Kopenhagen/Berlin (Reuters) - Die EU-Mitglieder Estland und Litauen werfen Russland vor, durch die Störung von GPS-Signalen gegen internationale Bestimmungen zu verstoßen.

Nachdem die finnische Fluggesellschaft Finnair am Montag ihre Flüge in die estnische Stadt Tartu wegen einer GPS-Störung vorübergehend ausgesetzt hatte, kritisierte Außenminister Margus Tsahkna Russland. Das litauische Außenministerium sprach am Dienstag davon, dass Russland seine feindlichen Handlungen mit dem sogenannten Jammen verstärkt habe. Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums sagte auf Anfrage, dass die Störungen "mit hoher Wahrscheinlichkeit" auf Russland zurückzuführen seien. "Wir haben keine Einschränkungen, was Navigation und Kommunikation anbetrifft", betonte der Sprecher mit Blick auf Aktivitäten der Bundeswehr im Baltikum. Er verwies darauf, dass man verschiedene Systeme nutze, so dass der Ausfall eines Systems keine gravierenden Auswirkungen hat.

"GPS-Störungen im estnischen Luftraum durch die RF (Russische Föderation) haben die zivile Luftfahrt in unserer Region beeinträchtigt. Damit verstößt Russland gegen internationale Vorschriften", hatte Estlands Außenminister am späten Montag auf der Plattform X geschrieben. Die finnische Fluggesellschaft erklärte, sie wisse nicht, woher die Störungen stammten. Man habe aber in der Vergangenheit ähnliche Probleme in der Nähe der russischen Exklave Kaliningrad und der Ostgrenze Finnlands zu Russland bemerkt. Lufthansa-Chef Carsten Spohr sagte am Dienstag, dass der Flughafen in Tartu nur mit GPS-Signalen angeflogen werde, weshalb die Lufthansa ihn nicht nutze.

Weder der Kreml noch das russische Verteidigungsministerium reagierten zunächst auf Anfragen nach einer Stellungnahme. Tsahkna sagte, Estland habe das Thema bereits mit Lettland, Litauen, Finnland und Schweden erörtert und werde es auch mit den EU- und Nato-Partner besprechen.

"GPS-Spoofing oder -Jamming nimmt nach Angaben der europäischen Luftsicherheitsbehörde EASA insbesondere in Grenzregionen zu Russland seit Februar 2022 zu, unter anderem im Baltikum", teilte der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) auf Anfrage mit. Seit Oktober 2023 würden verstärkt auch Störungen im Nahen Osten auftreten.

Grundsätzlich handele es sich dabei um einen schwerwiegenden Eingriff in die Sicherheit der zivilen Luftfahrt und eine Bedrohung für den sicheren Betrieb von zivilen Flugzeugen. Die deutschen Fluggesellschaften analysierten regelmäßig die Risikosituation. Die Crews seien für verschiedene potenziell kritische Situationen gut geschult. "Dazu zählt das Bewusstsein für mögliche Störungen in den betroffenen Regionen und ein regelmäßiges Training des GPS-Ausfalls." Komme es zu einer Störung des GPS-Signals, könne die Cockpit-Crew den Flug mit konventionellen Navigationshilfen (etwa Trägheitsnavigationssystemen sowie bodengestützten Navigationsanlagen) sicher fortführen. Unter diesen Bedingungen bewerte die EASA die Situation als "nicht unsicher".

(Bericht von Andrius Sytas, Andreas Rinke, Anne Kauranen und Ilona Wissenbach; redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)