(Reuters) - Der Notenbankchef der Slowakei, Peter Kazimir, sieht die Europäische Zentralbank (EZB) trotz der abebbenden Inflation nicht unter Druck, rasch die Zinsen zu senken.

"Es gibt keinen Grund, eine Zinssenkung zu überstürzen", sagte er in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der Nachrichtenagentur Reuters. "Juni wäre mein bevorzugter Termin. April würde mich überraschen, und März kommt nicht infrage." Kazimir geht davon aus, dass die Inflation in der 20-Länder-Gemeinschaft weiter nachlassen wird. Das Statistikamt Eurostat wird am 1. März eine erste Schätzung für die Inflation im Februar veröffentlichen.

Im Januar lag die Teuerungsrate in der Euro-Zone bei 2,8 Prozent. Noch im Herbst 2022 hatte sie zeitweise bei über zehn Prozent gelegen. Von der EZB werden 2,0 Prozent angestrebt. Die Euro-Notenbank hatte zuletzt auf ihrer Zinssitzung im Januar wie schon im Dezember und im Oktober an den Leitzinsen nicht gerüttelt. Der am Finanzmarkt maßgebliche Einlagensatz, den Geldhäuser erhalten, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Gelder parken, liegt damit seit September 2023 auf dem Rekordniveau von 4,00 Prozent.

"Auf mittlere Sicht verläuft der Prozess der Disinflation beim Niveau der Gesamtinflation viel schneller als wir erwarteten, aber wir können bei der Kerninflation noch nicht sicher sein, da die Lohnentwicklung noch unklar ist", sagte Kazimir. Die Ergebnisse der Tarifverhandlungen seien hierfür entscheidend. Bei der Kerninflation werden die schwankungsreichen Preise für Energie, Lebensmittel, Alkohol und Tabak herausgerechnet. Diese Messgröße, die im Januar bei 3,3 Prozent lag, zeigt vor allem die zugrundeliegenden Preistrends an. "Alles in allem sind wir auf dem richtigen Weg, aber wir sind noch nicht am Ziel", so Kazimir.

KAZIMIR ERWARTET ÄNDERUNG DER KOMMUNIKATION

Aus Sicht des slowakischen Notenbankchefs kommt es bei der Zinswende ganz besonders auf den Zeitplan an. "Der Zeitplan ist wichtig, denn ich bevorzuge einen reibungslosen und stetigen Zyklus der geldpolitischen Lockerung", sagte er. "Dafür müssen wir uns über den ersten Schritt ziemlich sicher sein." Die beste Option wäre aus seiner Sicht, wenn die Währungshüter jedes Mal in gleichem Umfang voranschreiten würden. "Ich bin erfreut über die jüngste Veränderung der marktbasierten Zinserwartungen", merkte er an. Diese seien jetzt viel realistischer. Am Geldmarkt wird derzeit mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 Prozent davon ausgegangen, dass die EZB im Juni erstmals die Zinsen nach unten setzen wird. Für April liegt sie derzeit nur bei 35 Prozent, für die Zinssitzung nächste Woche am 7. März nur bei elf Prozent.

Kazimir rechnet schon bald mit einer Änderung der Kommunikation der EZB, mit der sie den Finanzmärkten eine Orientierung hinsichtlich ihres Kurses gibt. "Im März erwarte ich, dass wir unsere Kommunikation an die neuen Realitäten der sinkenden Inflation anpassen." Vorabfestlegungen lehnt er aber ab. Die Euro-Notenbank solle keine Vorhersagen zu den Zinsen machen - in der Fachwelt "Forward Guidance" genannt - und sich nicht erneut binden, so der Währungshüter.

(Bearbeitet von Frank Siebelt; Redigiert von Sabine Ehrhardt; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

- von Balazs Koranyi