Berlin (Reuters) - Die deutschen Industrie will ihre Abhängigkeit vom China-Geschäft reduzieren.

"Asien ist viel größer als China", sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, am Dienstag in Berlin. "Das Gebot der Stunde ist, auch andere Märkte zu erschließen." Die Volksrepublik sei wichtig für die deutsche Wirtschaft. "Und trotzdem gibt es ein paar Sachen, die wie wir nicht für gut halten." Als Beispiele nannte er die fehlende Offenheit mancher Marktsegmente und das Gesellschaftssystem. "Wir sagen ganz klar: Wir wollen nicht das Geschäft in und mit China reduzieren, aber wir wollen uns breiter aufstellen." Man müsse aber im Gespräch bleiben, sagte der BDI-Präsident. China ist der größte deutsche Handelspartner.

Russwurm wies auf eine wachsende Rivalität der Systeme hin - Autokratie gegen liberale Demokratie. "Mit China bewegen wir uns zwischen Partnerschaft, Wettbewerb und Rivalität", sagte der Industriepräsident. "Aktuell hat die Rivalität deutlich zugenommen." Partnerschaftliche Kooperation werde derzeit in kaum einen Bereich praktiziert.

Gegeneinander stehende Blöcke widersprächen zwar seiner Vorstellung von der Welt. "Wenn wir aber in eine Blockbildung gezwungen werden, dann ist die Haltung der deutschen Industrie klar: Wir sind fest im transatlantischen Bündnis verortet", sagte Russwurm. Demokratische Marktwirtschaften hätten die Chance zum Schulterschluss, etwa zum Setzen von Standards in strategischen Technologiefeldern.

Zuletzt sind die deutschen Exporte nach China nach ersten Lockdown-Lockerungen wieder in Schwung gekommen. Im Mai wuchsen sie um 10,5 Prozent zum Vorjahresmonat auf 9,3 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Das ist der stärkste Anstieg seit fast einem Jahr. Noch im April waren die Ausfuhren in die Volksrepublik um 1,5 Prozent gefallen, weil dort wegen Corona-Ausbrüchen selbst große Metropolen wie das Finanzzentrum Shanghai mit seinem großen Containerhafen in den Lockdown geschickt wurden.

Die fragwürdige Null-Covid-Strategie lähme den weltweiten Handel, beklagte der BDI. Die Effekte der inzwischen aufgehobenen Corona-Lockdowns in China in Form von Produktionsstaus und gestörten Lieferketten dürften in den Sommermonaten noch zu spüren sein.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Hans Seidenstücker - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)