Skopje (Reuters) - Russland will nach Überzeugung von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock nicht nur die Ukraine zerstören, sondern auch internationale Organisationen wie die OSZE.

"Wir stehen jeden Tag für unsere europäische Friedensordnung ein", sagte Baerbock vor einem Treffen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) am Donnerstag in der nordmazedonischen Hauptstadt Skopje. Russland versuche aber, diese Zusammenarbeit ebenfalls zu torpedieren. "Und das lassen wir nicht zu", betonte die Grünen-Politikerin.

An dem Treffen nahm auch der russische Außenminister Sergej Lawrow teil. "Stoppen Sie diesen Krieg", forderte Baerbock in ihrer Einlassung im Plenum ihren russischen Kollegen persönlich auf: "Stoppen Sie das unsägliche Leid, das Sie über Millionen von Menschen bringen." Dazu brauche es keine Zugeständnisse der Ukraine, dazu brauche es keine Verhandlungen. "Dazu braucht es nur eine Entscheidung Russlands." Laut Baerbock befand sich Lawrow während ihrer Rede nicht im Saal. Lawrow sei, wie üblich, nur anwesend, "wenn er selbst spricht, aber nicht, um anderen zuzuhören".

Lawrow sagte in seinem Beitrag laut offizieller Übersetzung, die OSZE sei in einem "traurigen Zustand", ihre Zukunft sei ungewiss. Die "westlichen Eliten" hätten sich das Recht über das Schicksal der Menschen genommen. In der Ukraine sei ein "antirussischer Aufmarsch" organisiert worden. Und Moldau sei das nächste Opfer des hybriden Krieges des Westens gegen Russland. Einen Anlass zum Optimismus gebe es für die OSZE nicht. Auch die Europäische Union sei zu einem "aggressiven politischen Projekt" verkommen.

Wegen der Anwesenheit Lawrows boykottierten die Ressortchefs der Ukraine sowie der drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen das zweitägige OSZE-Treffen. US-Außenminister Antony Blinken, dessen Land zu den insgesamt 57 Mitgliedern der OSZE gehört, nahm am Mittwochabend an einem informellen Abendessen in Skopje teil, zu dem Lawrow nicht geladen war. Im Anschluss reiste Blinken noch am Mittwochabend weiter in den Nahen Osten. Baerbock hatte am Mittwoch noch in Brüssel Verständnis für den Boykott osteuropäischer Länder geäußert.

"Ich weiß, dass das insbesondere für die Länder im Osten Europas, die baltischen Länder, unglaublich schwierig ist, sich mit jemandem an einen Tisch zu setzen, der nicht nur die Ukraine, sondern auf brutale Art und Weise die europäische Friedensordnung angreift", sagte Baerbock. Deswegen sei es aber umso wichtiger, "dass der russische Außenminister sein Ziel, die OSZE kaputt zu machen, nicht erreichen kann". Deswegen reise sie nach Skopje, um an dem Treffen teilzunehmen. Allerdings wollte Baerbock bereits am Donnerstagnachmittag wieder zurück nach Berlin fliegen.

Umstritten war zuletzt, wer nach Nordmazedonien den Vorsitz der OSZE übernehmen sollte. Russland hatte alle Kandidaten blockiert, die zugleich auch Mitglied der Nato sind. Dies galt vor allem für Estland. Nun ist mit Malta ein Kompromisskandidat gefunden, der die OSZE im nächsten Jahr führen Soll. Finnland soll dann 2025 übernehmen. Die Entscheidung fiel bereits vor Beginn der russischen Invasion in der Ukraine, das Land ist deswegen mittlerweile ebenfalls Mitglied der transatlantischen Allianz. Finnland übernimmt den Vorsitz zum 50. Jahrestag der Schlussakte von Helsinki, dem Gründungsdokument der OSZE.

(Bericht von Alexander Ratz; Redigiert von Kerstin Dörr; Bei Rückfragen wenden Sie sich an berlin.newsroom@tr.com)