Buenos Aires (Reuters) - Der argentinische Wirtschaftsminister Sergio Massa gesteht seine Niederlage in der Stichwahl um das Präsidentenamt gegen den rechtsextremen Liberalen Javier Milei ein.

"Offensichtlich sind die Ergebnisse nicht das, was wir erwartet haben. Ich habe Javier Milei angerufen und ihm gratuliert", sagte Massa am Sonntag in seiner Wahlkampfzentrale in Buenos Aires. "Ab morgen liegt die Verantwortung für die Sicherheit bei Milei". Der libertäre Ökonom lag in der Stichwahl um das Präsidentenamt mit rund 56 Prozent der Stimmen deutlich vor Massa mit 44 Prozent, wie erste offizielle Ergebnisse zeigten.

Milei kündigte eine wirtschaftliche Schocktherapie an. Zu seinen Plänen gehören die Schließung der Zentralbank, die Abschaffung des Peso und Ausgabenkürzungen - potenziell schmerzhafte Reformen, die bei den von der wirtschaftlichen Misere verärgerten Wählern Anklang fanden. "Milei ist neu, er ist ein Unbekannter und es ist ein wenig beängstigend, aber es ist an der Zeit, eine neue Seite aufzuschlagen", sagte der 31-jährige Restaurantangestellte Cristian, als er am Sonntag seine Stimme abgab. Die Anhänger des 51-jährigen Massa, eines erfahrenen politischen Geschäftemachers, hatten versucht, an die Ängste der Wähler vor Mileis sprunghaftem Charakter und seinem "Kettensägenplan" zur Verkleinerung des Staates zu appellieren. "Mileis Politik macht mir Angst", sagte die 42-jährige Lehrerin Susana Martinez am Sonntag, nachdem sie für Massa gestimmt hatte. Zu Beginn seines Wahlkampfs trat Milei mit einer Kettensäge als Symbol für seine geplanten Kürzungen auf, die er aber in den vergangenen Wochen abgelegt hat, um auch die gemäßigteren Stimmen hinter sich zu bringen.

WAHL DES KLEINEREN ÜBELS

Mileis Wahlsieg hat die politische Landschaft und den wirtschaftlichen Fahrplan Argentiniens erschüttert und könnte den Handel mit Getreide, Lithium und Kohlenwasserstoffen beeinflussen. Milei kritisierte China und Brasilien, sagte, er wolle keine Geschäfte mit Kommunisten" machen und befürwortet engere Beziehungen zu den USA. Der rasche Aufstieg des 53-jährigen Ökonomen und ehemaligen Fernsehkommentators hat die Vorherrschaft der beiden wichtigsten politischen Kräfte auf der Linken und der Rechten - der Peronisten und des konservativen Blocks "Gemeinsam für den Wandel" - gebrochen. Das südamerikanische Land befindet sich in einer Dauerkrise. Die Inflation ist dreistellig, die Landeswährung Peso im freien Fall, die Armut grassiert. Einige Argentinier bezeichneten die Wahl als eine des kleinen Übels": Die Angst vor Mileis schmerzhaften Wirtschaftsreformen gegenüber der Wut auf Massa und seine Peronistische Partei für eine Wirtschaftskrise, die Argentinien hoch verschuldet und unfähig gemacht hat, die globalen Kreditmärkte zu erschließen.

LATEINAMERIKA UNEINS ÜBER MILEI

Der brasilianische Präsident Luiz Inacio Lula da Silva gratulierte der neu gewählten argentinischen Regierung, ohne Milei zu erwähnen. "Ich wünsche der neuen Regierung Glück und Erfolg. Argentinien ist ein großes Land, das unseren Respekt verdient. Brasilien wird immer bereit sein, mit unseren argentinischen Brüdern zusammenzuarbeiten", schrieb Lula auf X, ehemals Twitter. Vor der Wahl hatte Milei allerdings Zweifel an den künftigen Beziehungen zwischen Argentinien und Brasilien geäußert und Lula als "Sozialisten mit totalitären Ideen" bezeichnet. Er kritisierte auch den gemeinsamen südamerikanischen Markt Mercosur und sagte, Argentinien werde "seinen eigenen Weg gehen". Trotz seiner schweren Wirtschaftskrise bleibt Argentinien der wichtigste Absatzmarkt für brasilianische Industrieprodukte.

Der chilenische Präsident Gabriel Boric beglückwünschte den neuen argentinischen Präsidenten auf X: "Ich gratuliere Javier Milei zu seinem Sieg". Kolumbiens Präsident Gustavo Petro sieht den Wahlsieg des polarisierenden Politikers hingegen mit Sorge. "Traurig für Lateinamerika", schrieb er nach der Wahl auf dem Kurznachrichtendienst.

(Bericht von Alexander Villegas, Nicolás Misculin und Walter Bianchi; geschrieben von Katharina Loesche. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)