigungen weiter zu vermeiden. Thyssenkrupp Steel Europe beschäftigt rund 27.000 Mitarbeiter, die meisten davon am größten europäischen Stahlstandort in Duisburg.

THYSSENKRUPP WILL ÖKO-UMBAU DER PRODUKTION FORTSETZEN

Der Schwerindustrie mit Branchengrößen wie ArcelorMittal Steel Europe und Salzgitter machen seit Jahren hohe Energie- und Rohstoffkosten sowie die Konkurrenz aus Fernost zu schaffen. Zudem muss die Stahlindustrie Milliardensummen für einen klimafreundlichen Umbau der Produktion stemmen. Thyssenkrupp betonte, diese Pläne weiter voranzutreiben. Der Bund und das Land NRW beteiligen sich daran bei dem Ruhrkonzern mit zusammen rund zwei Milliarden Euro.

Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums sagte, man bedauere die unternehmerische Entscheidung von Thyssenkrupp. Die Stahlproduktion solle in Deutschland gehalten werden. "Wir geben nicht einfach die Milliarden aus." Die geförderten Projekte in der Branche seien auch an Verabredungen zu Arbeitsplätzen geknüpft. Die Ankündigung des Konzerns, in Duisburg Überkapazitäten und damit wohl Arbeitsplätze abzubauen, sei eine enttäuschende Nachricht, sagte NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur. Dies gelte für den Stahlstandort Deutschland und Nordrhein-Westfalen, in erster Linie aber für die vielen Beschäftigten. Der Konzern stehe jetzt vor der großen Herausforderung, gemeinsam mit den Sozialpartnern für die Betroffenen faire und tragfähige Lösungen zu finden. "Das gilt umso mehr, da ThyssenKrupp in den vergangenen Jahren staatliche Unterstützung in Milliardenhöhe erhalten hat."

Die Ankündigungen des Unternehmens seien ein harter Einschnitt, erklärte Gesamtbetriebsratschef Tekin Nasikkol nach einer Betriebsräte-Konferenz. Der Tarifvertrag "Zukunft Stahl 20-30" gelte bis März 2026. Dieser regele den Erhalt der Standorte und den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen. "Daran lassen wir nicht rütteln, da ziehen wir rote Linien." Er berief für den 30. April eine Belegschaftsversammlung aller Standorte in der Arena des MSV Duisburg ein. "Wir erwarten einen Großteil der 27.000 Kolleginnen und Kollegen und werden unseren Forderungen Nachdruck verleihen."

Die IG Metall hat in den vergangenen Wochen immer wieder betont, um jeden Arbeitsplatz und Standort kämpfen zu wollen. Hierzu gehöre ein Konzept, das auch die Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM) einbeziehe, an denen Thyssenkrupp mit 50 Prozent beteiligt ist. Dort sind rund 3000 Mitarbeiter beschäftigt. Partner sind der Stahlkonzern Salzgitter mit 30 Prozent und der französische Rohrhersteller Vallourec, der seine Beteiligung von 20 Prozent schon länger abstoßen will.

(Bericht von Tom Käckenhoff, Christian Krämer; redigiert von Elke Ahlswede. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)