FRANKFURT (Dow Jones)--Eine spannende Woche steht DAX & Co bevor. Die Börsen stehen gleich vor mehreren Weichenstellungen für die kommenden Monate. Kurstreiber für weitere Gewinne könnte nämlich wieder die gute alte Konjunktur werden, und das Zinsthema in den Hintergrund drängen.

Denn immer mehr Marktteilnehmern merken, dass die monatelange Fokussierung auf eventuelle US-Zinssenkungen zu einseitig war. Hier wird ein Umdenken erkennbar. Schließlich ist seit Sommer vergangenen Jahres offensichtlich, dass die US-Wirtschaft viel stärker läuft als befürchtet. Von Monat zu Monat überraschen seitdem die Arbeitsmarktzahlen, die Industrieaufträge, die Löhne. Seit Sommer sind daher auch die Erwartungen der Volkswirte an das US-Wachstum 2024 um nun mehr als 1 Prozentpunkt nach oben geklettert. Dass dann auch die Inflation auf einem etwas höheren Level verbleibt, ist offensichtlich - und vor allem: akzeptabler.


   US-Inflation kein Schreckgespenst bei starker Wirtschaft 

Strategisch orientierte Anleger hatten sich schon länger auf ein immer weiter nach hinten verschobenes Datum der ersten US-Zinssenkung eingestellt. Von ersten Erwartungen für den März als erster Senkungsmonat ging es nach hinten auf Mai und nun Juni. Ob es letztendlich Oktober wird, ist dann unwesentlich. Dass die großen Marktteilnehmer damit leben können, war deutlich erkennbar an den Kursreaktionen dieser Woche auf die höheren US-Inflationszahlen (CPI). Nach nur einem Tag waren die Kursverluste am Aktienmarkt wieder ausgebügelt. Nur sehr kurzfristig orientierte Anleger waren von diesen Daten noch auf dem falschen Fuß erwischt worden.

Am Markt setzt daher ein Umdenken ein: Eine bessere Konjunktur führt schließlich zu höheren Gewinnen. Und das bestätigt sich auf ganzer Breite in der aktuellen Berichtssaison. Von den Aktienstrategen bei Barclays heißt es nun dazu "Die Gewinne übertrumpfen die Zinsen".


   Umschichtungen in Konjunkturaktien - PMIs bestimmen die Richtung 

An den Börsen waren in der abgelaufenen Woche zunehmend Umschichtungen aus dem alten Top-Thema Technologie zurück in klassische Industriebranchen zu beobachten. Besonders bei Autowerten ging es nach starken Zahlen von Stellantis, Renault und Michelin nach oben. Die Untergewichtung der Fondsmanager war hier deutlich zu spüren und entlud sich in kräftigen Zukäufen. Gute Ausblicke in der kommenden Woche von Industriewerten wie BASF und Air Liquide könnten dabei helfen.

Vor allem der Optimismus in den super-sensitiven Rohstoffaktien ist ein gutes Zeichen, die entscheidenden Weichen dafür werden in der kommenden Woche gestellt: Mit den neuen Einkaufsmanager-Indizes (PMI) für Februar. Rund um den Globus wird dann über den Ausblick für die Wirtschaft in Asien, über Europa bis in die USA berichtet.


   Notenbanken und Nvidia wegen Störfeuer im Blick 

Sollten sich die globalen Konjunkturen stärker erholen als befürchtet, dürfte dies das bisherige Top-Thema "Zinssenkung" weiter in den Hintergrund drängen. Interessant sind daher die Marktreaktionen auf diverse Notenbank-Aussagen: So legt die Fed in den USA ihr Protokoll der letzten Sitzung am Mittwoch und die EZB selbiges am Donnerstag vor. Die Zinsentscheide in China spielen international keine Rolle, sie werden als Reaktion auf hauseigene Probleme gewertet.

Wichtiger sind da die Zahlen von Nvidia am Mittwoch. Sie gelten als Benchmark für die Profitabilität des KI-Hypes. Hier darf es kein Störfeuer geben, eine Enttäuschung würde die Technologiewerte weltweit belasten.


   Ifo-Index egal - Deutschland spielt keine Rolle mehr 

In Deutschland steht am Freitag noch der früher wichtige Ifo-Geschäftsklima-Index an. Doch das Land muss sich damit abfinden, dass es international abgemeldet ist. Als Schlusslicht beim Wirtschaftswachstum in den G20-Ländern sind seine Konjunkturindikatoren irrelevant für den Erfolg von anderen Ländern, selbst der Eurozone. Im Wochenverlauf hatten diverse Institutionen ihre Prognosen für das BIP-Wachstum 2024 für Deutschland drastisch gesenkt, selbst in Italien und Spanien läuft es besser.

Der Industrieverband DIHK befürchtet sogar einen BIP-Einbruch um 0,5 Prozent. Nach der Strukturkrise Anfang der 2000er-Jahre wäre das erst das zweite Mal in der Nachkriegsgeschichte, dass die Wirtschaftsleistung in zwei aufeinander folgenden Jahren sinkt.

Für Aktiensparer ist die gute Nachricht dahinter, dass der Absturz Deutschlands die Wahrscheinlichkeit für Zinssenkungen durch die EZB erhöht - anlegen kann man dann ja in konjunktursensiblen Aktien aus dem Ausland.

Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

DJG/mod/ros

(END) Dow Jones Newswires

February 16, 2024 07:22 ET (12:22 GMT)