Samstag
20. November
Börsen-Update der Woche
intro In dieser Woche sorgten die guten Quartalszahlen der Unternehmen und die soliden makroökonomischen Daten dafür, dass die Finanzmärkte von einem Rekord zum nächsten eilten. Am Freitag gewann jedoch die Besorgnis über die weitere Entwicklung der Coronapandemie erneut die Oberhand, sodass die Märkte ins Straucheln gerieten. Die wieder spürbare Risikoaversion und Volatilität waren nicht zuletzt auf den in Österreich angekündigten allgemeinen Lockdown zurückzuführen - ein auch in Deutschland denkbares Szenario. Zum Jahresausklang könnte es an den Märkten also doch noch zu Turbulenzen kommen.
Indizes

In der vergangenen Woche bot sich unter dem Strich ein sehr gemischtes Bild. In Europa setzte der DAX mit einem Anstieg um 0,4 % seinen Aufwärtstrend fort und der CAC 40 beendete die Woche mit einem Plus von 0,3 %. Der FTSE 100 gab dagegen um 1,7 % nach. In den Peripherieländern des Euroraums tendierten die meisten Indizes abwärts. So verzeichnete der italienische Markt einen Rückgang um 1,4 %, das spanische Börsenbarometer sank um 3,6 % und der portugiesische Leitindex um 4,5 %.

In Asien verlor der Hang Seng im Laufe der Woche 1,1 % an Terrain, während der Shanghai Composite ein Plus von 0,9 % verbuchte. Der japanische Nikkei verbesserte sich um 0,5 %.

In den USA entwickelten sich die Indizes uneinheitlich: Der Dow Jones büßte gegenüber der Vorwoche 1,2 % ein, der S&P 500 tendierte seitwärts und der Nasdaq 100 konnte weiter um 2,5 % zulegen (Stand: Freitagnachmittag).



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Rohstoffe

An den Ölmärkten häufen sich die schlechten Nachrichten und belasten die Entwicklung. Die Internationale Energieagentur hat ihre Prognosen für die weltweite Ölnachfrage nach unten korrigiert und die USA drohen, ihre strategischen Reserven anzuzapfen. Nachdem Österreich einen erneuten Lockdown beschlossen hat, müssen sich die Marktteilnehmer wieder mit den Folgen möglicher einschneidender Coronamaßnahmen in Europa auseinandersetzen. In diesem Umfeld gingen die Ölpreise diese Woche auf Talfahrt: Die Nordseesorte Brent verbilligte sich auf nahezu 78 USD je Barrel, die US-Referenzsorte WTI kostete 75,8 USD je Fass.

Der starke US-Dollar belastete die Industriemetalle. Diese entwickelten sich in der abgelaufenen Woche ebenso wie der Ölsektor rückläufig, obgleich die Daten aus China zur Industrieproduktion und zu den Einzelhandelsumsätzen gegenüber der Oktober-Prognose unerwartet gut ausgefallen waren. Die Tonne Kupfer notiert aktuell bei 9.450 USD, der Nickelpreis sank auf 19.200 USD je Tonne. Gold stabilisierte sich zwar bei rund 1.860 USD, doch die wieder gestiegene Nervosität an den Aktienmärkten kam dem Edelmetall nicht zugute.

Bei den Soft Commodities zog Bauholz die Aufmerksamkeit wieder auf sich: Die Überschwemmungen in der westkanadischen Provinz British Columbia machen Holzlieferungen in die USA derzeit unmöglich, was die Preise für den Baustoff im Wochenverlauf um fast 40 % in die Höhe schnellen ließ.
Aktien

Roblox (+20 %): Die Plattform, auf der Nutzer eigene Computerspiele erschaffen können, rückte wieder verstärkt in den Fokus der Anleger, da sie eng mit dem Metaversum in Verbindung gebracht wird. Morgan Stanley machte in einer Studie auf das starke Potenzial für Luxusmarken in diesem Paralleluniversum aufmerksam und verwies darauf, dass Luxusgüterhersteller bereits mit Plattformen wie Roblox im Gespräch sind, auf denen "jeder fünfte Spieler seinen Avatar täglich aktualisiert". Nike kündigte sogar die Schaffung einer eigenen virtuellen Welt auf Roblox an: "Nikeland".

ThyssenKrupp (+18 %): Der Konzern veröffentlichte unerwartet gute Quartalszahlen. Außerdem waren verschiedene Ankündigungen von Interesse. Die Wasserstoffsparte (Uhde Chlorine Engineers) soll 2022 an die Börse gehen und die Abspaltung der Stahlsparte wird in Erwägung gezogen.

Hermès (+13 %): Eine außergewöhnliche Woche, in der JPMorgan verlauten ließ, dass das Pariser Modehaus im Dezember den Glückspielanbieter Flutter im EURO STOXX 50 ablösen könnte. Der Indexbetreiber Qontigo muss eine mögliche Änderung am 1. Dezember nach Börsenschluss bekannt geben, damit sie am 20. Dezember umgesetzt werden kann.

Bilibili (-20 %): Trotz eines deutlichen Umsatzanstiegs veröffentlichte der chinesische Konzern für mobile Spiele einen unerwartet hohen Verlust für die letzten drei Quartale. Zusätzlich unter Druck geriet die Aktie durch die Ankündigung einer 1,4 Mrd. USD schweren Wandelanleihen-Emission.

Splunk (-15 %): Obwohl die Umsatzprognose für das 3. Quartal leicht über den Erwartungen lag, brach die Aktie nach dem Rücktritt von CEO Doug Merritt ein.




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Makroökonomie

Die Coronapandemie bestimmte wieder einmal die Nachrichtenlage und stoppte den scheinbar unaufhaltsamen Aufwärtstrend der Märkte. Erneute Lockdowns und steigende Infektionszahlen in mehreren europäischen Ländern führten am Freitag zu einigen Abwärtskorrekturen. Dies galt vor allem für den Euro, der deutlich unter die Marke von 1,13 USD und damit auf den niedrigsten Stand seit Juli 2020 fiel. Die Ölpreise brachen ebenfalls ein und verstärkten damit ihren Abwärtstrend der letzten Tage. Gegenüber dem Schweizer Franken gab die Gemeinschaftswährung auf 1,0452 CHF nach, obwohl die Schweizerische Eidgenossenschaft nicht unbedingt besser dasteht als ihre Nachbarländer. Im Gleichlauf mit der Inflation in Großbritannien stieg das britische Pfund in dieser Woche auf 1,19138 EUR.

Am Markt für Staatsanleihen ließen die wieder aufkeimenden Corona-Ängste die Renditen sinken, denn die Notenbanken könnten sich möglicherweise gezwungen sehen, bei ihren Plänen zur Reduzierung der geldpolitischen Stützungsmaßnahmen auf die Bremse zu treten. Deutsche Bundesanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren rentieren aktuell mit -0,34 % (-6 Punkte), 10-jährige US-Staatsanleihen mit 1,53 % (-6 Punkte).

Kryptowährungen scheinen derzeit zu schwächeln, denn der Markt gab um 10 % nach, sodass sich die Gesamtmarktkapitalisierung auf nur noch 2,5 Bio. USD beläuft. Der Bitcoin verlor gegenüber seinem Höchststand von letzter Woche mehr als 10.000 USD, was für digitale Anlagen auf eine möglicherweise turbulente Jahresendphase schließen lässt.

Die in dieser Woche spärlich gesäten Konjunkturdaten fielen solide aus. In den USA waren die Verbraucherausgaben unerwartet hoch, und die Industrieproduktion wuchs schneller als noch im Oktober prognostiziert worden war.

Am kommenden Dienstag blicken die Anleger aufmerksam auf die Veröffentlichung der vorläufigen November-Einkaufsmanagerindizes (Flash-PMIs) für die größeren Länder. Sie erfassen das Vertrauen der Einkaufsmanager in den Unternehmen und sind daher sehr gute Frühindikatoren für die Wirtschaftstätigkeit. Der Donnerstag bringt in den USA eine ganze Reihe neuer Daten: Neben einer Schätzung des BIP für das 3. Quartal stehen aktuelle Zahlen zu den Auftragseingängen für langlebige Wirtschaftsgüter sowie die Daten zur Verbraucherpreisentwicklung (PCE) an.



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Die Märkte lassen sich nicht beirren

Abgesehen von einer gewissen Nervosität gegen Ende der Woche setzten die Leitindizes der westlichen Industriestaaten ihre Rekordjagd fort und profitierten dabei von den guten Quartalszahlen der Unternehmen. So ging es an den Börsen auch ohne Impulse durch makroökonomische Indikatoren immer weiter bergauf. Offenbar scheinen sich die Märkte von den Kommentaren der Zweifler hinsichtlich des exponentiellen Wachstums nicht beirren zu lassen. In der Tat ist die Rentabilität der Unternehmen so hoch wie nie zuvor, wozu die Geldpolitik der Notenbanken und die Konjunkturerholung maßgeblich beigetragen haben. Dennoch ist die weitere Entwicklung der Pandemie genau im Auge zu behalten. Kaum hatte man gehofft, die Coronakrise im Griff zu haben, ist diese wieder zum allgegenwärtigen Thema geworden.