Bussnang (awp) - Nach dem Einbruch im Vorjahr hat der Zughersteller Stadler Rail im Jahr 2023 zwar wieder kräftig mehr Reingewinn eingefahren. Aber der Konzern wird weiterhin von alten Aufträgen gebremst, die vor Jahren zu einem viel höheren Euro-Kurs abgeschlossen wurden und entsprechend auf den Umsatz in Franken und die Marge drücken.

Noch im November hatte Stadler-Patron Peter Spuhler in einem Interview gesagt, der Konzern sei auf Kurs zu den Jahreszielen von 3,7 bis 4,0 Milliarden Franken Umsatz und einer Betriebsgewinnmarge (EBIT) von 5,5 Prozent. Obwohl Spuhler diese Ziele so kurz vor Jahresschluss bekräftigte, hat Stadler sie verfehlt. Der Umsatz sank stattdessen letztes Jahr um 4 Prozent auf 3,61 Milliarden, der Betriebsgewinn (EBIT) um 11 Prozent auf 183,3 Millionen und die entsprechende Marge auf 5,1 Prozent nach 5,5 Prozent im Vorjahr.

Frankenstärke schlägt durch

"Wir hatten äussere Einflüsse wie Währungsverwerfungen, hohe Inflation und Fachkräftemangel. Auch die Lieferketten sind immer noch nicht stabil", sagte der neue Konzernchef Markus Bernsteiner am Rande der Bilanzmedienkonferenz in Bussnang in einem Interview mit AWP Video.

Das alles wirke sich negativ auf den Umsatz und die Marge aus. Alleine die Währungsverwerfungen hätten knapp 100 Millionen Franken Umsatz und rund 25 Millionen Franken EBIT gekostet. "Wenn wir das berücksichtigen, haben wir den Umsatz getroffen und die EBIT-Marge mit 5,6 Prozent erreicht", sagte Bernsteiner.

Grund dafür sei, dass man vor Jahren Aufträge in die Bücher genommen habe zu Eurokursen von 1,20 Franken, 1,10 Franken oder 1,08 Franken. Mittlerweile ist der Euro weniger als einen Franken wert. Diese alten Aufträge würden aber teilweise noch bis ins Jahr 2024 und sogar 2025 laufen, sagte Bernsteiner.

In der Phase zwischen Angebotsabgabe und finaler Vertragsunterschrift, welche teilweise mehrere Jahre dauern kann, lassen sich die entsprechenden Währungsrisiken nicht in vollem Umfang absichern", erklärte der Konzern.

Keine Verbesserung im 2024

Deshalb ist auch 2024 noch kein Aufschwung in Sicht. Stadler erwartet im laufenden Jahr einen Umsatz von 3,5 bis 3,7 Milliarden Franken und eine EBIT-Marge auf einem vergleichbaren Niveau wie 2023. Aus genau dem gleichen Grund sei auch das ursprüngliche Ziel einer EBIT-Marge von 7 bis 8 Prozent von 2025 auf 2026 verschoben worden.

Immerhin geht es dann mit dem Umsatz deutlich bergauf: 2025 will Stadler Umsätze zwischen 4,0 und 4,2 Milliarden erreichen, die bis 2026 auf 5,0 bis 5,5 Milliarden Franken wachsen sollen.

Höchster Reingewinn seit 2019

Aber es gab auch Lichtblicke in den Ergebnissen: So hat der Konzern 2023 den Reingewinn auf 138,6 Millionen Franken gesteigert. Das sei der höchste Wert seit dem Börsengang im Jahr 2019, sagte Bernsteiner. 2022 hatte das Ostschweizer Unternehmen einen Taucher auf 75,1 Millionen Franken erlitten.

Der deutliche Anstieg des Konzernergebnisses sei insbesondere auf tiefere Währungsverluste im Finanzergebnis zurückzuführen als im Vorjahr. "Zudem konnten aufgrund der hohen Liquidität deutlich höhere Zinserträge verbucht werden", hiess es.

Und der Auftragseingang knickte zwar um ein Fünftel auf 6,8 Milliarden Franken ein, was aber immer noch das zweitbeste Ergebnis in der Firmengeschichte ist. Zwei Grossaufträge im Umfang von rund 1,2 Milliarden Franken seien über das Jahresende hinaus verschoben worden.

Dabei handle es sich um eine Bestellung der österreichischen ÖBB über 47 Fahrzeuge und der saudi-arabischen Staatsbahn über 10 Fahrzeuge, sagte Bernsteiner. Diese Aufträge würden jetzt einfach in den kommenden Monaten unterschrieben.

Dennoch erreichte der Auftragsbestand den neuen Spitzenwert von 24,4 Milliarden Franken. Damit ist das Auftragspolster um 2,4 Milliarden Franken dicker als vor zwölf Monaten.

Aktie in Sippenhaft von Alstom

Trotz der verfehlten Prognosen schlugen die Ergebnisse an der Börse keine Wellen: Die Stadler-Aktie schloss 0,4 Prozent im Plus auf 28,48 Franken.

"Zufrieden sein kann man nicht mit dem Aktienkurs", sagte Bernsteiner: "Wir sind durch Alstom in Sippenhaft genommen worden. Das hat die ganze Branche getroffen."

jb/rw/uh