Frankfurt (Reuters) - Das Rätselraten um den Kurs der großen Notenbanken hat die Dax-Anleger am Donnerstag vorsichtig gestimmt.

Vor dem Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank (EZB) verlor der deutsche Leitindex 0,2 Prozent auf 17.677 Punkte und entfernte sich damit weiter von seinem jüngsten Rekordhoch von 17.816,52 Zählern. Investoren rechneten nicht mit einer Änderung des Leitzinses in der Euro-Zone. Sie erhofften sich von der Notenbank-Sitzung aber Hinweise, ob die aktuell eingepreiste erste Zinssenkung im Juni eine realistische Option für die EZB sei, sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners.

Die Analysten der Helaba halten den Juni mit Blick auf eine erste Zinssenkung für einen geeigneten Termin. Bis dahin dürfte deutlich geworden sein, dass der disinflationäre Trend auch bei den Kernpreisen anhalte und die Lohnentwicklung sich weiter abschwäche, schreiben die Experten in einem Kommentar. Derzeit liegt der Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der EZB erhalten, und der am Finanzmarkt der richtungsweisende Zins ist, auf einem Rekordniveau von 4,00 Prozent. Der Leitzins steht bei 4,50 Prozent.

Auch in den USA blieb das Thema Zinswende nach den jüngsten Äußerungen von Notenbank-Chef Jerome Powell in aller Munde. Er ließ den Zeitpunkt für eine Lockerung der Geldpolitik zwar weiter offen, betonte jedoch, dass die US-Notenbank Fed diesen wichtigen geldpolitischen Kurswechsel 2024 auf dem Radar habe. Der Dollar-Index notierte am Donnerstag leicht schwächer bei 103,21 Punkten. Der Goldpreis markierte dagegen ein neues Rekordhoch: Das Edelmetall verteuerte sich in der Spitze um 0,6 Prozent auf 2161,09 Dollar je Feinunze. Seit Anfang Februar hat Gold bereits rund sechs Prozent zugelegt - die Aussicht auf niedrigere Zinssätze steigert die Attraktivität von Edelmetallen.

Auf der Unternehmensseite hielt die Veröffentlichung zahlreicher Bilanzen die Anleger auf Trab. Continental konnte trotz einer höheren Dividende nicht bei den Anlegern punkten, die Aktien des Autozulieferers verloren im Dax knapp drei Prozent. Marktexperten zufolge sind Betriebsgewinn und Umsätze 2023 leicht hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Auch Brenntag fiel mit seinen Zahlen bei den Investoren durch. Eine verhaltene Nachfrage hat dem Chemikalienhändler im vergangenen Jahr zugesetzt. Das operative Ergebnis und der Umsatz gingen zurück. Die Aktien gaben im Dax gut zwei Prozent nach.

LUFTHANSA-AKTIEN FINDEN NUR SCHWER EINE RICHTUNG

Im MDax erlebten Hugo Boss einen rabenschwarzen Tag. Die Titel des Modekonzerns rauschten zeitweise um fast 20 Prozent in den Keller, nachdem ein Ausblick unter den Erwartungen die Anleger verschreckt hatte. Hugo Boss rechnet in den kommenden Jahren mit einem deutlich langsameren Wachstum und stellt sein mittelfristiges Umsatzziel infrage.

Die Lufthansa-Aktien fanden nach der Vorlage der Bilanz nur schwer eine Richtung und schwankten stark hin und her. Am Mittag notierten sie 0,3 Prozent fester. Die Fluggesellschaft will nach einem starken Wachstum im vergangenen Jahr den Gewinn trotz steigender Kosten auf hohem Niveau halten. "Dass heute gleichzeitig mal wieder Streiks des Lufthansa-Personals stattfinden und diese auch ganz bestimmt nicht die letzten in den kommenden Wochen sein dürften, trübt die Stimmung etwas", sagte Jürgen Molnar von RoboMarkets. Die Gewerkschaft Verdi hat für Donnerstag das Bodenpersonal erneut zum Ausstand aufgerufen, die Flugbegleiter der Hauptairline Lufthansa könnten in Kürze ebenfalls streiken.

An der Börse in Kopenhagen verhalfen ermutigende erste Studienergebnisse zum Abnehmmittel Amycretin Novo Nordisk zu einem frischen Rekordhoch. Die Aktien des dänischen Pharmakonzerns stiegen in der Spitze um 5,8 Prozent auf 898,50 Dänische Kronen. Testpersonen hätten nach zwölf Wochen 13,1 Prozent an Gewicht verloren, teilte der Hersteller der Abnehmspritze Wegovy bei seinem Kapitalmarkttag mit. Die Aktien des Konkurrenten Eli Lilly fielen im vorbörslichen US-Handel um zwei Prozent.

(Bericht von: Daniela Pegna, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)