Diese Woche herrschte erneut Nervosität an den Finanzmärkten. Sie quittierten die schärfere Rhetorik des Präsidenten der US-Notenbank Fed zunächst mit Verlusten, beendeten die Woche aber dann mit einem kräftigen Plus. Grund war die Hoffnung auf eine Lockerung der Corona-Beschränkungen in China. Nach zwei äußerst verlustreichen Handelstagen kehrte am Freitag die Risikolust plötzlich zurück, sodass in Europa zum Wochenschluss die höchsten Indexstände seit Ende August verzeichnet wurden. Die US-Märkte verharren in negativem Terrain und wurden vor allem von Technologiewerten nach unten gezogen.
Wochenperformance*
DAX
13459  +1.63%Chart
STOXX EUROPE 600
416.98  +1.51%
Chart STOXX EUROPE 600
S&P 500
3770.55  -3.35%
Chart S&P 500
NIKKEI 225
27199.74  +0.35%
Chart NIKKEI 225
GOLD
1680.20$  +2.26%
Chart GOLD
BRENT OIL
98.57$  +4.71%
Chart BRENT OIL
EURO / US DOLLAR
1.00$  +0.02%
Chart EURO / US DOLLAR
Tops / Flops der Woche

Tops

Abiomed (+45 %): Johnson & Johnson wird den Herzpumpenhersteller für 16,6 Mrd. USD kaufen, was 380 USD je Aktie entspricht. Hinzu kommen gegebenenfalls 35 USD je Aktie, wenn bestimmte Entwicklungsmeilensteine erreicht werden.

Sinch (+44 %): Der schwedische Anbieter von Cloudlösungen zur Stärkung der Kundenbindung beeindruckte den Markt mit seinen veröffentlichten Ergebnissen, die dank der Anstrengungen zur Kostenkontrolle unter der Federführung des Interim-CEO Johan Hedberg erreicht wurden.

Ocado (+33 %): Die Aktie des britischen Unternehmens erlebte in der vergangenen Woche nach Ankündigung eines Vertrags mit dem südkoreanischen Konzern Lotte Shopping einen Höhenflug. Ocado wird den Konzern mit Technologielösungen beim Ausbau seines nationalen Vertriebsnetzes unterstützen.

Prosus (+20 %): Die Rally der chinesischen Technologieriesen kommt der auf das Internetsegment spezialisierten Holdinggesellschaft zugute, die an mehreren asiatischen Unternehmen beteiligt ist.

First Solar (+19 %): Die Aktie profitierte von der Kaufempfehlung von BofA Securities, die ihr Kursziel von 138 auf 165 USD anhob.

Adidas (+16 %): Der scheidende Puma-Chef Björn Gulden wird laut dem Manager Magazin zu Adidas wechseln.

Société Générale (+10 %): Die französische Bank legte am Freitag unerwartet gute Ergebnisse für das 3. Quartal vor.

Flops

Rogers (-54 %): Die Aktie stürzte in die Tiefe, nachdem DuPont den Abbruch seiner Übernahmepläne angekündigt hatte, weil die beiden Unternehmen nicht in der Lage waren, rechtzeitig die erforderlichen Genehmigungen der Aufsichtsbehörden zu erhalten. DuPont wird Rogers eine Entschädigung in Höhe von 162,5 Mio. USD zahlen, was die Anleger jedoch nicht milder stimmt.

Twilio (-43 %): Das US-Technologieunternehmen meldete einen Quartalsverlust. Die Aktie, die nur noch ein Zehntel ihres einstigen Höchstwerts kostet, setzte ihre Talfahrt fort.

Atlassian (-37 %): Auch bei diesem Titel sorgten die schlechten Quartalsergebnisse für weitere Kursverluste.

Fidelity National Information (-33 %): Enttäuschungen werden vom Markt derzeit nicht gut aufgenommen. Der US-Konzern veröffentlichte Ergebnisse, die leicht hinter den Erwartungen zurückblieben, und wurde dafür massiv abgestraft.

Zoominfo (-31 %): Die Anleger machten ihrem Unmut über die aktuellen Unternehmensmeldungen Luft. Die Quartalsergebnisse fielen zwar gut aus, doch der Jahresausblick wurde nach unten korrigiert.

Airbnb (-20 %): Die Ergebnisse zum 3. Quartal enttäuschten die Anleger, sodass die Aktie am Mittwoch kräftig Federn lassen musste.

BT Group (-9 %): Der britische Telekommunikationsanbieter wird seine Preise erhöhen müssen, um der Inflation die Stirn zu bieten, und muss noch mehr sparen.

Chart Rohstoffe
Rohstoffe

Energie: China zieht offenbar eine Lockerung seiner Null-Covid-Politik in Betracht. Der hierdurch zu erwartende Anstieg der Ölnachfrage dürfte die Ölmärkte frohlocken lassen. Angebotsseitig ist weiterhin unklar, welche Auswirkungen die EU-Sanktionen gegen russisches Öl haben werden, die am 5. Dezember für Rohöl und am 5. Februar 2023 für Raffinerieprodukte in Kraft treten. Öl verteuerte sich infolgedessen auf 97 USD für die Nordseesorte Brent und auf 91 USD für die US-Rohölsorte WTI. Apropos USA: Die US-Energiebehörde (EIA) meldete in ihrem jüngsten Monatsbericht, dass die US-Fördermenge bei rund 11,975 Millionen Barrel pro Tag liegt und damit so hoch ist wie seit März 2020 und der Coronakrise nicht mehr.

Metalle: Die Entschlossenheit der US-Notenbank Federal Reserve und die Aufwertung des US-Dollars belasteten Industriemetalle in der vergangenen Woche. Der Zinkpreis markierte an der LME mit 2.680 USD je Tonne einen neuen Jahrestiefststand und leidet nach wie vor unter der stockenden Erholung in China, wo die Hütten auf Sparflamme laufen. Kupfer, das Barometer der Weltwirtschaft, notiert bei rund 7.500 USD. Im Segment Edelmetalle legte der Goldpreis leicht auf 1.650 USD zu. Der jüngste Bericht des Weltgoldrats verhalf Gold zu einem Comeback. Demzufolge haben die Zentralbanken im 3. Quartal in großem Stil Gold angehäuft. Knapp 400 Tonnen Gold wurden gekauft, allen voran von den Zentralbanken der Türkei, Usbekistans und Indiens aber auch von Katar. Sie sind bestrebt, ihre Währungsreserven zu diversifizieren.

Agrarprodukte: Russland sorgt an der Börse in Chicago für eine Achterbahnfahrt der Getreidepreise. Moskau hatte die Vereinbarung zum Export von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer zunächst ausgesetzt, kehrte aber schließlich zum Abkommen zurück. Ausschlaggebend dafür waren Garantien für Russland, dass die Ukraine den Seekorridor nicht für militärische Zwecke nutzen wird. Weizen und Mais werden mit 850 bzw. 680 Cent je Scheffel gehandelt.
Chart Rohstoffe
Makroökonomie

Marktstimmung: Wechselbad der Gefühle. Am Mittwoch schien die US-Notenbank Fed eine zukünftig etwas langsamere Gangart anzudeuten, nachdem sie den Leitzins um 75 Basispunkte angehoben hatte. Die Äußerungen des Fed-Chefs sorgten aber bereits kurz danach für Ernüchterung unter den Anlegern. Jerome Powell erklärte, dass der Markt den Höhepunkt des Zinszyklus zweifellos etwas zu niedrig ansetzt. Darauf rauschten die Kurse an den Aktienmärkten erneut in den Keller. Am Freitag schürte ein leichter Anstieg der Arbeitslosenquote in den USA aber schon wieder Hoffnungen: Wenn die Überhitzung des Arbeitsmarkts nachlassen sollte, könnte die Notenbank vielleicht eine weniger aggressive Geldpolitik verfolgen. Wer weiß? Offensichtlich reagieren die Märkte derzeit schnell und heftig. Die Erholung zum Wochenschluss wurde von Spekulationen über eine bevorstehende Änderung der chinesischen Null-Covid-Politik beflügelt.

Anleihen: Nach den oben erwähnten Äußerungen von Jerome Powell bewegten sich die Renditen diese Woche weiter nach oben. Derivate zeigen, dass der Markt den Höhepunkt der Zinserhöhungen durch die Fed nächstes Jahr bei 5,25 % erwartet. Zehnjährige US-Treasuries werden aktuell mit 4,12 % verzinst (gegenüber 3,98 % vor einer Woche). Die Zinskurve ist nach wie vor invers, obwohl der Markt weiterhin eine Rezession befürchtet. Die Rendite zehnjähriger deutscher Bundesanleihen stieg auf 2,27 % und die französischer Staatsanleihen mit gleicher Laufzeit auf 2,80 %. Britische Staatsanleihen beruhigten sich wieder und rentierten bei etwa 3,53 %. Am höchsten sind nach wie vor die Renditen italienischer (4,44 %) und griechischer (4,65 %) Staatspapiere.

Devisen: Für das Pfund Sterling war es eine schwierige Woche. Daran änderte auch der erneute Zinsschritt von 75 Basispunkten der Bank of England nichts. Der Euro legte auf 0,8749 GBP zu und der US-Dollar auf 0,8923 GBP, was einem Plus von jeweils 2 % im Wochenverlauf entspricht. Mit Blick auf den EUR/USD-Kurs gab die Gemeinschaftswährung vier Tage lang gegenüber dem US-Dollar nach, bevor sie sich am Freitag kräftig auf 0,9924 USD erholte. Auslöser waren höhere US-Arbeitslosenzahlen.

Kryptowährungen: Der Bitcoin behauptete sich diese Woche paradoxerweise besser als die US-Börsenindizes und lag bei Redaktionsschluss mit ca. 21.000 USD leicht im Plus. Damit ist er allerdings noch lange nicht über den Berg, wenngleich die Aufwärtsbewegung seit letzter Woche die Kryptoanleger wieder etwas optimistischer stimmt. Die digitale Währung bewegt sich nach wie vor in der Nähe ihrer Jahrestiefststände - und das in einem für riskante Anlagen unverändert schwierigen Umfeld. Der Bitcoin dürfte noch einen langen Weg vor sich haben, sodass die Fans des Kryptouniversums in den nächsten Wochen wohl gute Nerven brauchen.

Termine: Zwei wichtige Ereignisse stehen nächste Woche auf dem Finanzmarktkalender. Am Dienstag, dem 8. November, finden die US-Zwischenwahlen statt, und am Donnerstag werden die US-Inflationszahlen für Oktober veröffentlicht. In Kanada und den USA werden am Wochenende die Uhren auf Winterzeit umgestellt, sodass wieder der übliche Zeitunterschied gilt. Am 11. November ist in Frankreich und den USA ein Feiertag, an dem die Börsen aber geöffnet sind.

Kurs und Volumen
Alte Gewohnheiten
Die US-Notenbank Fed hat erneut die Inflationsbekämpfung durch Zinserhöhungen als ihr oberstes Ziel bestätigt. Die Märkte setzten ihren Zickzackkurs unterdessen fort und reagierten auf schlechte Nachrichten mit Indexgewinnen und auf gute mit Verlusten. Die Welt steht Kopf ... oder vielleicht doch nicht. Der Markt scheint sich an eine Idee zu klammern, die ihn in den letzten zehn Jahren beruhigt hat: Wenn der Wirtschaft die Luft ausgeht, eilt die Fed zur Hilfe. US-Notenbankpräsident Jerome Powell beteuert allerdings immer wieder das Gegenteil und erklärt die Inflationsbekämpfung zum wichtigsten Ziel. Im Klartext bedeutet das: Selbst wenn die Wirtschaft in die Rezession abgleitet, wird er weiter an der Zinsschraube drehen.
*Die Wochenperformance der Indizes und Aktien bezieht sich auf den Zeitraum von der Eröffnung der Märkte am Montag bis zur Erstellung dieses Newsletters am Freitag.
Die Wochenperformance von Rohstoffen, Edelmetallen und Währungen bezieht sich auf den 7-Tage-Zeitraum von Freitag bis Freitag (bis zur Erstellung des Newsletters). Diese Vermögenswerte notieren auch an Wochenenden.