Den Hochrechnungen zufolge ist die Unterstützung für die Grünen im Bundesland Bremen am Sonntag im Vergleich zur letzten Wahl im Jahr 2019 um ein Drittel auf 12% gesunken. Auch auf Bundesebene sank die Zustimmung von einem Höchststand von 23-24% im letzten Jahr auf rund 15% in den Meinungsumfragen.

Während der Einmarsch Russlands in der Ukraine und die darauf folgende Energiekrise das erste Amtsjahr von Scholz überschatteten, ernteten die Grünen Lob dafür, dass sie seit langem eine härtere Haltung gegenüber autoritären Staaten fordern und erneuerbaren Energien Vorrang einräumen.

Die relativ jungen Parteiführer galten auch als offener und sympathischer als der 64-jährige Scholz, was ihnen half, neue Wähler zu gewinnen.

Ihre Anziehungskraft hat in diesem Jahr jedoch nachgelassen, da sich die Deutschen mehr auf innenpolitische Angelegenheiten konzentrieren und überlegen, wie viel die Klimapolitik der Grünen kosten und Anpassungen im Lebensstil erfordern wird. Dies hat einige Wähler zurück zu Scholz' Sozialdemokraten oder den oppositionellen Konservativen geführt.

In Bremen sank die Unterstützung für die Partei, nachdem ihre Verkehrssenatorin Maike Schaefer die so genannte "Brötchentaste" an den Parkscheinautomaten abgeschafft hatte, die den Anwohnern eine kurze Zeit lang kostenloses Parken ermöglichte, um in ihre Bäckerei oder andere Geschäfte zu gehen.

Dies war Teil einer breit angelegten Kampagne der Grünen zur Förderung der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, die viele in einem Land, das besonders an seinen Autos hängt, verärgert hat.

Ein weiterer Brennpunkt auf nationaler Ebene ist ein vorgeschlagenes Verbot neuer Öl- und Gasheizungen ab 2024, um den Einsatz umweltfreundlicher Alternativen wie Wärmepumpen zu erzwingen.

Die Co-Chefin der Grünen, Ricarda Lang, sagte am Montag, die Partei müsse sich weiterhin auf die Kohlenstoffneutralität konzentrieren, gleichzeitig aber auch die Frage der Bezahlbarkeit besser angehen.

Die Partei wird wahrscheinlich versuchen, ihre Vorschläge in Zukunft zurückzuschrauben, sagte der Politikwissenschaftler Stefan Marschall von der Universität Düsseldorf.

"Wir werden mehr Kompromisse und weniger Radikalität sehen, was den Klimaaktivisten natürlich nicht gefallen wird", sagte er.

SCHWINDENDE ANZIEHUNGSKRAFT

Im letzten Bundestagswahlkampf wurde den Grünen eine echte Chance auf das Kanzleramt eingeräumt, und Mitte 2021 lagen sie in den Umfragen kurzzeitig an der Spitze.

Im letzten Jahr waren die grüne Außenministerin Annalena Baerbock, 42, und der Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck, 53, die beliebtesten Politiker des Landes.

Laut dem Meinungsforschungsinstitut Civey sind jedoch die Zustimmungswerte insbesondere für Habeck - das Gesicht der deutschen Klima- und Energiepolitik - von einem Spitzenwert von 54% auf etwa 30% gesunken.

"Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind den Deutschen nach wie vor wichtig", sagte Civey-Chefin Janina Muetze. "Aber in den letzten Krisenjahren und bei steigender Inflation ist die Bereitschaft, dafür zu zahlen, geschrumpft."

Es sind auch Vorwürfe der Vetternwirtschaft in Habecks Wirtschaftsministerium aufgetaucht, was für eine Partei, die sich sonst immer als moralische Instanz aufspielt, peinlich ist, so Analysten. Die Grünen weisen die Vorwürfe zurück.

Die grüne Umweltministerin Steffi Lemke sagte, dass frühere Regierungen den Klimawandel lange vernachlässigt hätten und dass diese Regierung dies nun nachholen müsse.

Sie räumte jedoch ein, dass ihre Partei nicht den richtigen Ton gefunden habe, um die Wähler anzusprechen und "mehr und besser hätte erklären müssen".

Sascha Müller-Kraenner, der Bundesgeschäftsführer der Umweltorganisation DUH, sagte, die Politik sei übereilt.

So musste Habeck im letzten Jahr seinen Vorschlag einer Gasabgabe für Verbraucher wegen der Sorge um hohe Energiepreise verwerfen, und es stellte sich heraus, dass einige Energieunternehmen dies ausnutzen könnten. Sein Heizungsgesetz hat technische Fragen aufgeworfen, z.B. was mit Gebäuden geschehen soll, die für Wärmepumpen ungeeignet sind.

"Das Problem ist nicht, dass die Politik zu radikal ist", sagte Müller-Kraenner, "sondern dass sie nicht gut erklärt wird, oft schlecht gemacht ist und nachgebessert werden muss."