Berlin (Reuters) - Die CDU will die Asyl- und Verteidigungs-Politik grundlegend reformieren.

Der Bundesparteitag sprach sich am Dienstag in Berlin mit großer Mehrheit dafür aus, die 2011 ausgesetzte Wehrpflicht mit Blick auf die Bedrohung aus Russland wieder in Kraft zu setzen. Bis zur Umsetzung eines verpflichtenden Gesellschaftsjahres soll eine Kontingentwehrpflicht eingeführt werden. Außerdem sollen Asylverfahren nur noch in Drittstaaten außerhalb der EU durchgeführt werden.

Im Laufe des Dienstags ist die Verabschiedung des vierten Grundprogramms der Partei geplant. Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz will damit das Profil seiner Partei schärfen. Man wisse wieder, "wer wir sind, wo wir stehen, was wir wollen", sagte er vor den Delegierten. Zugleich betonte der Oppositionsführer, dass das Grundsatzprogramm auch attraktiv für Wechselwähler sein müsse. Das sei eine "mindestens genauso wichtige zweite Funktion". Man müsse über die eigenen Mitglieder und Wähler hinaus denken und diejenigen erreichen, die sich jedes Mal neu entschieden, was sie wählten. "An die ist dieses Grundsatzprogramm in ganz besonderer Weise gerichtet."

HARTER KURS BEI ASYL - RÜCKKEHR ZUR WEHRPFLICHT

Mit einer Reihe von Entscheidungen bezieht die CDU ein deutlich konservativeres Profil. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hat angekündigt, dass seine Partei eine Wende in der Asylpolitik wolle. "Jeder, der in Europa Asyl beantragt, soll in einen sicheren Drittstaat überführt werden und dort ein Verfahren durchlaufen", heißt es in dem Beschluss. Dort müssten die Standards der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Konvention für Menschenrechte gelten. Mit dem Drittstaat sollten Abkommen vereinbart werden, um Asylbewerber bei einem positiven Bescheid auf europäische Staaten zu verteilen. An den Binnengrenzen sollen diejenigen Personen zurückgewiesen werden, die in einem anderen Schengen-Staat bereits Asyl bekommen oder beantragt haben.

Eine Kehrtwende der CDU gibt es auch in der Frage der Wehrpflicht, die die Union in ihrer Regierungszeit unter einem CSU-Verteidigungsminister selbst ausgesetzt hatte. Die Bundeswehr soll nun laut Parteitagsbeschluss selbst ihren Personalbedarf melden. Nach der Musterung eines Jahrgangs soll dann nur ein Kontingent in der gewünschten Größenordnung eingezogen werden, sagte der Vorsitzende der Jungen Union, Johannes Winkel. Schweden verfügt über ein ähnliches Modell.

Der Parteitag folgte damit einem Antrag der Jungen Union. Vor allem Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther hatte sich dafür ausgesprochen. Unions-Fraktionsvize Johann Wadephul verwies darauf, dass die Marine nur noch 50 Prozent ihrer Stellen besetzen könne. Es nutze nichts, dass die Marine zwar irgendwann sechs U-Boote zur Verfügung habe, aber nur noch über Personal für zwei U-Boote verfüge.

Damit wird eine Rückkehr zur Wehrpflicht in Deutschland wahrscheinlicher. In der Ampel-Regierung lehnen Grüne und FDP dies zwar ab. Allerdings hat sich Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) wegen der Personalprobleme der Bundeswehr dafür ausgesprochen. Der Bundestag kann die Aussetzung der im Grundgesetz verankerten Wehrpflicht mit einfacher Mehrheit zurücknehmen.

Der Parteitag bekannte sich zudem zum Freihandel. "Zudem machen wir uns für die Freiheit der Handelswege stark. Diese müssen wir gegebenenfalls auch militärisch schützen", heißt es im Grundsatzprogramm.

(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Hans Busemann. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)