KOLHAM (dpa-AFX) - Nach gut 60 Jahren endet die Gasförderung im niederländischen Groningen. Staatssekretär Hans Vijlbrief unterzeichnete am Freitag im Dorf Kolham im Norden des Landes symbolisch das entsprechende Gesetz. Vor fast 65 Jahren war auf einer Weide bei diesem Dorf das riesige Erdgasvorkommen entdeckt worden - es machte die Niederlande nach Norwegen zum größten Erdgasproduzenten Europas.

Groninger Bürger und Politiker sprechen von einem historischen Moment. Die Förderung von Gas in der Region nahe Niedersachsen hatte dem Staat und den beteiligten Öl-Konzernen Milliardengewinne eingebracht, aber hatte auch zu großen Schäden und Ängsten bei Bürgern wegen zahlreicher Erdbeben geführt.

In dem Feld befinden sich schätzungsweise noch 450 Milliarden Kubikmeter Erdgas. Das entspricht in etwa dem Gasverbrauch des Landes von zehn Jahren. Doch nun ist die Wiederaufnahme der Förderung auch in Notfällen etwa bei Engpässen nicht mehr möglich. Alle Anlagen sollen demontiert und die Schächte mit Beton gefüllt werden.

Die Regierung hatte bereits 2018 angekündigt, die Gasproduktion zu beenden. Doch im Zuge der Energiekrise als Folge des Ukrainekrieges war die Produktion verlängert worden. Erst in dieser Woche stimmte auch die Erste Kammer des Parlaments (vergleichbar dem Bundesrat) zu.

Die Gasförderung in Groningen war von einem Segen zum Albtraum geworden. In 60 Jahren wurden mehr als 2300 Milliarden Kubikmeter gefördert, davon etwa die Hälfte für den Export, auch nach Deutschland. Der Staat verdiente gut daran - mehr als 360 Milliarden Euro, die beteiligten Öl-Gesellschaften Shell und ExxonMobil rund 66 Milliarden Euro.

Doch die Produktion führte zu rund 1600 Erdbeben. Zehntausende Gebäude wurden schwer beschädigt, rund 100 000 Menschen waren betroffen. Wut und Verzweiflung bei den Bürgern waren groß. Eine parlamentarische Untersuchungskommission stellte vor einem Jahr fest: Der Staat und die Ölkonzerne Shell und ExxonMobil hatten die Sicherheit der Bürger systematisch missachtet. "Geld war wichtiger als Sicherheit und Gesundheit". Regierung und Ölkonzerne räumten Fehler ein./ab/DP/stw