FRANKFURT (dpa-AFX) - Im Euroraum soll der Einlagensatz der Europäischen Zentralbank (EZB) auch künftig das zinspolitische Instrument der Wahl bleiben. Die geldpolitische Ausrichtung werde weiter durch den Einlagensatz gesteuert, teilte die EZB am Mittwoch in Frankfurt auf Basis ihres neuen geldpolitischen Handlungsrahmens mit.

Die von Banken benötigte Liquidität wird laut EZB durch eine Reihe geldpolitischer Instrumente zur Verfügung gestellt, darunter kurzfristige und dreimonatige Refinanzierungsgeschäfte. Später sollen weitere Instrumente wie Langfristkredite und ein strukturelles Wertpapierportfolio hinzukommen. Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte bekämen damit einen strategischen Status, kommentierte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der Liechtensteiner VP Bank. "Bislang hatten sie mehr oder weniger den Status einer Art Notfallinstrument."

Die Hauptrefinanzierungsgeschäfte - vor der Finanz- und Eurokrise das wichtigste Steuerungselement der EZB - sollen wie die Dreimonatsgeschäfte weiterhin zu einem festen Zinssatz und unter Vollzuteilung durchgeführt werden. Das heißt, die Banken erhalten in jedem Fall so viel Zentralbankgeld, wie sie benötigen. Vor der Finanz- und Schuldenkrise waren solche Vollzuteilungen unüblich gewesen.

Der Abstand zwischen dem EZB-Einlagensatz und dem Hauptrefinanzierungssatz soll ab September von aktuell 0,5 Prozentpunkten auf 0,15 Punkte reduziert werden. Diesen Schritt hatten Fachleute grundsätzlich erwartet, allerdings waren sie meist von einem etwas höheren Zinsabstand ausgegangen. Der Schritt dient laut EZB dazu, die kurzfristigen Marktzinsen eng an den Einlagensatz der EZB heranzuführen und Zinsschwankungen zu verringern. Zugleich lasse die Lösung Spielraum für die Banken, um am freien Markt nach Liquidität Ausschau zu halten.

Die EZB nennt kein konkretes Datum, bis zu dem die strategischen Änderungen umzusetzen sind. Hintergrund ist eine Überprüfung des geldpolitischen Rahmenwerks, die Ende 2022 begonnen wurde. Die Überprüfung ist notwendig geworden, weil die Überschussliquidität der Banken im Euroraum ebenso tendenziell sinkt wie die durch Krisenmaßnahmen aufgeblähte Bilanzsumme der EZB. Hinzu kommt das Ende der langjährigen Nullzinsphase. Beides erfordert Anpassungen in der geldpolitischen Strategie.

Der neue Handlungsrahmen soll im Jahr 2026 erneut überprüft werden. Sollten Änderungen zu einem früheren Zeitpunkt notwendig werden, sei der EZB-Rat dazu bereit./bgf/jkr/jha/